Lenzing verarbeitet Holz zu Zellstoff

Lenzing schreibt 2023 knapp 600 Mio. Euro Verlust

Freitag, 15. März 2024 | 12:20 Uhr

Von: apa

Der börsennotierte Faserhersteller Lenzing schreibt aufgrund von veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen den Wert von fünf Produktionswerken um 465 Mio. Euro ab und meldet für 2023 insgesamt einen Nettoverlust von 593 Mio. Euro. Das negative Marktumfeld habe das Geschäftsergebnis stark beeinflusst, teilte der Konzern am Freitag mit. Zum Vergleich: Im Jahr 2022 belief sich das Ergebnis nach Steuern auf minus 37,2 Mio. Euro.

Die von Abschreibungen betroffenen Lenzing-Werke befinden sich in Indonesien, Österreich, China, Thailand und den USA. Die Gründe für die Sonderabschreibungen sind laut dem oberösterreichischen Faserhersteller einerseits weiterhin bestehende Unsicherheiten im wirtschaftlichen Umfeld und andererseits nach wie vor erhöhte Rohstoff- und Energiekosten sowie erhöhte Diskontierungssätze durch das geänderte Zinsumfeld.

Lenzing verarbeitet Holz zu Zellstoff und stellt daraus Fasern für die Bereiche Mode, Handel, Industrie, Kosmetik und Hygiene her. Der Konzernumsatz lag 2023 nahezu unverändert bei 2,5 Mrd. Euro. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) stieg im Vorjahr um ein Viertel auf 303,3 Mio. Euro.

“Ab dem zweiten Halbjahr 2022 gab es einen ‘perfect storm’, weil die Textilunternehmen auf sehr viel Bestand gesessen sind und die Faser-Nachfrage eingebrochen ist”, sagte Lenzing-Chef Stephan Sielaff zur APA. “Die erwartete Erholung der für die Lenzing Gruppe relevanten Märkte blieb bisher aus.” Die verhaltene Nachfrage und die höheren Rohstoff- und Energiekosten hätten 2023 zu einem Ergebnis geführt, mit dem man “nicht zufrieden” sei.

“Die Eigenkapitalquote sank trotz der Verluste nur von 37,8 Prozent (Ende 2022) auf 34,7 Prozent (Ende 2023), weil Lenzing Mitte 2023 rund 400 Mio. Euro mit einer Kapitalerhöhung bei Aktionären eingesammelt hat”, sagte Lenzing-Finanzchef Nico Reiner.

Derzeit läuft bei Lenzing noch der im November angekündigte Abbau von 500 Vollzeitstellen weltweit, unter anderem mit Pensionierungen und Nicht-Nachbesetzung. In Österreich sind davon 80 Stellen betroffen. “Der Stellenabbau ist weit fortgeschritten, aber nicht abgeschlossen. Darüber hinaus ist derzeit kein Abbauprogramm geplant”, so der Konzernchef. Ende 2023 beschäftigte der Faserhersteller weltweit rund 7.900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Vollzeitäquivalente).

Die Senkung der Personalkosten sei Teil eines Kosteneinsparprogramms, zu dem in Summe über 1.000 Initiativen zählten, sagte Sielaff bei der Bilanzpressekonferenz. 100 Mio. Euro muss der Konzern einsparen, die Hälfte davon sei heuer wirksam, die andere Hälfte bis Ende 2025. Lenzing erschließe neue Verkaufsmöglichkeiten, optimiere Prozesse und versuche Kosten zu sparen, etwa bei Lagerkosten in China, durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz oder in dem der Dampfverbrauch in dem Werk in Thailand gesenkt werde, nannte Sielaff als Beispiele.

Lenzing hat in den vergangenen Jahren die stark schwankende Nachfrage nach Textilfasern für Fashion, Heimtextilien und Outdoorbekleidung deutlich zu spüren bekommen und musste den Personalstand jeweils nach oben oder unten anpassen. Um die Geschäftsschwankungen etwas zu reduzieren, werde man den Faser-Bereich für Kosmetikartikel und Hygieneprodukte (Vliesstoffe) weiter ausbauen, kündigte der Firmenchef an.

An der Wiener Börse musste die Lenzing-Aktie in den vergangenen zwölf Monaten kräftig Federn lassen, der Aktienkurs ging um knapp 50 Prozent auf rund 30 Euro zurück. Auch am Freitag reagierten die Aktien auf die Zahlen bis Mittag mit einem Kursverlust von knapp 9 Prozent.

Entwarnung für 2024 möchte der Lenzing-Vorstand aber vorerst noch nicht geben. Die Ergebnisvisibilität bleibe “insgesamt stark eingeschränkt”, man gehe aber “von einem höheren EBITDA im Vergleich zum Vorjahr aus”. Mittelfristig rechnet Lenzing mit einem steigenden Bedarf an umweltverträglichen Fasern für die Textil- und Bekleidungsindustrie sowie die Hygiene- und Medizinbranchen. Lenzing bietet unter anderem Spezialfasern unter den Markennamen Tencel, Ecovero und Veocel an.

“Die Erholung wird kommen. Wir wissen auch, dass das Niveau nach der Krise oberhalb des Niveaus vor der Krise liegen wird”, sagte der Lenzing-Chef. Der Vorstand will heuer weiter den Fokus auf Free-Cashflow-Generierung, die Stärkung des Umsatz- und Margenwachstums sowie das Kostenmanagement legen. “Der Textilmarkt ist derzeit noch schwer prognostizierbar, aber wir sind bereit für den Turnaround”, so Sielaff.