Von: mho
Bozen – Die Aussagen des UVS-Präsidenten in der heutigen Ausgabe des Tagblatts “Dolomiten” bringen die Südtiroler Handwerker weiter auf die Barrikaden. „Wir sitzen im selben Boot und sollten uns für gemeinsame Interessen einsetzen? Dann beantworten Sie uns doch bitte einige Fragen Herr Präsident“, fordern Paul Niederkofler, lvh-Bezirksobmann im Oberpustertal und Gerhard Resch, lvh-Bezirksobmann von Bozen Land.
Geradezu für dumm verkauft fühlen sich die lvh-Spitzenvertreter durch die Aussagen von Federico Giudiceandra, Präsident im Südtiroler Unternehmerverband. „Wenn die Industrie schon so viel gemeinsam hat mit dem Handwerk, fragen wir uns: Warum hat sich die Industrie jahrelang gegen die Aufteilung in Lose und Gewerke bei den öffentlichen Aufträgen ausgesprochen? Warum pfeifen die großen Industriebetriebe auf die Beibehaltung der Dienstwohnung im Rahmen des neuen Urbanistikgesetzes? Warum hat die Industrie vor drei Jahren die Ausbildungsprämie für Lehrlinge blockiert und sucht nun verzweifelt nach Fachkräften, nein schlimmer noch: sie werben sie sogar vom Handwerk ab! Warum hat sich die Industrie gegen die Förderbeiträge ausgesprochen?”, ärgern sich die beiden Obmänner.
Doch die Liste der Negativbeispiele geht noch weiter: “Warum wurde das Handwerk als gleichwertiger Partner in der Bauarbeiterkassa boykottiert? Warum ist es im Handwerk nicht möglich die Lehrzeit der dreijährigen Lehrberufe auf vier Jahre anzuheben während die Industrie sich Berufsschulen aussucht und dort spezifische Lehrgänge für ihren Sektor organisiert?”, poltern Niederkofler und Resch.
Auch zum Stichwort Technologiepark haben die Beiden Handwerksvertreter etwas zu sagen: “Jahrelang hat das Handwerk das Projekt befürwortet, die Industrie baut sich dann ihren eigenen Technologiepark im Pustertal, um ihre Interessen und Bedürfnisse umzusetzen. Und übrigens: Wieso kassiert die Industrie über Mitgliedsbeiträge von Landesgesellschaften indirekt öffentliche Gelder?”
“Von Sensibilität und Nähe zum anderen Sektor kann hier ja kaum die Rede sein“, bringen es Resch und Niederkofler auf den Punkt. Verschlankungen und Optimierungen seien nur dann begrüßenswert, wenn sie mit Hausverstand und realistischen Zielen verbunden seien.
Stellungnahme des UVS: “Alles falsche Anschuldigungen, Unterstellungen und Behauptungen”
Auf die geforderten Antwort ließ der Präsident des UVS, Federico Giudiceandrea, nicht lange warten. Er verweist auf die Erfolge und gute Zusammenarbeit in der Vergangenheit: “Der Unternehmerverband Südtirol ist seit jeher darum bemüht, Mauern abzubauen, um die Zusammenarbeit und den Dialog zwischen allen Teilen der Gesellschaft zu stärken. Durch den kontinuierlichen Austausch mit allen Sozialpartnern konnten wichtige konkrete Ergebnisse erreicht werden. So wurde beispielsweise eine ständige Dialogplattform mit allen Gewerkschaftsorganisationen gegründet, Südtiroler Wirtschaftsring und USEB wurden zu einer einzigen Dachorganisation zusammengeführt, EOS, BLS, TIS und SMG wurden in eine
einzige Dienstleistungsgesellschaft zusammengelegt”, so Giudiceandrea.
Dann holt Giudiceandrea zum Gegenschlag aus: “Ich nehme zur Kenntnis, dass nicht alle diese konstruktive Zusammenarbeit suchen, die der gesamten Wirtschaft und der Südtiroler Gesellschaft insgesamt zu Gute kommt. Wir sind es gewohnt, eine offene, einbindende und transparente Kommunikation zu pflegen. Es ist nicht unser Stil, Anschuldigungen oder Unterstellungen über die Medien zu verbreiten. Daher werden wir auch nicht auf die einzelnen Behauptungen – die obendrein nicht der Wahrheit entsprechen – eingehen, die in der heutigen Pressemitteilung des Wirtschaftsverbandes der Handwerker und Dienstleister (lvh) enthalten sind.”
Die Aussage, versteckt öffentliche Gelder einzuheben, könne er aber nicht unbeantwortet stehen lassen: “Der Unternehmerverband verzichtet seit Jahren auf öffentliche Beiträge, um die eigenen Projekte zu finanzieren. Auch arbeiten alle unsere Vertreter in den verschiedenen Gremien ehrenamtlich mit: so haben alle Vertreter des Unternehmerverbandes innerhalb des Kammerausschusses und des Verwaltungsrates der IDM freiwillig auf jegliche Vergütung verzichtet”, stellt Giudiceandrea klar.
“Ich habe mich in all diesen Jahren und besonders in diesen Monaten als Präsident des Unternehmerverbandes immer für Zusammenarbeit und offenen Dialog eingesetzt, besonders mit den anderen Wirtschaftsverbänden. Die Aussage, die diesen Angriff auf meine Person und auf den Verband, den ich die Ehre habe zu vertreten, ausgelöst hat – „wir sollten verstärkt die Gemeinsamkeiten sehen, die uns verbinden“ – ist der beste Beweis dafür. Wir werden uns auch weiterhin für Öffnung und Einbindung und für eine Zukunft einsetzen, die auf Dialog aufbaut, in der Überzeugung, dass dies der einzige Weg ist, um die Wohlfahrt und den sozialen Frieden zu garantieren und damit unser Land stark zu machen”, schließt Giudiceandrea seine Stellungnahme versöhnlich.