Sogenannte Friedenspflicht ausgeläutet

Mehr als zehntausend Mitarbeiter bei VW im Warnstreik

Montag, 02. Dezember 2024 | 12:57 Uhr

Von: APA/dpa

Mit flächendeckenden Warnstreiks bei Volkswagen macht die Gewerkschaft IG Metall in Deutschland gegen die milliardenschweren Sparpläne des Autobauers mobil. An fast allen deutschen Standorten legten am Vormittag mehr als zehntausend Mitarbeiter zeitweise die Arbeit nieder. Tausende zogen mit einem Demonstrationszug durch das Stammwerk und versammelten sich zu einer Kundgebung direkt vor dem Vorstandshochhaus. “Streikbereit! Bundesweit!”, skandierten sie in Sprechchören.

Mit dem Warnstreik will die Gewerkschaft heute in neun der zehn deutschen VW-Werke die Produktion zeitweise zum Stehen bringen. Die IG Metall wehrt sich mit dem Ausstand gegen milliardenschwere Einschnitte bei Europas größtem Autobauer. VW fordert von den Beschäftigten wegen der schwierigen Lage des Konzerns eine Lohnkürzung von 10 Prozent. Auch Werkschließungen und betriebsbedingte Kündigungen stehen im Raum. Die IG Metall will das verhindern und fordert stattdessen eine Zukunft für alle Standorte – ohne Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen. Nach drei erfolglosen Tarifrunden treffen sich beide Seiten am 9. Dezember zur den nächsten Verhandlungen.

In Zwickau und Emden versammelten sich am Montag Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Kundgebungen vor dem Werkstor, in Braunschweig zogen mehr als tausend Beschäftigte mit einem Demonstrationszug durch die Stadt.

IG Metall droht mit weiterer Eskalation

Der heutige Ausstand an fast allen Standorten schmerze Volkswagen, sagte IG-Metall-Verhandlungsführer Thorsten Gröger in Wolfsburg. “Aber das ist nur eine Warnung!” Sollte Volkswagen weiter auf seinen Maximalforderungen bestehen, drohe eine weitere Zuspitzung. “Wer die Belegschaft ignoriert, spielt mit dem Feuer – und wir wissen, wie man Funken in Flammen verwandelt!”

Die nächste Verhandlungsrunde in einer Woche werde hier eine Weichenstellung bringen, sagte Betriebsratschefin Daniela Cavallo. Wenn es sein müsse, “werden wir einen Arbeitskampf durchziehen, der zu Volkswagen passt”.

In Zwickau erklärte der dortige IG-Metall-Bezirksleiter Dirk Schulze: “Wir werden erbittert kämpfen um jeden Arbeitsplatz.” Mit seiner Sparankündigung vor drei Monaten habe der Vorstand den Laden Volkswagen angezündet”. Jetzt “brennt dieser Laden lichterloh”.

Warnstreik auf zwei Stunden begrenzt

Die Warnstreiks dauern jeweils rund zwei Stunden und sollen danach in jeder Schicht wiederholt werden. Im Streit um Lohnkürzungen, Werksschließungen und Stellenabbau erhöht die IG Metall damit den Druck. “Wir wünschen uns diesen Konflikt nicht – aber wir führen ihn, solange der Vorstand nur auf Kürzungen und Entlassungen statt auf Perspektiven setzt”, sagte Gröger. “Wenn nötig, wird das einer der härtesten Konflikte, den Volkswagen je gesehen hat.”

Zu möglichen Ausfällen in der Produktion machte Volkswagen zunächst keine Angaben. Man wolle die Auswirkungen so gering wie möglich halten, sagte ein Sprecher. Deswegen habe das Unternehmen gezielt Maßnahmen ergriffen, die eine Notversorgung sicherstellten.

In dem Konflikt geht es um die Bezahlung der rund 120.000 Beschäftigten in den Werken der Volkswagen AG, wo ein eigener Haustarif gilt. Hinzu kommen mehr als 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei VW Sachsen, für die 2021 eine Angleichung an den Haustarif vereinbart wurde.

VW lehnt IG-Metall-Vorschlag ab

VW hatte zuvor erklärt, man respektiere das Recht der Beschäftigten auf Warnstreiks und setze weiter auf eine einvernehmliche Lösung mit der Arbeitnehmerseite. In der Sache zeigte sich der Konzern aber hart: Ein Gegenkonzept von IG Metall und Betriebsrat für Einsparungen ohne Kündigungen und Standortschließungen hatte VW erst am Freitag als unzureichend abgelehnt.

Die Konzernspitze begründet die Einschnitte mit hohen Kosten und einer geringen Auslastung. Angesichts der schwachen Nachfrage nach Neuwagen müsse VW seine Sparbemühungen verstärken. Laut Markenchef Thomas Schäfer werde man dabei um Werksschließungen wohl nicht umhin kommen.

Erst am Wochenende war bei VW die Friedenspflicht ausgelaufen, in der Arbeitskämpfe nicht erlaubt waren. Bei Volkswagen ist es der größte Ausstand seit Jahren. Flächendeckende Warnstreiks an allen großen Werken in Westdeutschland gab es zuletzt 2018. Nach Angaben der IG Metall beteiligten sich damals mehr als 50.000 Beschäftigte.

Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

4 Kommentare auf "Mehr als zehntausend Mitarbeiter bei VW im Warnstreik"


Sortiert nach:   neuste | älteste | Relevanz
Homelander
4 h 7 Min

Es ist eigentlich immer das selbe Lied, die Politik und großen Herrn des Hauses verbocken alles, draufzahlen zut immer der kleine Mann, aber keine Sorge, die Aktionäre haben auf keinen cent verzichtet, die haben schon trotz Krise ihre Mill. erhalten! Soviel zu Gerechtigkeit! Diejenigen, die solchen Schaden gemacht haben, auch damals mit dem Abgasskandal, müßten mit ihrem eingenen Hab und Gut haften, dann würdet ihr sehen, wie sich die Welt verändern würde! 

krokodilstraene
2 h 39 Min

Die Aktionäre sind nicht die großen Absahner.
Wer am meisten profitiert hat, sind die oberen Manager mit ihren Millionengehältern und zusätzlichen Bonuszahlungen, obwohl sie diese aufgrund der ungenügenden Ergebnisse eigentlich gar nicht bekommen hätten dürfen…
Denn immerhin gibt es bereits seit Jahren strukturelle Probleme in diesem betrieb und sie wären ja dazu da, diese aufzuspüren und auszumerzen…

Faktenchecker
2 h 30 Min

“Im Vergleich zu anderen Arbeitgebern zahlt der Autobauer bisher stattliche Löhne.”

https://www.n-tv.de/wirtschaft/Wie-viel-VW-Mitarbeiter-verdienen-article25402727.html

tripleqx
tripleqx
Neuling
2 h 18 Min
Es tut mir leid, aber VW muss abbauen, und das war beim Umstieg auf EV-Fahrzeuge sowieso klar, dass man massiv weniger Bauteile und Mitarbeiter braucht. Aber VW hat einen Überhang an Mitarbeitern seit über einem Jahrzehnt. Ich möchte nochmals darauf hinweisen, dass seit 2007 die Produktion im Sinkflug ist. Die EU hatte 2007 ihren Zenit mit 20 Mio. verkauften Autos, und wir sind 2024 wahrscheinlich sogar unter 10 Mio. gerutscht. 2023 waren es noch 10,5 Mio. Aber wie schafft man es, 1,5 Jahrzehnte lang gleich viele Leute zu haben, bei der Hälfte an produzierten Autos wie noch vor knapp 20… Weiterlesen »
wpDiscuz