Von: Ivd
Bozen – Das italienische Rentensystem steht vor gewaltigen Herausforderungen. Insbesondere diejenigen, die weniger Beitragsjahre eingezahlt haben, könnten im Alter in die Armut abrutschen. Für Geringverdiener oder Menschen mit unterbrochenen Erwerbsbiografien ergeben sich oft besorgniserregende Aussichten – ein Thema, das vor allem in Südtirol zahlreiche Menschen betrifft.
Wenige Beiträge, magere Rente
Aktuell können italienische Arbeitnehmer regulär mit 67 Jahren in Rente gehen, sofern sie mindestens 20 Beitragsjahre vorweisen können. Doch was passiert, wenn diese Schwelle nicht erreicht wird, beispielsweise Eltern, die zuhause bei den Kindern blieben oder Arbeitsunfähige? Die Antwort ist ernüchternd: In solchen Fällen verzögert sich der Rentenbeginn auf 71 Jahre. Hier genügt es jedoch, fünf Beitragsjahre vorzuweisen, um zumindest eine Grundsicherung zu erhalten.
Wer auch diese Kriterien nicht erfüllt, hat unter Umständen Anspruch auf das sogenannte Assegno Sociale, doch die Sozialhilfe ist an strenge Einkommensgrenzen geknüpft. Für 2024 beträgt diese Unterstützung 534,41 Euro pro Monat, verteilt auf 13 Zahlungen. Die Einkommensgrenzen liegen bei 6.947,33 Euro jährlich für Alleinstehende und 13.894,66 Euro für Ehepaare – ein Betrag, der kaum zum Leben reicht, vor allem in einer Region wie Südtirol, wo die Lebenshaltungskosten traditionell hoch sind.
Für über 60-Jährige, die noch keine Rente beziehen können, gibt es seit kurzem das „Assegno di Inclusione“. Dieses Unterstützungssystem richtet sich an einkommensschwache Haushalte und bietet bis zu 630 Euro monatlich, sofern alle Familienmitglieder mindestens 67 Jahre alt oder schwerbehindert sind. Ein Zuschlag für Mietkosten kann diesen Betrag ergänzen.
Ausnahmeregion Südtirol
Südtirol ist durch seine grenzübergreifende Arbeitswelt geprägt. Viele Menschen wechseln zwischen Italien, Österreich und Deutschland, was zu Lücken in der Beitragszeit führen kann. Besonders Arbeitnehmer im Gastgewerbe oder in der Landwirtschaft, die oft nur saisonal und nicht durchgehend versichert sind, haben Probleme auf die 20 Jahre Beitragszahlungen zu kommen. Diese unterbrochenen Erwerbsbiografien führen dazu, dass Betroffene im Alter oft auf Sozialleistungen angewiesen sind.
Hinzu kommen die hohen Lebenshaltungskosten in der Region. Die Mietpreise, besonders in städtischen Gebieten wie Bozen oder Meran, belasten das Haushaltsbudget vieler Familien zusätzlich. Auch die hohen Immobilienpreise erschweren es, sich frühzeitig abzusichern.
Freiwillige Zusatzrenten
In Südtirol stellt das Zusatzrentensystem eine Möglichkeit dar, die staatliche Rente zu ergänzen. Entscheiden sich Arbeitnehmer für ein solches Modell, verzichten sie allerdings auf die Abfertigung, die in den Zusatzrentenfonds fließt. Dennoch stellen verschiedene Fons eine Möglichkeit dar, die eigene Rente aufzubessern.
Besonders vorteilhaft: Diese Einzahlungen können bis zu einem bestimmten Betrag steuerlich abgesetzt werden, wodurch sich eine doppelte Entlastung ergibt – für die Gegenwart durch weniger Steuerlast und für die Zukunft durch die aufgestockte Rente. Je nach gewähltem Modell wird die Zusatzrente später entweder in Form eines Einmalbetrags oder als monatliche Rentenzahlung ausgezahlt.
In Südtirol sind auch Betriebe zunehmend an diesen Modellen beteiligt: Viele Arbeitgeber bieten an, einen Teil der Abschlagszahlungen direkt in solche Zusatzfonds einzuzahlen. Eine Beratung bei Gewerkschften, lokalen Kreditinstituten oder spezialisierten Finanzberatern kann helfen, das passende Modell zu finden.
Reformbedarf und Zukunftsperspektiven
Die prekäre Lage vieler Rentner in Italien unterstreicht die Dringlichkeit einer Reform. Besonders für Grenzregionen wie Südtirol, wo die Lebenshaltungskosten höher liegen, braucht es langfristig nachhaltige Lösungen. Die Landesregierung könnte zum Beispiel eine stärkere Vermittlerrolle übernehmen, um etwa Grenzgänger besser abzusichern oder die Anerkennung ausländischer Beitragszeiten zu erleichtern.
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