Von: apa
Der russische Machthaber Wladimir Putin kann sich nicht nur wegen politischer Repression, sondern auch dank einer trotz der westlichen Sanktionen nicht zusammengebrochenen russischen (Kriegs-)Wirtschaft auf seine Wiederwahl zum Präsidenten freuen. Voriges Jahr wuchs die russische Wirtschaft um 3,5 Prozent. Heuer dürfte sich das Wachstum auf 1,5 Prozent einbremsen, prognostiziert das wiiw. Die Kriegsfinanzierung sei dadurch und durch die Sanktionen aber nicht gefährdet.
Gründe für die erwartete Verlangsamung des Wirtschaftswachstums sind laut einer Auswertung des Russlandexperten Vasily Astrov des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) ein akuter Arbeitskräftemangel durch den Krieg. Dazu kommen hohe Zinsen im Zuge der Inflationsbekämpfung.
Astrov hat sich auch erneut angeschaut, wie es denn um den Rückzug westlicher Firmen aus Russland steht. Dabei zeigt sich den Angaben zufolge, dass sich Firmen aus Österreich im Durchschnitt seltener zurückgezogen haben als im EU- oder weltweiten Durchschnitt. Sechs österreichische Firmen haben sich zurückgezogen und 13 sind dabei das zu tun. 44 bleiben, während zehn zuwarten. Das macht laut wiiw einen Rückzugsdurchschnitt von 8,2 Prozent, während es weltweit 9,6 Prozent sind.
Groß in Russland ist – zumindest vorerst immer noch – etwa die Raiffeisen Bank International (RBI). Russisches Gas kommt derzeit weiterhin massig über die OMV ins Land. In der Nahrungsmittelindustrie ist beispielsweise die Agrana mit einem Werk in Russland vertreten – aber ebenso in der angegriffenen Ukraine. Auch die RBI ist in der Ukraine aktiv.
Trotzdem: Im November 2023 beliefen sich die EU-Exporte von wirtschaftlich kritischen Gütern nach Russland auf lediglich 2 Prozent der Werte vor Kriegsausbruch. “Die Sanktionen verhindern direkte Exporte also sehr effektiv”, so das wiiw. Allerdings ist es Russland gelungen, die westlichen Sanktionen vor allem bei Hochtechnologie, die besonders für die Rüstungsindustrie unabdingbar ist, in erheblichem Maße über Drittstaaten zu umgehen. Neben China und Hongkong sind die Türkei und die ehemaligen Sowjetrepubliken Armenien, Kasachstan, Usbekistan und Kirgistan die wichtigsten Drehscheiben zur Umgehung der westlichen Sanktionen.
Gemeinsam mit dem Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) und den deutschen Instituten ifo und dem Kieler Institut für Weltwirtschaft erstellt das wiiw monatlich und ausführlicher quartalsweise auch einen Bericht “Russland-Monitor” fürs deutsche Wirtschaftsministerium. Neben der Prognose für ein verlangsamtes Wirtschaftswachstum in Russland im kommenden Jahr zeigt die neueste Ausgabe (Stand Ende Jänner), dass das Budgetdefizit Moskaus trotz hoher Militärausgaben und geringerer Einnahmen aus dem Export von fossilen Energieträgern bisher im Rahmen blieb. 2023 wurde es zum Großteil aus den Reserven des Nationalen Wohlfahrtsfonds gedeckt und lag bei einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP).
Die westlichen Energiesanktionen wirkten aber. Denn eine verstärkte Überwachung von Unternehmen aus Drittländern, die gegen die Energie-Sanktionen verstoßen, führte zu einer erneuten Ausweitung des Preisnachlasses für russisches Öl in den letzten Monaten des Jahres 2023. Das bedeutete geringere Einnahmen für den russischen Staat.
“Dennoch wird Putin den Krieg weiterhin ohne Probleme finanzieren können”, heißt es laut wiiw. “Das Land hat genügend fiskalpolitischen Spielraum und verfügt immer noch über beträchtliche Reserven.”