Von: ka
Bozen – Mehr Unterstützung und Anerkennung für Sachwalter: Dies ist die zentrale Forderung des Vereins für Sachwalterschaft bei der Jahresvollversammlung der Mitglieder. Viel Raum erhielt der Ehrengast, Frau Margot Prinz von der Rechtsabteilung des “Landesvereins für Erwachsenenschutz NÖ”, die die bedeutenden Tätigkeiten der Non-Profit-Organisationen in Österreich beim neuen Erwachsenen-schutz vorgestellt hat.
Heute wurde die jährliche Vollversammlung der Vereins für Sachwalterschaft im Pastoralzentrum am Domplatz in Bozen angehalten. Die Arbeiten der Vollversammlung konzentrierten sich auf die Entwicklung der Sachwalterschaft, die heuer ihr 20-jähriges Bestehen nach Einführung mit Staatsgesetz Nr. 6/2004 feiert.
Die Zahlen sind eindeutig und, wenn man die künftige demografische Entwicklung mitberücksichtigt, werden wohl stark steigen und einen hohen Bedarf an rechtlichem Schutz bewirken. Aufgrund der letzten statistischen Daten des Justizministeriums (bezogen auf Ende des Jahres 2022) gibt es in Italien ca. 325.000 Begünstigte einer Sachwalterschaft, in Südtirol sind es ca. 3600.
“Die Sachwalterschaft hat sich als grundlegende Institution der italienischen Wohlfahrt erwiesen. Ihre multidisziplinäre Herangehensweise, die alle Lebensbereiche (physisch, psychisch, sozial- und rechtlich) der zu betreuenden Personen miteinbezieht, trägt zu einer tiefgreifenden sozialen, kulturellen und ökonomischen Veränderung bei“ betont der Präsident des Vereins für Sachwalterschaft, Teutsch Werner.
Aus diesem Grund fordert der Verein, in präventiver Hinsicht mehr Mittel zu investieren, um das schon am Limit stehende Organisationssystem zu stärken.
Diesbezüglich kann ein Blick über die Grenzen, wie zu den konsolidierten Abläufen in Österreich Anreize schaffen, unser Wohlfahrtssystem zu verbessern.
Daher wurde bei der Vollversammlung dem Ehrengast, Frau Margot Prinz von der Rechtsabteilung des “Landesvereins für Erwachsenenschutz NÖ viel Raum gegeben.
Österreich war das erste Land, anfangs der 1980er Jahre, welches die Entmündigung abgeschafft und die viel flexiblere „Sachwalterschaft“ eingeführt hat. Nach mehr als 30 Jahren hat Österreich diese rechtliche Schutzmaßnahme aufgrund der vielen Ernennungen von Sachwaltern und der Überlastung des Justizapparates abgeändert und im Juli 2018 das Erwachsenenschutz-Gesetz erlassen.
Mit dieser Reform hat Österreich einen beachtlichen Weg in Richtung Anerkennung des Rechtes auf Selbstbestimmung der Menschen mit Behinderung eingeschlagen, wie im Art. 12 der UNO-Konvention für Menschen mit Behinderung vorgesehen.
Das Erwachsenenschutzgesetz sieht vier Schutzmaßnahmen vor, die graduell je nach Handlungsfähigkeit der gebrechlichen Person gewichtet sind (es beginnt mit einer einfachen Vollmacht und reicht bis zur offiziellen Ernennung durch das Landesgericht) und direkt von den vom Justizministerium anerkannten Organisationen registriert werden.
Margot Prinz hat daher die wichtige Rolle der Non-Profit-Organisationen vorgestellt, die durch das Erwachsenenschutzgesetz gestärkt wurden und die eine wichtige Brückenfunktion zwischen der Gerichtsbarkeit und der Gesellschaft einnehmen.
Die Tätigkeiten dieser Organisationen betreffen, neben der Information der Bürger, der Beratung und der Fortbildung zum Thema des Rechtsschutzes, die direkte Ernennung des Erwachsenenvertreters und, nach Beauftragung durch das Landesgericht, die Durchführung des sog. „Clearing“, der Ermittlung der geeignetsten Maßnahme für die gebrechliche Person.
Dieses Modell der Zusammenarbeit zwischen Non-Profit-Organisationen und Gerichtsbarkeit, wie es sich in Österreich durchgesetzt hat, verbessert nicht nur die Effizienz des Rechtsschutzes, sondern stärkt auch das Netz der sozialen Unterstützung für die Schickt der am bedürftigsten Bevölkerung.
Der Verein für Sachwalterschaft beachtet schon immer ausländische „Best-Practice“ und eben die österreichische Praxis hat zum Start des Projektes „Egida“ im Jahr 2019 geführt, die die direkte Ernennung des Vereins zum Sachwalter vorsieht. Derzeit gibt es fast 30 Begünstigte, die keine familiäre Unterstützung haben und von Team von Mitarbeitern und Freiwilligen des Vereins betreut werden.
Der Verein für Sachwalterschaft nimmt heute eine führende Rolle auch auf nationaler Ebene ein, da auch andere Regionen Italiens die Organisation des Vereins als Modell kopieren.
Dies wurde auch Dank der entscheidenden Unterstützung durch die Provinz Bozen möglich, die die Beratungstätigkeit des Vereins, die Sensibilisierung der Öffentlichkeit und die Fortbildung seit fast 20 Jahren finanziell fördert und die im Jahre 2018 das Landesgesetz Nr. 12 zwecks Förderung der Sachwalterschaft verabschiedet hat,
Bei der Mitgliederversammlung war auch Rosmarie Pamer, Vizepräsidentin der Provinz Bozen und Landesrätin für Sozialen Zusammenhalt, Familie, Senioren, Genossenschaften und Ehrenamt, anwesend, die die Wichtigkeit der Sachwalterschaft betonte und das große Engagement des Vereins lobte.
Seit einigen Jahren wurde das Projekt „Egida“ mit Einbeziehung der Seniorenwohnheime weiterentwickelt. Mit dem Projekt „Schalter und Sachwalter der Gemeinschaft“ garantiert der Verein eine stabile Anwesenheit in den Seniorenwohnheimen mit der Einrichtung eines Beratungsschalters und der Bereitschaft, für die direkte Ernennung zum Sachwalter für vereinsamte Heimbewohner zu Verfügung zu stehen.
Begonnen im Jahr 2022 im Seniorenwohnheim Melitta Care, wurde das Projekt 2023 auf die vier vom BSB geführten Wohnheime (Villa Armonia, Don Bosco, Villa Serena, Villa Europa) ausgedehnt. In den kommenden Wochen werden neue Vereinbarung mit weiteren Strukturen folgen.
“Mit der Verwirklichung neuer Projekte will der Verein dazu beitragen, ein Netzwerk sozialer Unterstützung zu schaffen, das imstande ist, die Bedürfnisse der gebrechlichsten Personen unmittelbar zu berücksichtigen“ erklärt Roberta Rigamonti, die Direktorin des Vereins. „Daher sind mittel- und langfristige Finanzierungen zur Unterstützung der Sachwalter notwendig, auch mit ad hoc Maßnahmen. Wir sprechen über Projekte, die Personen betreffen und die nicht aufgrund fehlender Geldmittel unterbrochen werden können. Ich möchte all jenen Personen danken, die sich für die Durchführung dieser delikaten Tätigkeiten zugunsten der Schwächsten zu Verfügung stellen“.
Bei der Vollversammlung wurden die ersten, offiziellen Leitlinien zur Sachwalterschaft in englischer Sprache vorgestellt, eine nützliche Veröffentlichung, um ein breiteres Publikum zu diesem Therma anzusprechen.
Im letzten Jahr hat der Verein seine ordentliche Tätigkeit zum Thema Sachwalterschaft zwecks Information, Fortbildung, Beratung und operative Unterstützung ausgedehnt:
Die von der Provinz Bozen und dem Gemeindenverband unterstützten Beratungen am Sitz in Bozen und am Beratungsschalter von Meran, der heuer einmal pro Woche geöffnet ist, und bei den Außenschaltern (Bruneck, Brixen, St. Ulrich, Schlanders) waren mehr als 1.633 (mit einer Steigerung von 27% verglichen mit dem Jahr 2022).
Die angebotenen Dienstleistungen (Anträge zwecks Ernennung eines Sachwalters, Rechenschaftsberichte, Anträge um Ermächtigungen) waren 639, die telefonischen Kontakte im Jahr ca. 6.000.
Bedeutend ist die Fortbildungstätigkeit des Vereins: 36 Kurse, aufgeteilt in Grundkurse, Fortbildungskurse, Kurse für Mitglieder, Tagungen, an denen fast 200 Personen teilgenommen haben.