AFI-Daten

Nach dem Boom der Väter-Elternzeit: Droht der Rückfall in alte Muster?

Montag, 17. März 2025 | 11:26 Uhr

Von: luk

Bozen – Anlässlich des Vatertags präsentiert das AFI | Arbeitsförderungsinstitut aktuelle Daten zur Väter-Elternzeit in der Region Trentino-Südtirol sowie zur Inanspruchnahme des Landesfamiliengelds+, einer finanziellen Unterstützung des Landes Südtirol zur Förderung der aktiven Vaterschaft. Nach dem post-Covid-Boom der obligatorischen Elternzeit für Väter ist die Zahl der Bezieher 2023 um 130 Einheiten gesunken – allerdings bei gleichzeitig deutlich rückläufigen Geburtenzahlen. Ein positiver Trend zeigt sich hingegen bei der fakultativen Elternzeit und den Anträgen auf finanzielle Unterstützung. Die leichte Zunahme im Jahr 2024 folgt hier jedoch auf einen nennenswerten Einbruch nach 2022.

Vätern mehr Flexibilität in der Arbeitsgestaltung zu ermöglichen und ihre stärkere Einbindung in die Familienarbeit zu fördern, trägt zur Gleichstellung der Geschlechter bei. Dafür sind jedoch ein gesellschaftlicher Wandel und eine angemessene finanzielle Unterstützung zum Ausgleich des Einkommensverlusts erforderlich. Angesichts der nach wie vor erheblichen geschlechtsspezifischen Lohnlücke (Gender Pay Gap) ist es in Zeiten niedriger Löhne und hoher Inflation oft unausweichlich, dass der besserverdienende Elternteil – in den meisten Fällen immer noch der Mann – erwerbstätig bleibt, da sein Einkommen eine gewichtige Rolle im Haushaltsbudget spielt.

Weniger Väter im obligatorischen Vaterschaftsurlaub?

Nach dem „Rekordjahr“ 2022 mit 5.001 Vätern, die in der Region Trentino-Südtirol den obligatorischen Vaterschaftsurlaub in Anspruch genommen haben, ist die Zahl 2023 um 130 Einheiten auf 4.871 gesunken. „Dies ist allerdings nur auf den ersten Blick eine negative Entwicklung“, erklärt AFI-Forscherin Maria Elena Iarossi. „Da auch die Geburten abgenommen haben – und das noch viel stärker – haben wir im Endeffekt mehr Väter, die vom obligatorischen Vaterschaftsurlaub Gebrauch machen“, so Iarossi weiter. Während 2022 knapp 56 Prozent der Väter von Neugeborenen den Vaterschaftsurlaub beansprucht haben, waren es 2023 immerhin 57 Prozent. Dies kann auch darauf zurückgeführt werden, dass die Maßnahme, die bereits für die Jahre 2013-2015 versuchsweise eingeführt wurde, 2022 durch das neue Gesetzesdekret 105/2022 strukturell verankert worden ist.

Fakultative Elternzeit ja – aber besser nicht zu lang

2023 verzeichnet auch ein Plus bei der fakultativen Elternzeit: Der Anteil der Väter an der Gesamtzahl der Anspruchsberechtigten (Mütter und Väter) stieg hier deutlich von 26 auf 33 Prozent an. Dies allerdings mit dem Abstrich, dass sich die durchschnittliche Dauer der Elternzeit bei den Männern weiter verringert hat und zwar auf 28,5 Tage – das ist sogar weniger als die von den meisten nationalen Kollektivverträgen zu 100 Prozent bezahlten 30 Tage. „Dies ist ein Zeichen dafür, dass der finanzielle Aspekt die Entscheidung weiterhin wesentlich mitprägt“, betont AFI-Forscherin Maria Elena Iarossi.

Diese Entwicklung unterstreicht umso mehr die Bedeutung von finanziellen Unterstützungsmaßnahmen wie dem Landesfamiliengeld+, das Vätern ausbezahlt wird, die mindestens zwei Monate Elternzeit in Anspruch nehmen. Hier kann nach dem Rückgang im Jahr 2023 wieder ein leichter Zuwachs beobachtet werden: 2024 waren 76 Väter Bezieher des Landesfamiliengeldes+. Der gezahlte Zuschuss belief sich zu knapp 60 Prozent auf 800 Euro und zu 40 Prozent auf 1.200 Euro pro Person.

Väterliches Engagement wahrnehmen und fördern

Hannes Reichegger, Präsident der Männerinitiative Pustertal, hebt die Wichtigkeit der Anerkennung von bereits bestehendem väterlichen Engagement in seinen unterschiedlichen Formen hervor – dies gelte im Besonderen für getrennterziehende Väter. „Pauschale Urteile, wie ‚Väter ihr macht zu wenig‘ sind wenig förderlich und motivierend. Es geht darum, neue Entscheidungsspielräume für Familien zu schaffen. Denn: Es gibt nach wie vor beträchtliche Hindernisse für Väter“, so Reichegger.

Statement von Arbeitslandesrätin Magdalena Amhof

„Eine gerechtere Verteilung der Sorgearbeit ist entscheidend für echte Chancengleichheit, dafür braucht es auch konkrete finanzielle Anreize. Das Landesfamiliengeld+ ist ein erster wichtiger Schritt dazu, doch es braucht weitere Maßnahmen, um Vätern eine stärkere Beteiligung am Familienalltag zu ermöglichen, etwa flexible Arbeitszeitmodelle, aber auch positive Vorbilder in Führungsrollen.“

Statement von AFI-Vizepräsidentin Cristina Masera

„Positiv zu vermerken ist die prozentuelle Zunahme des Vaterschaftsurlaubs, auch wenn es noch Luft nach oben gibt. Ein erster Schritt könnte das Erreichen der gleichen Quote von Vätern in der obligatorischen und in der fakultativen Elternzeit sein, zumindest für die zu 100 Prozent bezahlte Dauer. Wie wir sehen, scheint der finanzielle Aspekt noch immer die Entscheidung vieler Familien zu beeinflussen.“

Bezirk: Bozen

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