Von: luk
Bozen – Mit #dolomitesvives führt das Land heuer seinen Einsatz für eine neue nachhaltige Art, die Berge zu erfahren und zu erleben weiter, immer mit dem Ziel, mehr alternative Verkehrsmittel anzubieten, Lärm und Emissionen zu senken, die sensible Bergwelt zu schützen, aber auch dem Tourismus die Chance zu geben, den Gästen ein nachhaltiges Bergerlebnis zu bieten. Dieses Jahr gibt es unter dem Leitmotiv #dolomitesvives, also lebendige Dolomiten, zwei Maßnahmen, und zwar eine am Sellajoch und eine am Pragser Wildsee. Beide Maßnahmen wurden heute in Bozen vorgestellt.
Wie Umweltlandesrat Richard Theiner betonte, seien die die Dolomiten als Weltnaturerbe zu schützen und dies schließe auch ein Management der Nachhaltigkeit mit ein, und zwar nicht für die Unesco, sondern für die Natur und alle Menschen, damit auch nachfolgende Generationen die Bergwelt erleben können. “Jeder kann einen Beitrag für nachhaltige Mobilität leisten. Deshalb lasst das Auto zu Hause. Wir organisieren Eure Fahrten mit Bus, Bahn und Aufstiegsanlagen”, sagte Mobilitätslandesrat Florian Mussner. Auch der Trentiner Verkehrslandesrat Mauro Gilmozzi unterstrich, dass es eine Änderung der Mobilitätskultur brauche – Mobilität müsse nachhaltig gedacht und gelebt werden. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei der Suche nach an Lösungen für die Mobilität in diesem sensiblen Gebiet sei besonders positiv, so Gilmozzi.
Test für weniger Verkehr am Sellajoch
Nachdem es im vorigen Sommer mittwochs eine Sperre für den motorisierten Verkehr am Sellajoch gegeben hatte, greift heuer ein neues Experiment, das eine Verkehrsbeschränkung am Sellajoch vorsieht. “Mit diesem neuen Test für weniger Verkehr am Sellajoch loten wir eine weitere Möglichkeit aus, das Er-Fahren der Dolomiten nachhaltiger zu gestalten, zumal an Spitzentagen mehr als 5000 Fahrzeuge auf dem Pass unterwegs sind”, unterstrich Landesrat Theiner. Dieses weitere Experiment solle dazu beitragen, für 2019 zu einer endgültigen Lösung für nachhaltige Mobilität am Sellajoch zu finden, so Theiner. “Angepeilt wird mit der Maßnahme diesen Sommer eine Sensibilisierung, eine Lärmentlastung und Verkehrsreduzierung von 20 Prozent im Tagesverlauf, wobei man sich an den Durchschnittswerten orientiert”, betonte Theiner. Vormittags sollen demnach in etwa nur mehr 200 Fahrzeuge pro Stunde auf den Pass dürfen, am Nachmittag etwa 100 bis 150.
Die Verkehrsbeschränkung am Sellajoch soll vom 23. Juli bis 31. August 2018, von Montag bis Freitag, von 9.00 bis 16.00 Uhr aufrecht sein. Eine solche Verkehrsregelung sei in Italien einzigartig, betonte der Direktor der Mobilitätsabteilung der Provinz Trient Roberto Andreata. Das Sellajoch passieren dürfen nur Fahrzeuge, deren Lenker vorher eine kostenlose Genehmigung eingeholt haben. Flankierend zur Beschränkung wird laut Landesrat Mussner das Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln verstärkt. “Die Busverbindungen zwischen St. Ulrich und Sellajochhaus werden deutlich ausgebaut, sodass vormittags und nachmittags ein 15-Minutentakt angeboten wird”, sagte Mussner und verwies auch auf die Aufstiegsanlagen als umweltfreundliche Verkehrsmittel wie z.B. die neue Kabinenbahn “Sassolungo”.
“Die Genehmigung ist eine Stunde lang gültig und kann über die App Opemove oder im Web unter Openmove sowie bei den Informationspunkten vor Ort, beim Ex-Hotel Miramonti auf Plan de Gralba und bei Ruacia in St. Cristina auf der Südtiroler Seite und bei Lupo Bianco und Mazzin auf der Trentiner Seite, eingeholt werden”, erklärte Umwelt-Ressortchef und Vorsitzender der Arbeitsgruppe #dolomitesvives, Florian Zerzer. Für einige Fahrzeuge ist die Durchfahrt immer möglich, wie beispielsweise für Fahrzeuge mit Elektroantrieb, öffentliche Verkehrsmittel, Feriengäste der Gastbetriebe am Sellajoch, Einsatzfahrzeuge und landwirtschaftliche Fahrzeuge. Solche Sondergenehmigungen müssen bei den Gemeinden beantragt werden.
Umweltfreundlich zum Pragser Wildsee
Der Pragser Wildsee ist durch die bekannte Fernsehserie “Un passo dal cielo” vor allem in den Sommermonaten Juli und August ein noch beliebteres Ausflugsziel geworden. “Um das sensible Ökosystem zu schützen und auch die Wertschätzung für den Naturpark zu steigern, können diesen Sommer auch alle, die nicht zu Fuß gehen, den Pragser Wildsee Unesco-Weltnaturerbe-Gebiet auf die sanfte Tour erreichen”, sagte Landesrat Theiner.
Bereits auf der Pustertaler Staatsstraße, auf der täglich durchschnittlich 23.000 Fahrzeuge unterwegs sind, werde laut Landesrat Mussner ein neuer Kreisverkehr den Verkehrsfluss bei der Abzweigung in Richtung Landesstraße Prags verbessern. Schon im Juli soll der provisorische Kreisverkehr mit “Slip lanes”, also Bypass-Spuren, die die Fahrzeuge schneller durch den Kreisverkehr schleusen, funktionieren.
Für die Straße zum See, auf der bisher im Sommer bis zu 7000 Fahrzeuge täglich gezählt wurden, wird es vom 16. Juli bis zum 16. September täglich von 10.30 Uhr bis 14.00 Uhr ab Schmieden eine Sperre für alle Pkws geben. Dort gibt es einen kostenpflichtigen Auffangparkplatz mit 240 Stellplätzen, der noch erweiterbar ist. “Wir empfehlen den Gästen und Ausflüglern die Anreise mit Zug und Bus – dafür haben wir heuer optimale Voraussetzungen geschaffen”, sagte Landesrat Mussner.
“Während Sperrzeiten können nur die Busse zweier Linien die Strecke zum See hin und zurück fahren, und zwar die Linie 442 von Toblach über Niederdorf und ein eigens eingerichteter Shuttlebusdienst, der beim Busbahnhof Welsberg startet und zum See und wieder zurückfährt”, erklärte Mobilitätsressortchef Valentino Pagani. Es gibt Sonderermächtigungen.
Mit den Bussen der Linie 442 fährt jeder mit den herkömmlichen Abos und Fahrscheinen des öffentlichen Nahverkehrs zum Normaltarif. Mit der Gästecard ist im Zeitraum der Straßensperre ein Zuschlag von drei Euro pro Fahrt zu bezahlen. Kinder bis sechs Jahre fahren kostenlos. Für den eigens eingerichteten Shuttledienst hingegen müssen alle Fahrgäste ab sechs Jahren drei Euro pro Person und Fahrt bezahlen. Wer gerne zu Fuß geht, erreicht den Pragser Wildsee vom Parkplatz in Schmieden auf dem Wanderweg Nr.1 in etwa eineinhalb Stunden. Verbessert werden auch das System für die Beschilderung auf den Zufahrtsstraßen ab dem neuen Kreisverkehr und das Parkleitsystem.
Gilmozzi, Mussner und Theiner bedankten sich bei den Gemeinden, den Tourismusvereinen, der IDM und der Stiftung Dolomiten UNESCO, die die Vorhaben für nachhaltige Mobilität im Unesco-Weltnaturerbe-Gebiet mittragen. Alle drei Landesräte und die Ressortchefs zeigten sich überzeugt, dass ein nachhaltiges Er-Fahren der Dolomiten eine große Chance nicht nur für die Lebensqualität der Menschen und für intakte Natur, sondern auch für den Tourismus sei.
Dachverband für Natur- und Umweltschutz: “Ein weiteres Jahr Experimente”
“Auch heuer wieder wird es keine umfassende Verkehrsberuhigungen auf den Passstraßen im UNESCO-Weltkulturerbe-Gebiet geben. Maßnahmen gibt es weiterhin nur am Sellajoch und dies auch nur an insgesamt 30 Tagen. Die Wochenenden sind ausgenommen. Vielmehr soll durch einen „dynamischen Numerus Clausus“ und eine Registrierungspflicht der Verkehrssturm um rund 20 Prozent reduziert werden. Schließungen für einige Stunden wie im letzten Jahr gibt es keine mehr. Auch konnte man sich nicht durchringen, das Grödner Joch in die Kampagne mit einzubeziehen”, so der Dachverband für Natur- und Umweltschutz.
“Vor ziemlich genau neun Jahren, am 26. Juni 2009 wurden die Dolomiten von der UNESCO als Weltnaturerbe anerkannt. Im Zuge der Anerkennung wurden der Verwaltern auch einige Hausaufgaben mit auf den Weg gegeben. So wurde von der UNESCO bereits damals für den Südtiroler Bereich des Weltnaturerbes der menschliche Druck, insbesondere die Verkehrsbelastung, als kritisch gesehen. Seit damals fordert der Dachverband für Natur- und Umweltschutz konkrete, griffige und umsetzbare Maßnahmen zur Einschränkung der Blechlawine auf den Passstraßen. Von unserer Seite wurde und wird ein Zeitfenster favorisiert, dass saisonal und an die jeweiligen Pässe angepasst nicht nur zu einer Reduzierung des Durchzugsverkehrs sorgt, sondern über ein Zeitintervall auch zu einer spürbaren Reduzierung der Lärmbelästigung führt. Erst im vergangenen Jahr wurde – versuchsweise – eine zeitweise Sperre ausschließlich am Sellajoch erprobt und zwar an insgesamt neun Mittwochen im Sommer. Eine solche Schließung wird es heuer nicht mehr geben, sondern eine Einschränkung der Fahrten pro Stunde durch eine Registrierungspflicht. Das Projekt ist auch heuer nur als Versuch deklariert, läuft nur an insgesamt 30 Werktagen mit Ausnahme der Wochenenden, die Kontigentierung ist auf den Zeitraum von 9.00 bis 16.00 Uhr beschränkt wird auch weiterhin nur am Sellajoch praktiziert. Insgesamt bemüht man sich sehr, das ganze sehr weichgespült als Sensibilisierungs- und nicht als Verkehrsreduzierungs-Kampagne zu bewerben und verkaufen. Die stundenweise Kontigentierung, die Registrierung, die Kontrolle, die Ausweichparkplätze, … bringen einen großen logistischen, koordinativen und schlussendlich finanziellen Aufwand mit sich. Dies alles nimmt man aber anscheinend gerne in Kauf, um die Maßnahmen weiterhin so sanft wie möglich zu halten”, so der Dachverband für Natur- und Umweltschutz.
Weitere stark verkehrsbelastete Dolomitenpässe wie der Karerpass oder das Grödner Joch würden auch heuer nicht in das Projekt miteinbezogen. “Wobei vor allem am Grödner Joch die Umsetzung nochmals leichter sein dürfte, weil der Pass zur Gänze auf Südtiroler Gebiet liegt. Aber offensichtlich konnte oder wollte man sich gegen die Lokalkaiser nicht durchsetzen. Und so bleibt es auch auch 2018 bei einem zeitlich, räumlich und von seiner Wirkung reduzierten Verkehrsversuch auf einem einzigen Pass.” Für den Dachverband für Natur- und Umweltschutz ist dies absolut unzureichend, vor allem im Hinblick auf die Verpflichtungen, welche man mit der Verleihung des UNESCO-Welterbe-Titels eingegangen ist.