Von: APA/dpa
Wie viel “Profi”-Tablet kann man für rund 10 Prozent des Preises eines Apple iPad Pro in High-End-Konfiguration bekommen? Was das Aussehen angeht, eine ganze Menge, zeigt das neue Redmi Pad Pro von Xiaomi. Und was die Substanz angeht? Nun, dazu später mehr.
Xiaomi hat gute Arbeit geleistet, um seinem 12-Zoll-Tablet eine Optik und Haptik zu verpassen, die dem Pro-Label angemessen ist. Das fängt an bei dem optionalen Stylus, von dem sich etwa Grafikdesigner angesprochen fühlen könnten. Das Doppelkamera-Modul auf der Rückseite und ein matter Aluminiumrahmen komplettieren das Oberklasse-Erscheinungsbild.
Tatsächlich eignet sich das Tablet aber eher für den alltäglichen Gebrauch, also der Nutzung von sozialen Medien und Nachrichten-Apps, dem Streamen von Videos und Serien oder auch dem Anzeigen von Rezepten beim Kochen.
Mit einem Gewicht von mehr als einem halben Kilogramm liegt das Redmi Pad Pro relativ schwer in der Hand, auch wenn es mit 566 Gramm in etwa auf dem Niveau anderer 12-Zoll-Tablets liegt. Trotzdem ist es definitiv kein Gerät, das man den ganzen Tag in der Hand halten möchte, vor allem, wenn man zusätzlich noch eine Tastaturhülle anbringt.
Alles in allem ähnelt das Redmi einem großen Xiaomi-Telefon und das Wischen durch die Einstellungen und vorinstallierten Apps wird sich für alle, die schon einmal ein Xiaomi-Smartphone besessen haben, ziemlich vertraut anfühlen.
Das Redmi Pad Pro läuft mit der neuesten Android-Version 14. Darüber hat Xiaomi seine Benutzeroberfläche HyperOS gelegt. Das schließt mehrere Xiaomi-Softwarefunktionen ein, von Xiaomi-Apps bis hin zu einem anpassbaren Sperrbildschirm und Apple-ähnlichen Schnelleinstellungen, die sich öffnen, wenn man über den oberen Displayrand nach unten wischt.
Während der Einrichtung trifft man auf einige von Xiaomi bereits gesetzte Zustimmungshäkchen, die dazu führen können, dass mehr persönliche Daten als nötig an Hersteller gesendet werden, etwa für personalisierte Werbung. Wer das nicht möchte, muss aufmerksam sein und die Häkchen an den entsprechenden Stellen entfernen.
Im ganz genau 12,1 Zoll großen Bildschirm steckt leider keine OLED-Technik, das gibt die 300-Euro-Preisklasse bei Tablets nicht her. Stattdessen erhält man ein LCD-Display (2560 mal 1600 Pixel), das aber für die meisten ausreichend gut sein dürfte und eine adaptive Bildwiederholrate von 120 Hertz bietet. Kontrast und Schwarzwert des Displays gehen in Ordnung und es strahlt gerade hell genug, um auch im Freien verwendet werden zu können.
Schwierig wird es höchstens, wenn mehrere Personen gleichzeitig aufs Tablet schauen wollen, weil LCD- im Vergleich zu OLED-Displays einen geringeren Betrachtungswinkel bieten, das Bild beim Blick von der Seite also schneller “flauer” und dunkler wird.
Als optionale Extras bietet Xiaomi einen 70 Euro teuren, druckempfindlichen Bluetooth-Eingabestift mit zwei Tasten (Redmi Smart Pen) sowie zwei verschiedene Hüllen, eine mit Tastatur (Redmi Pad Pro Keyboard) für 100 Euro und eine ohne (Redmi Pad Pro Cover) für 30 Euro.
Die Bluetooth-Tastaturhülle funktioniert prima. Die Tasten und ihr Hub fühlen sich solide an und ähneln dem der meisten neuen Laptops. Wer plant, mit dieser Tastatur viel zu tippen, sollte wissen, dass sich darauf keine Löschtaste (del/Entf.) findet, sondern nur die Rücktaste (Backspace).
Das Kamera-Setup sieht auf den ersten Blick beeindruckend aus, und Xiaomi hat sein Bestes gegeben, um Käuferinnen und Käufer glauben zu machen, dass das Tablet ein Kamerasystem mit zwei großen Linsen bietet. Doch eine der vermeintlichen Linsen entpuppt sich als getarnter LED-Blitz.
Andererseits kann der Blitz nützlich sein, wenn Tablet-Nutzer die hintere Kamera zum Fotografieren von Dokumenten einsetzen. Die Hauptkamera auf der Rückseite und die Selfie-Kamera haben die gleiche Auflösung (8 Megapixel). Dass die Frontkamera weitwinklig ausgelegt ist, erweist sich etwa für Videokonferenzen als praktisch.
Als technische Basis setzt Xiaomi auf Qualcomms Snapdragon-Prozessor 7s Gen 2, zusammen mit 6 oder 8 Gigabyte (GB) Arbeitsspeicher (RAM). Die meisten Gelegenheitsnutzer oder auch Hobby-Gamer werden damit gut zurechtkommen. Der Massenspeicher ist je nach Ausführung 128 GB oder 256 GB groß.
Der riesige 10.000-mAh-Akku reicht für einen ganzen Tag Non-Stop-Wiedergabe, etwa von Videos, oder für mehrere Tage mit geringer Nutzung. Er lässt sich auch relativ schnell mit 33 Watt wieder aufladen.
Das Redmi Pad Pro ist in Grau, Grün oder Blau erhältlich und kostet 300 Euro (6GB/128GB) oder 350 Euro (8GB/256GB). In der großen Speicher-Version ist das Tablets für 420 Euro auch mit 5G-Mobilfunkmodem an Bord zu haben.
Alles in allem ist das Redmi Pad Pro kein Profi-Gerät im Wortsinne. Xiaomi will mit dem Zusatz wohl eher andeuten, dass es sich um die Pro-Version seiner noch günstigeren Tablets handelt.
Wer mindestens rund 600 Euro ausgeben kann und möchte, erhält etwa beim 11-Zoll-Tablet Samsung Galaxy Tab S9 einen deutlich schöneren OLED-Bildschirm (120 Hertz) und auch eine bessere Frontkamera-Qualität für Videokonferenzen.
In etwa der gleichen Preiskategorie wie das Redmi Pad Pro bietet Samsung das Galaxy Tab S9 FE (11 Zoll) an, das größere Samsung Galaxy Tab S9 FE+ (12,4 Zoll) liegt preislich darüber (ab 470 Euro). Beide haben aber auch nur LCD-Displays (90 Hertz) und keine Snapdragon-, sondern Exynos-Prozessoren von Samsung an Bord.
Wer oft vom Tablet abliest, How-to-Videos schaut oder mit dem Gerät Musik hört, dem könnte auch das 11 Zoll große Pixel-Tablet von Google (ab rund 400 Euro) gefallen, das mit einem Dock zum Laden mit eingebautem Lautsprecher geliefert wird.
Und wenn Apple eine Option ist: Das 2022er-Modell des Apple iPad (10. Generation) gibt es noch im Handel – zu einem ähnlichen Preis wie der des Redmi Pad Pro.