Von: luk
Sterzing – Südtirol wird von vielen Regionen beneidet um die florierende kleinteilige Milchwirtschaft. Die Milchbauern werden aber auch bedauert für die kleinen Flächen, auf denen sie die Gülle ausbringen müssen. Über die daraus resultierende Verunreinigung des Grundwassers und deren Verschleierungen wird stets gemunkelt. Gerade ist das Thema wieder hochaktuell. Dabei wäre die ganze Diskussion überflüssig, würde man sich ein Beispiel an Teilen der Milchwirtschaft im Wipptal nehmen.
Gülle-Verwertung durch Biogaserzeugung gibt es schon länger und in den verschiedensten Ausführungen. Von der improvisierten Eigenbau-Lösung bis hin zur hoch technisierten Anlage. Ein Beispiel für Letzteres steht in Pfitsch in der Nähe von Sterzing. Als Biogas Wipptal war die Biogasproduktion aus Gülle dort vor sechs Jahren gestartet. Soeben hat sie sich neu aufgestellt.
Der Name ist jetzt biwi, es gibt neues Führungspersonal und dank engagierter Investoren wurde die Anlage erneuert und wesentlich vergrößert. biwi verfolgt bei der Gülle-Verwertung einen Ansatz, der mehrfach ausgezeichnet und von der EU als Vorzeigemodell gepriesen wurde. Es geht nicht wie bei ähnlichen Anlagen um etwas Stromgewinnung aus den entstehenden Gasen. Hier geht es um vollständige Verwertung der Gülle mitsamt der gesamten Energie, die man aus jedem Element gewinnen kann.
Vereinfacht kann der Prozess so beschrieben werden: Die Landwirte liefern die Gülle, von der bleibt am Ende nichts übrig außer Dünger in verschiedenen Ausformungen bis hin zu Pellets, klares Wasser, Kohlendioxid für die Lebensmittelindustrie und LNG. Das ist verflüssigtes Biogas, ein komprimierter Energielieferant, der als CO2-neutraler Treibstoff auch schwer beladene Lkw sehr weit tragen kann. Dafür hat biwi eine Bio-LNG-Tankstelle direkt vor der Anlage.
In Südtirol nimmt das öffentliche Interesse, gemessen an der Einfachheit und Effektivität der Lösung erstaunlich langsam Fahrt auf. Doch es tut sich etwas: Bei einer Fachveranstaltung zum Thema Agrarenergie wird Manfred Gius, biwi-Geschäftsleiter das Modell vorstellen. Es bleibt im Sinne einer nachhaltigen Landwirtschaft in Südtirol zu hoffen, dass viele der Anwesenden genau hinhören.
Im Lager der Milchbauern muss wohl noch etwas Überzeugungsarbeit geleistet werden, damit vertraute Pfade verlassen und der Schritt hin zur Nachhaltigkeit gewagt wird. Dabei liegen die Vorteile klar auf der Hand: Der landwirtschaftliche Betrieb gibt seine gesamte Gülle ab und bekommt genau den Dünger zurück, den er wirklich braucht – leicht dosierbar und geruchsneutral. Die Umgebung wird es danken, vor allem, wenn dort Tourismus betrieben wird.
Die Südtiroler Milchwirtschaft könnte durch die Verwertung der Gülle, wie biwi sie betreibt, ein starkes Marketing-Argument an die Hand bekommen. Die Südtiroler Milchprodukte würden dann mit einer weit besseren CO2-Bilanz als jene der Mitbewerber werben können. Darum könnte dann Südtirol wieder beneidet werden, um die nachhaltige, kleinteilige Milchwirtschaft, die Nitrat-Diskussionen nicht mehr nötig hat.