Von: luk
Bozen – Die vom ASTAT veröffentlichten Zahlen zur Entlohnung im öffentlichen Dienst seien keine Richtschnur für die laufenden Verhandlungen zum bereichsübergreifenden Kollektivvertrag der öffentlich Bediensteten, mahnt AFI-Direktor Stefan Perini: „Zu kurz der Beobachtungszeitraum, zu unterschiedlich die verglichene Grundgesamtheit.“
Gestern hat das Landesinstitut für Statistik Daten zur Lohnentwicklung im öffentlichen Dienst im Zeitraum 2014-2017 veröffentlicht. Dazu AFI-Direktor Stefan Perini: „Die ASTAT-Zahlen sind rechnerisch korrekt, nur sagen sie herzlich wenig darüber aus, wie es um die effektiven Lohnbiografien von öffentlich Bediensteten in Südtirol im letzten Jahrzehnt bestellt ist. Mit 2014-2017 ist der Zeitraum erstens kurz und zweitens fallen die einzigen zwei Lohnerhöhungen, die es seit 2011 gegeben hat, genau in den Untersuchungszeitraum der ASTAT-Analyse“. Weiters seien die vom ASTAT ausgewiesenen Durchschnittswerte maßgeblich durch sogenannte „Struktureffekte“ bestimmt, die dann auftreten würden, wenn Verschiebungen in den zu vergleichenden Grundgesamtheiten zum Tragen kommen, so Perini. Mit Blick auf die laufenden Kollektivvertragsverhandlungen umfasse die Statistik außerdem auch rund 12.000 Personen außerhalb des Anwendungsbereichs des BÜKV wie Staatsangestellte, Gericht, Militär und Polizei.
Die ASTAT-Zahlen
2014 verdienten die 51.850 öffentlich Bediensteten in Südtirol im Schnitt 32.786 Euro brutto. 2017 strichen die Beamten, deren Zahl inzwischen auf 54.868 angewachsene war, im Schnitt 33.722 € brutto ein. Das entspricht rechnerisch einem nominellen Zuwachs von +2,9 Prozent, was bei einer Inflation von 2,7 Prozent im Zeitraum 2014-2017 zu einem realen Zuwachs von +0,2 Prozent führt. Was man wissen muss: Die Durchschnittswerte sind das Ergebnis einer einfachen Division zwischen der Lohnsumme und der Personenzahl im entsprechenden Jahr. Nicht berücksichtigt werden Verschiebungen in den Grundgesamtheiten, bedingt durch Arbeitsausmaß, Qualifikation, Vertragsart und -dauer, Alter, Wirtschaftssektor, um es bei den wichtigsten Faktoren zu belassen.
Das AFI rechnet vor
Der Bereichsübergreifende Kollektivvertrag (kurz: BÜKV) regelt das Arbeitsverhältnis von knapp 40.600 öffentlich Bediensteten in Südtirol. Die gültigen Lohntabellen gehen auf April 2010, also fast zehn Jahre, zurück. Mit 1. Juli 2016 kommt schließlich eine erste Lohnerhöhung von 480 Euro brutto pro Jahr, mit 1. Juli 2017 die zweite immer im Ausmaß von 480 Euro brutto pro Jahr. Zumal es sich um einen Pauschalbetrag handelt, macht dies anteilmäßig bei den niedrigen Gehaltsstufen mehr aus als bei den höheren. Die beiden Erhöhungen kommen für die erste und niedrigste Funktionsebene einer Lohnsteigerung von +5,6 Prozent gleich, für die neunte und höchste einer Lohnsteigerung von +2,9 Prozent. In der Zwischenzeit (April 2010 – April 2019) ist die Inflation in Bozen allerdings um genau +16 Prozent angestiegen. Will heißen: Trotz dieser beiden Aufbesserungen bleiben die Basislöhne der öffentlich Bediensteten immer noch zwischen zehn und 13 Prozent hinter den Lebenshaltungskosten zurück.
Und mit Gehaltsvorrückungen?
Die meisten öffentlich Bediensteten haben im Zehn-Jahres-Verlauf Gehaltsvorrückungen, sogenannte „scatti“, erhalten, die so gut wie automatisch gewährt werden. Abgesehen davon, dass diese Gehaltsvorrückungen ein Leistungselement und nicht ein Element des Inflationsausgleichs sind, hat das AFI anhand von Fallbeispielen nachgewiesen, dass lediglich die neu ab 2010 eingestellten Bediensteten eine über die Inflation hinausgehende Gehaltsentwicklung erzielen konnten. Dies erklärt sich dadurch, dass die Vorrückungen in den ersten acht Dienstjahren verhältnismäßig stark zu Buche schlagen. Allerdings betrifft dies einen relativ kleinen Teil der Beschäftigten. Alle anderen, die vor 2010 in den öffentlichen Dienst eingetreten sind, konnten den inflationsbedingten Kaufkraftverlust trotz Vorrückungen nicht wettmachen, und zwar quer durch alle Funktionsebenen.
Stellungnahme von AFI-Präsident Dieter Mayr
„Wollen wir in Südtirol auf eine attraktive und moderne öffentliche Verwaltung abzielen, ist Einiges zu tun: die Überalterung der Bediensteten, die hohe Anzahl an prekären Arbeitsverhältnissen und der für eine öffentliche Verwaltung hohe Gender Pay Gap sind herausfordernde Baustellen. Zusätzlich ist der reale Kaufkraftverlust beträchtlich, vor allem wenn man über den Berechnungszeitraum des ASTAT hinaus genauer hinschaut.“