Von: apa
Photovoltaik-Paneele über Obstkulturen produzieren nicht nur Strom, sondern bieten Pflanzen auch Schutz vor Frost und Regen. Das zeigten erste Ergebnisse an der Versuchsstation für Obst- und Weinbau Haidegg des Landes Steiermark, die seit zwei Jahren eine Agri-PV-Anlage testet. “Der Klimawandel bringt von allem mehr – Hagel, Hitze, Frost, Trockenperioden”, sagte Leonhard Steinbauer, Leiter der Station. Die Flächen werden zugleich für Ernährungs- und Energieproduktion genutzt.
Äpfel, Kirschen, Marillen, Zwetschken – auf rund 5.000 Quadratmetern wachsen im Grazer Osten sieben Obstarten unter 1.134 Photovoltaik-Modulen. Diese sind zu 49 Prozent lichtdurchlässig und weisen darum eine etwas geringere Leistung auf. Um die Auswirkungen der PV-Anlage auf Ertrag, Fruchtqualität und Pflanzengesundheit vergleichen zu können, wurden dieselben Obstarten parallel unter freiem Himmel, teilweise unter Hagelnetzen, angebaut. Nach dem Spätfrost im April zeigt sich nun: In den Steinobst-Reihen ohne Überdachung sind Mitte Mai braune, vertrocknete Blätter und kaum Früchte zu finden. Deutlich größer waren die Spalierbäume unter den Solarzellen, sie trugen bereits einige kleine Früchte.
“Die Photovoltaik bewirkt, dass die Bäume gesünder bleiben und im Herbst länger wachsen”, erklärte Steinbauer. Es habe sich gezeigt, dass jene unter dem PV-Aufbau mehr und qualitätsvollere Blütenknospen bildeten. Es sei zu früh für Aussagen, wie gut die Module vor dem Frost im April schützen konnten: “Man weiß nicht, was im Fruchtgewebe passiert ist. Aber es schaut im Moment spektakulär besser aus”, zeigte sich Steinbauer zuversichtlich. Jedenfalls konnte bereits festgehalten werden, dass es unter der PV-Anlage um rund 0,25 Grad Celsius wärmer ist. Das liegt am Carport-Effekt – wie bei Autos unter einem Deck ist die Temperatur unter den Paneelen etwas höher.
Durch die PV-Überdachung sind die Obstkulturen auch vor Regen geschützt. Zahlen aus Haidegg zeigen, dass die Blattnässedauer pro Tag unter den Modulen deutlich kürzer ist. Dadurch könne man auf chemische Schutzmittel gegen Pilze, wie sie auch in biologischem Anbau verwendet werden, verzichten. “Sind die Blätter nass, ist das zum Beispiel für den Schorfpilz ideal. Der kann ganze Ernten vernichten”, so Steinbauer. Die Paneele sind reihenmäßig über den Pflanzen angeordnet. Dazwischen kommt Regenwasser durch, das durch die Neigung des Hangs zu den Bäumen rinnt.
Hagel sei laut Steinbauer eine der Herausforderungen: “Die Körner sind wie bei einem Billardtisch an den PV-Modulen abgeprallt und in die nächste Reihe auf die Pflanzen geflogen.” Netze zwischen den Reihen könnten zusätzlich schützen. “Und der echte Mehltau fühlt sich hier sehr wohl.” Man wolle nun Lösungen gegen diese Pilzerkrankung, die trockene Blätter befällt, erarbeiten.
“Der erste Fokus bei Photovoltaik bleibt bei vorbelasteten Flächen wie Dächern, Parkplätzen oder Straßen”, sagte Franz Grießer, Leiter der Abteilung Land- und Forstwirtschaft des Landes Steiermark. “Durch Agri-PV können wir uns aber nicht nur in der Ernährung, sondern auch in der Energie absichern”, unterstrich er. Es ergebe sich mit der Energieproduktion eine zweite Einnahmequelle für Landwirtinnen und -wirte.
Pro Jahr produziert die durch Bund und Land finanzierte Anlage rund 385.000 Kilowattstunden Strom, der hauptsächlich vor Ort in Haidegg genutzt wird. Sie wurde vom Unternehmen Ecowind errichtet und im Juni 2022 in Betrieb genommen. Die Forschung geht in den kommenden Jahren weiter, es soll eine nachhaltige Biostrategie entwickelt werden. Die Finanzierung für eine Erweiterung der Anlage sei bereits durch das Land Steiermark gesichert, sagte Steinbauer. Agri-PV sei nicht für alle Obstbäuerinnen und -bauern geeignet, es brauche etwa geeignete Infrastruktur wie Leitungen.