Ferenc Krausz ist Pionier auf dem Gebiet der Attosekundenphysik

Physik-Nobelpreis für Pioniere der Attosekundenphysik

Dienstag, 03. Oktober 2023 | 16:47 Uhr

Von: APA/dpa

Nach Anton Zeilinger im Vorjahr bekommt heuer wieder ein Österreicher den Physik-Nobelpreis: Wie die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften in Stockholm bekannt gab, erhalten der österreichisch-ungarischen Physiker Ferenc Krausz, sein in den USA tätiger Kollege Pierre Agostini und die in Schweden arbeitende Physikerin Anne L’Huillier die Auszeichnung. Die drei sind Pioniere der Attosekunden-Physik, die mit ultrakurzen Lichtpulsen Elektronen sichtbar macht.

Die drei Physiker und Physikerinnen werden “für experimentelle Methoden, die Attosekunden-Lichtimpulse zur Untersuchung der Dynamik von Elektronen in Materie erzeugen” ausgezeichnet, begründete das Nobelpreis-Komitee seine Entscheidung. Damit könne man “nun die Tür zur Welt der Elektronen öffnen”. Attosekunden-Physik, die ultraschnelle Bewegungen von Elektronen in Echtzeit beobachtet und erforscht, mache es nun möglich, “jene Mechanismen zu verstehen, die durch Elektronen gesteuert werden”, sagte Eva Olsson, Vorsitzende des Nobelpreiskomitees für Physik.

Krausz, Agostini und L’Huillier eröffneten mit ihren Arbeiten die Möglichkeit, Prozesse zu untersuchen, die sich bis dahin durch ihre Schnelligkeit jeglicher Beobachtung entzogen haben. In der Welt der Elektronen fänden Veränderungen in wenigen Zehntel Attosekunden statt, so das Nobelpreiskomitee, und weiter: “Eine Attosekunde ist so kurz, dass es in einer Sekunde so viele davon gibt, wie es Sekunden seit der Entstehung des Universums gibt”, oder anders ausgedrückt: Eine Attosekunde ist ein Milliardstel einer Milliardstel Sekunde (0,000.000.000.000.000.001 Sekunden). Mit Lichtpulsen mit der Dauer von wenigen Attosekunden lassen sich Bilder von Vorgängen in Atomen und Molekülen erzeugen, etwa wie sich Elektronen bewegen oder Energie tauschen.

Die Grundlagen für die Forschungsleistung habe die in Schweden arbeitende, in Frankreich geborene Physikerin L’Huillier gelegt, hieß es. Sie entdeckte, dass viele verschiedene sogenannte Obertöne des Lichts entstehen, wenn man infrarotes Laserlicht durch ein Edelgas schickt und das Laserlicht mit den Gasatomen wechselwirkt. Darüber erhalten einige Elektronen zusätzliche Energie, die als Licht emittiert wird. Sie legte damit den Grundstein für Experimente, die ihre beiden Co-Preisträger erstmals 2001 durchführten: Agostini und Krausz konnten damals beide unabhängig voneinander Attosekunden-Lichtpulse erzeugen.

Krausz, geboren am 17. Mai 1962 in Mor (Ungarn), studierte zunächst in Budapest und schloss 1991 sein Physik-Doktorat an der Technischen Universität (TU) Wien ab, wo er dann mehr als ein Jahrzehnt tätig war. 2003 wurde er zum Direktor am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching ernannt, seit 2004 ist er Professor für Physik an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München, hat aber nach wie vor engen Kontakt zur TU, wo er weiterhin als Honorarprofessor tätig ist. Bei einem Pressegespräch in München meinte Krausz, dass die Auszeichnung “große Demut gebietet”. Seit dem Anruf aus Stockholm versuche er herauszufinden, ob dies die Realität sei – “es gibt mittlerweile gewisse Hinweise, dass dies die Realität ist”.

“Einfach fantastisch”, sagte L’Hullier, die erst die fünfte Frau in der Reihe der Physik-Nobelpreisträger ist und am 29. Jänner 2024 einen öffentlichen Vortrag an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Wien halten wird, in ihrer ersten Reaktion. Sie hatte gerade unterrichtet und nach dem dritten oder vierten verdächtigen Anruf abgehoben: “Es war dann etwas schwierig, weiter zu unterrichten”, so die Wissenschafterin, die sich “sehr berührt” zeigte. Der Preis zeige auch, dass es in der Grundlagenforschung Zeit brauche, “um Anwendungen zu sehen”, die in Richtung Industrie, Medizin oder Chemie gingen.

Glückwünsche an Krausz kamen u.a. von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), Wissenschaftsminister Martin Polaschek (ÖVP), Akademie-Präsident Heinz Faßmann und FWF-Chef Christof Gattringer. Der Physik-Nobelpreisträger des Vorjahres, Anton Zeilinger, hat den diesjährigen Preisträger Ferenc Krausz schon lange auf der Liste der möglichen Kandidaten für die Auszeichnung gesehen. Er habe Krausz besucht, als er noch sein Labor an der Technischen Universität (TU) Wien hatte, und schon damals “das Gefühl gehabt, das ist etwas ganz Besonderes”, sagte er zur APA. Am Institut für Photonik der TU Wien, wo Krausz in seiner Wiener Zeit arbeitete, freute man sich “gigantisch” über die Zuerkennung des Preises an Krausz, mit dem es weiter enge Verbindungen gebe. “Das ganze Institut ist am Feiern”, sagte Institutsvorstand Karl Unterrainer. Im Bereich der Attosekunden-Physik sei man weiter aktiv, “wir entwickeln diese Technik natürlich weiter”.

(S E R V I C E – https://www.nobelprize.org/)