Von: apa
Die Zukunft des aktuell wohl prominentesten Rohbaus in Wien ist mit dem heutigen Tag noch ungewisser. Die Projektgesellschaft des geplanten Signa-Kaufhauses Lamarr auf der Wiener Mariahilfer Straße ist nun auch pleite. Am Freitag sei am Handelsgericht Wien ein Konkursverfahren über das Vermögen der “Mariahilfer Straße 10-18 Immobilien GmbH” eröffnet worden, gaben die Gläubigerschützer AKV, Creditreform und KSV1870 bekannt.
Durch die Insolvenz des Signa-Flagschiffes Signa Prime Selection sei die Finanzierung der Baufertigstellung nicht mehr gesichert. Die nun insolvente Projektgesellschaft schuldet Banken laut Gläubigerschützern 260 Mio. Euro und Lieferanten 16,5 Mio. Euro. In Summe sind etwa 77 Gläubiger betroffen. Zudem ist die Liegenschaft mit einem Pfandrecht von 390 Mio. Euro belastet. Dieses liegt bei der Bank Austria (295 Mio. Euro) und der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich (95 Mio. Euro).
Zum Insolvenzverwalter wurde Clemens Richter ernannt. Gläubiger können ihre Forderungen bis 20. März anmelden, die Berichts- und Prüfungstagsatzung findet am 3. April statt.
Die Projektgesellschaft “Mariahilfer Straße 10-18 Immobilien GmbH” aus dem Hause Signa rund um den Tiroler Investor Rene Benko wurde 2021 gegründet und hatte die Errichtung und Entwicklung eines großen Kaufhauses samt Hotel zum Ziel. Zuvor stand an dieser Adresse der Flagship-Store der Möbelkette Leiner, das oberste Stockwerk bewohnte der frühere Kika/Leiner-Eigentümer Herbert Koch mit seiner Familie.
Im Frühjahr 2025 hätte das mehrstöckige Kaufhaus, das nach der aus Wien stammenden Hollywooddiva und Erfinderin Hedy Lamarr benannt ist, eröffnet werden sollen. Mit den Signa-Pleiten ist es um das Projekt immer ruhiger geworden, seit Dezember stehen die Bauarbeiten faktisch still. Im Juni 2023 war der Rohbau fertig gestellt worden und Signa lud Medienvertreter noch zu einem Dachgleichen-Pressetermin ein.
Das Unternehmen habe sich in den vergangenen Wochen intensiv darum bemüht, die notwendige Finanzierung der Baufertigstellung sicherzustellen, heißt es vom KSV1870. Insbesondere seien mit potenziellen Investoren Gespräche geführt worden. Diese Gespräche seien bisher noch nicht erfolgreich. Vor diesem Hintergrund musste ein Konkursverfahren beantragt werden.
Grundsätzliches Interesse an dem Objekt hat der Handelskonzern Spar. “Um das Hedy Lamarr – also damals den Leiner in der Mariahilfer Straße – haben wir uns schon vor dem Verkauf an René Benko sehr bemüht, sind aber nicht zum Zug gekommen”, sagte Spar-Vorstandschef Hans Reisch in einem Interview. “Das wäre nach wie vor ein Asset, an dem wir interessiert wären. Konkret ist aber nichts.” Spar-Sprecherin Nicole Berkmann sagte am Freitag auf APA-Anfrage: “Wir haben dort nichts vor. Der Standort ist interessant, aber es gibt dazu aktuell weder Ideen, noch Pläne noch Gespräche.”
Die insolvente “Mariahilfer Straße 10-18 Immobilien GmbH” gehört laut Firmenbuch (“WirtschaftsCompass”) zu jeweils 50 Prozent der Signa Prime Capital Invest GmbH und der Skyred Holding 9 mit Sitz in Luxemburg. Die Signa Prime Capital Invest ist eine Tochtergesellschaft der insolventen Signa Prime Selection AG und die Skyred Holding 9 ist ein mittelbares Tochterunternehmen der thailändischen Central Group. Die auch zur Signa und Central Group gehörende KaDeWe Gruppe wäre als Betreiber des Lamarr vorgesehen gewesen. Auf APA-Anfrage äußerte sich das KaDeWe vorerst nicht zu den Kaufhausplanungen in Wien.
Die Grünen erinnerten am Freitagabend in einer Aussendung daran, dass auf dem Dach der Mariahilfer Straße 10-18, also dem “Lamarr” ein vom Bezirk Neubau initiierter öffentlicher Dachpark geplant sei. “Der Dachpark wurde im Rahmen des Bescheids zur Baugenehmigung zwischen der Stadt Wien und dem Eigentümer schriftlich fixiert. Ohne den öffentlich zugänglichen Dachpark wird die Fertigstellung nicht positiv bescheidet. Daran ändert auch der Insolvenzantrag nichts”, hielt dazu Markus Reiter, grüner Bezirksvorsteher von Wien Neubau fest. “Alle Rechte und Pflichten wandern an allfällige neue Eigentümer über.” Zuvor hatten die Bezirks-NEOS den Dachpark ihrerseits thematisiert und angezweifelt, dass dieser aufgrund des Konkurses der “Lamarr”-Betreibergesellschaft tatsächlich umgesetzt werde. “Die weiteren Entwicklungen des Großprojekts sind auch für unseren Bezirk von höchster Relevanz”, meinte die pinke Bezirkspolitikerin Julia Deutsch in einer Aussendung am Nachmittag.