Von: ao
Bozen – Südtiroler Fernheizwerke sollen gesamtstaatlich geltenden Regulierungsvorgaben unterworfen werden. Der Südtiroler Energieverband (SEV) vertritt deren Interessen – und wehrt sich gegen dieses Vorhaben.
Die Aufsichtsbehörde für Strom und Gas (AEEGSI) will die italienischen Fernheizwerke regulieren – und hat inzwischen weitreichende Vorschläge vorgelegt. „Wenn diese Maßnahmen wie geplant umgesetzt werden, gefährdet das – auch aufgrund des hohen Verwaltungsaufwands – den Bestand vieler Südtiroler Fernheizwerke“, sagt SEV-Präsident Hanspeter Fuchs, der das genossenschaftlich organisierte Fernheizwerk Toblach-Innichen als Obmann leitet. Zudem sollen die Regulierungsvorschriften für „einen Großbetrieb in Mailand ebenso gelten wie für das E-Werk in Prad, das auch Fernwärme liefert.“ Zur Erinnerung: Mit 77 Anlagen verfügt Südtirol über die höchste Konzentration von Fernheizwerken in Italien. 46 Fernheizwerke gehören dem SEV an – der deren Interessen gegenüber der AEEGSI vertritt.
Der Hintergrund: Das Legislativdekret 102 aus dem Jahr 2014 beauftragt die AEEGSI nicht nur, Qualitäts- und Sicherheitsstandards im Bereich der Fernwärme festzulegen, sondern auch Kriterien für die Preisgestaltung bei Neuanschlüssen sowie Verfahren zur Publikation und Gegenüberstellung der eingeforderten Preise zu entwickeln. Gesamtstaatlich gültige Qualitätsstandards – wie etwa verbindliche Zeitrahmen für Wartungsarbeiten, den Ersatz von Wärmezählern, die Installation von Neuanschlüssen oder für Terminvereinbarungen – sollen laut den Vorgaben der AEEGSI in den kommenden vier Jahren italienweit eingeführt werden.
Dabei müssen sämtliche Dienstleitungen, die diesen Standards unterliegen, erst im Betrieb aufgezeichnet und dann der AEEGSI gemeldet werden. Bei der Nichteinhaltung der Vorgaben werden Fernheizwerkbetreiber zu Entschädigungszahlungen verpflichtet. „Wenn der derzeit vorliegende Vorschlag der AEEGSI umgesetzt wird, sind der Großteil aller Fernheizwerke in Südtirol gezwungen, Mindeststandards einzuhalten, die mit der betrieblichen Realität und den Bedürfnissen der Kunden häufig nichts zu tun haben“, sagt SEV-Präsident Hanspeter Fuchs. So bemühe sich der SEV – wie auch die Fernheizwerkbetreiber in Südtirol – um höchste Qualität und Innovation. Nur: „Man kann nicht Richtwerte und bürokratische Verfahren zentral festlegen und allen Betrieben – unabhängig von der Situation vor Ort – aufzwingen“.
Die Regulierungsmaßnahmen sind zwar noch nicht in Kraft getreten, aber die AEEGSI arbeitet seit März 2017 mit deren Umsetzung. Seitdem beteiligt sich der SEV mit dem Dachverband der italienischen Biomassefernheizwerke fiper an diesem Entscheidungsprozess – und hat seine Einwände gegen die Vorgehensweise der AEEGSI bei mehreren Sitzungen – zuletzt am 18. September im AEEGSI-Sitz in Mailand – sowie in schriftlichen Stellungnahmen hinterlegt.
Stichwort Preisüberwachung: Das von der AEEGSI entwickelte Regulierungssystem sieht die periodische Übermittlung umfangreicher Datensätze und einen standardisierten Preisvergleich für vorgegebene Verbrauchersegmente vor. „Wir haben natürlich nichts gegen Konkurrenz und Wettbewerb“, sagt SEV-Direktor Rudi Rienzner. „Nur macht es eben einen Unterschied, ob ein Fernheizwerk auf 1.000 Metern steht oder im Tal, ob Biomasse verbrannt wird oder etwa Erdgas, ob Häuser der Klimaklasse G oder B beliefert werden oder ob es sich um eine Genossenschaft oder einen Privatbetrieb handelt“. Es sei daher nicht zielführend, Preise und Kundentypen in einem standardisierten Verfahren festzulegen. Die Anbieterpreise seien auch an lokale Förderungssysteme gebunden. Ein objektiver Vergleich sei daher „nicht möglich“.