Stolpersteine verderben Schnäppchen

Reisebuchungen online: Günstige Angebote oder teure Gebührenfalle?

Dienstag, 11. April 2017 | 12:47 Uhr

Von: luk

Bozen – Bequem, einfach, billig – so stellt man es sich vielleicht vor, wenn man von zu Hause aus den Urlaub bucht. Aber hohe Bearbeitungskosten und weitere Stolpersteine können so manches vermeintliche Schnäppchen verderben. Eine von der Europäischen Kommission veröffentlichte Untersuchung bestätigt diesen Eindruck.

Vor kurzem haben die Marktaufsichtsbehörden von 28 Staaten (26 EU-Mitgliedsstaaten, Norwegen und Island) insgesamt 352 Preisvergleichs- und Reisebuchungsportale überprüft. Dabei hat sich herausgestellt, dass 235 Webseiten nicht zuverlässig über Preise informiert haben: Dies entspricht zwei Drittel der überprüften Portale. Im Detail entsprach bei 32,1 Prozent der Seiten der zuerst angegebene Preis nicht dem Endpreis auf der Buchungsseite, bei 30,1 Prozent der überprüften Seiten wurde der Endpreis (inklusive Steuern) nicht klar und deutlich aufgeschlüsselt und 20,7 Prozent der Webseiten bewarben Sonderangebote, welche bei Buchung nicht erhältlich waren. Auch bezüglich Verbraucherbewertungen, Informationspflicht des Anbieters und Verfügbarkeit des Angebotes sind Ungereimtheiten aufgefallen.

Müssen die Betreiber der untersuchten Webseiten mit Konsequenzen rechnen? Ja, so werden die Plattformen bei denen Unregelmäßigkeiten aufgefallen sind, nun von den zuständigen Verbraucherschutzbehörden kontaktiert und zur Aufhebung der Probleme aufgefordert. Sollte geltendes EU-Recht weiterhin umgangen werden, können Gerichtsverfahren eingeleitet werden. Věra Jourová, Kommissarin für Justiz, Verbraucher und Gleichstellung, meinte dazu: „Die betreffenden Unternehmen müssen die europäischen Verbraucherschutzvorschriften genauso einhalten wie Reisebüros. (…) Die Verbraucher sollten online in gleichem Maße geschützt sein wie offline.“

Auch das Netzwerk der Europäischen Verbraucherzentren (Ecc-Net) zählt zahlreiche Verbraucherbeschwerden in Hinblick auf Reiseportale und im Folgenden erklärt das EVZ Bozen, mit welchen Schwierigkeiten der Verbraucher bei der Online-Reisebuchung konfrontiert wird.

“Die erste „Falle“ lauert für den Verbraucher sogleich bei Vertragsabschluss: Der Kunde ist nämlich schon an die Buchung gebunden, wenn er auf „Kostenpflichtig buchen“ (oder eine ähnliche, eindeutige Formulierung) klickt. Im Internet reicht also ein Klick aus, um einen rechtlich verbindlichen Vertrag abzuschließen und ein Klick zu viel kann mitunter teuer werden: Ein kostenloser Rücktritt innerhalb von 14 Tagen, wie bei Online-Käufen üblich, ist im Freizeit- und Urlaubssektor im Normalfall nicht möglich, wenn ein spezifischer Termin oder Zeitraum für die Erbringung der Dienstleistung vorgesehen ist. Die Stornierung der Buchung kann somit meistens nur gegen Bezahlung einer Stornogebühr vorgenommen werden.

Die Frage, ob die Online-Plattformen auch wirklich billiger sind, lässt sich nicht so leicht beantworten. Der zu Beginn angezeigte Preis bei Online-Portalen erscheint zwar oft sehr günstig, im Laufe des Buchungsverfahrens kommen jedoch häufig noch weitere Gebühren, wie z. B. Bearbeitungsspesen oder Gebühren für ein bestimmtes Zahlungsmittel hinzu. So aufdringlich bei manchen Portalen die Zusatzdienstleistungen wie Reiseversicherungen oder zusätzliches Gepäck beworben werden, so versteckt sind die teils ungerechtfertigt hohen Servicegebühren, welche oft erst am Ende des gesamten Buchungsverfahrens angezeigt werden. Rechtlich gesehen muss der zu zahlende Gesamtpreis von Beginn an angezeigt werden, und eventuelle Zusatzdienstleistungen müssen eigens vom Verbraucher angeklickt werden (sogenanntes Opt-In). Lassen Sie sich von bedrohlichen Formulierungen bezüglich Abschluss einer Reiseversicherung oder anderer Zusatzdienstleistungen nicht einschüchtern, wenn Sie diese nicht wirklich benötigen! Außerdem muss zumindest ein gängiges Zahlungsmittel ohne Aufpreis angeboten werden.Achten Sie außerdem auf die Tarifdetails, so bietet der billigste Tarif oft keine Umbuchungsmöglichkeit und kann, z. B. bei Flugreisen, die Gepäckanzahl limitieren. Ein teurerer Tarif kann unter Umständen umbuchbar oder stornierbar sein. Außerdem lohnt es sich, Screenshots des Buchungsvorganges anzufertigen, damit die Zwischenschritte auch im Nachhinein nachvollziehbar sind (um z. B. zu beweisen, dass Vor- und Nachname korrekt eingegeben wurden).”

“Um böse Überraschungen zu vermeiden, sollten Sie sorgfältig Preise vergleichen (z. B auf anderen Plattformen) und auch überprüfen, wie viel eine Buchung direkt bei der Fluglinie, Autoverleih usw. kostet. Wenn Sie einen Ansprechpartner in Ihrer Nähe wünschen, Wert auf Beratung legen oder zusätzliche Informationen zum Reiseland oder zu VISA-Bestimmungen einholen möchten, dann bietet es sich an, die Traumreise „offline“ im Reisebüro Ihres Vertrauens zu buchen. Im Falle einer fehlenden Buchungsbestätigung sollte man keinesfalls vorschnell ein zweites Mal buchen, denn so kommt es häufig zu übereilten Doppelbuchungen, welche eben nicht kostenlos storniert werden können. In den Tagen nach der Buchung sollten Sie unbedingt Ihren Spam-Ordner im Auge behalten, da das Bestätigungs-E-Mail unter Umständen dort landet”, so das EVZ.

“Ein weiterer Stolperstein lauert bei Beschwerden oder Fragen, denn es ist oft sehr schwierig, mit dem Online-Portal Kontakt aufzunehmen, und die teils sehr hohen Kosten der Telefonhotlines erschweren die Kontaktaufnahme für den Verbraucher zusehends, vor allem wenn es kurz vor Abfahrt noch etwas zu klären gibt. Diesbezüglich ist ein kürzlich veröffentlichtes Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) von großer Bedeutung, welches kostenpflichtige Telefonnummern bei Beschwerde-Hotlines verbietet (siehe http://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2017-03/cp170021de.pdf).

Bei Reklamationen oder Fragen zur Vertragsleistung sollten Sie sich wenn möglich direkt an den Vertragspartner wenden. Die Buchungsportale treten bei Reisebuchungen meist als Vermittler auf und sind bezüglich Erbringung der eigentlichen Vertragsleistung nicht Vertragspartner. Das bedeutet, dass z. B. auch wenn der Flug bei einem Online-Portal gebucht wurde, die Beschwerde bei Kofferverlust an die Fluggesellschaft eingereicht werden muss”, so das EVZ.

 

Bezirk: Bozen