Von: mk
Bozen – Die Antikorruptionsbehörde ANAC hat am 31. Mai einen Beschluss gefasst hat, wonach ein PPP-Projekt in Felletri bei der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen nicht anwendbar ist. Dass damit die PPP-Pläne der SAD in Gefahr geraten, glaubt CEO Ingemar Gatterer allerdings nicht, wie er in einem offenen Schreiben an Landeshauptmann Arno Kompatscher mitteilt.
„Der Beschluss von ANAC war uns selbstverständlich bekannt, wobei dieser die Rechtskonformität des von SAD und Libus eingereichten PPP-Projektes keinesfalls in Frage stellt“, betont Gatterer und verweist dabei auf ein entsprechendes Rechtsgutachten.
Das im Zusammenhang mit der Gemeinde Velletri ausgearbeitete Projekt berücksichtige laut Gatterer nämlich – im Vergleich zu jenem der SAD AG- eine Reihe von wichtigen Aspekten nicht.
Unabhängig davon will Gatterer auf folgende Punkte aufmerksam machen: Die Verordnung 1370/2007 schreibe keine Methodik der Konzessionsvergabe vor. „Sie merkt lediglich an, dass das für die wettbewerbliche Vergabe angewandte Verfahren allen Betreibern offen stehen, fair sein und den Grundsätzen der Transparenz und Nichtdiskriminierung genügen muss (siehe Art. 5 Abs. 3 der VO 1370/2007). Die Verordnung beschränkt sich daher auf die allgemeinen Grundsätze des Vergaberechts. Eine Abwicklung nach PPP ist eine zulässige Form des Vergaberechts da sie anerkannter, integrierter und definierter Bestandteil der italienischen Vergabeordnung 50/2016 ist. PPP entspricht demnach aus vergaberechtlicher Sicht dem Postulat von Transparenz und Nichtdiskriminierung und demnach automatisch auch allen anderen Grundsätzen von Transparenz und Nichtdiskriminierung einschließlich jenem der genannten Verordnung. Für die Zulässigkeit entscheidend ist demnach vielmehr – unabhängig davon ob es sich um einen Dienstleistungstatbestand handelt oder nicht, ob das eingereichte PPP-Projekt mit einem besonderen Aspekt gekennzeichnet ist, welcher im gewöhnlichen Beschaffungsvorgang eines Ausschreibungsverfahrens nicht erwirkt werden kann“, so Gatterer.
Das PPP-Projekt der Gemeinde Velletri habe im Gegenzug zu jenem der SAD – unter anderem – den entscheidenden Aspekt des Profit-Sharing nicht zum Inhalt. „Wie bereits mehrfach angemerkt, haben über mehrere Jahre dauernde Verträge zwei entscheidende Kostentreiber, nämlich einerseits die Produktionskosten und andererseits die Produktivitätsentwicklung über den gesamten Vergabezeitraum. Ein gewöhnliches Ausschreibungsverfahren wirkt jedoch lediglich auf Produktionskosten, nicht auf Produktivität/Kosten/Preisentw icklung während der Vergabeperiode. Wir haben in unserem Projekt jedenfalls angemerkt, dass bei mindestens 0,5 Prozent Inflation und 0,5 Prozent Produktivitätsentwicklung über den gesamten Zeitraum bis zu 100 Millionen Euro zusätzlich an Profit erwirtschaftet werden kann, welcher mit der öffentlichen Verwaltung und den Mitarbeitern geteilt wird (dies deshalb, da ein statistischer Inflationsindex nie die unternehmensspezifische Kostenveränderung über den Vergabezeitraum hinweg berücksichtigen kann – der Preis entwickelt sich demnach unabhängig von der Kosten-/Ertragssituation des Unternehmens). Diese Berechnung gilt unabhängig davon, wo im Zuge der abschließenden Ausschreibung die Produktionskosten zugeschlagen werden. Die öffentliche Verwaltung muss sich daher bewusst sein, dass eine Ablehnung des Projektes in administrativer Hinsicht, das Risiko trägt, dass in einem Rekursverfahren ein Verwaltungsgericht zum Schluss kommt, dass der Ablehnungsgrund nicht rechtens ist. Der Richter kann die Verwaltung zwar nicht zwingen, das Projekt nochmals zu bewerten, das Urteil ist jedoch der Ausgang für sämtliche Schadenersatzforderungen – vor allem vonseiten des Rechnungshofes, da die Verwaltung eine Opportunität veruntreut hat, in hohem Maß öffentliche Mittel einzusparen“, betont Gatterer.
Er weist außerdem darauf hin, dass es bei diesem Projekt nicht darum gehe, zu bewerten, „ob SAD für die Landesverwaltung ein unter emotional menschlichen Aspekten vertretbarer Projektpartner ist, sondern darum, ob das Projekt aus materieller und qualitativer Sicht für das Land Südtirol opportun ist“. Die Verwaltung würde sich laut Gatterer wie ein virtueller Aktionär an den ökonomischen Vorteilen (nicht Nachteilen) des Projektes beteiligen – sie agiert demnach wie ein börsengesteuerter Akteur, welcher Marktchancen bewertet und im Sinne des Grundsatzes des “buon andamento della pubblica amministrazione” öffentliche Mittel profitbringend einsetzt.
„Denkt man den Sachverhalt zu Ende, muss man somit zum Schluss kommen, dass das von SAD/Libus vorgelegte PPP-Projekt (ohne einen ausufernden Rechtsstreit mit Schadenersatzforderungen in Millionenhöhe zu provozieren) von der Verwaltung erst dann begründet abgelehnt werden kann, nachdem festgestellt wird, dass sich in der Tat beim abschließenden PPP-Ausschreibungsverfahren nur ein Bieter am Verfahren beteiligt. In diesem Fall hätte das eingeräumte Vorrecht zugunsten des Projekteinreichers nämlich wohl dazu geführt, dass andere Akteure vom Verfahren Abstand genommen hätten, was wiederum für die öffentliche Verwaltung bedeuten würde, dass sie den Auftrag zwar zu den vorteilhaften Konditionen des Profitteilens, jedoch zu möglicherweise überhöhten Produktionskosten vergeben würde. Diesem Problem kann aber leicht Abhilfe geschaffen werden, indem die Verwaltung die Ausschreibung zurücknimmt, wenn nur ein Bieter am Verfahren teilnimmt“ argumentiert Gatterer.
Zusammengefasst bedeute das laut dem SAD-Chef: „Ein gewöhnliches Vergabeverfahren hat in materieller Hinsicht nur Wirkung auf Produktionskosten, da ein Profit-sharing von der Verwaltung nicht vorgegeben werden kann. Ein PPP-Verfahren ermöglicht eine Beteiligung der öffentlichen Verwaltung am materiellen Mehrwert über den gesamten Produktionszeitraum hinweg und garantiert ein Optimum der Produktionskosten über das abschließende Ausschreibungsverfahren, wenn mehrere Bieter mitwirken. PPP bringt demnach der öffentlichen Verwaltung eine zusätzliche Einsparungsoption von bis zu 100 Millionen Euro.“