Von: mk
Zürich – Welche neuen Entwicklungen gibt es beim kreislauforientierten Bauen, und was können wir uns hier von unseren Schweizer Nachbarn abschauen? Bei einer Fachexkursion nach Zürich, die von IDM Südtirol organisiert worden war, haben sich Akteurinnen und Akteure der Südtiroler Bauwirtschaft wichtige Anregungen und Informationen über dieses Thema eingeholt. Mit dabei waren zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter des strategischen IDM-Netzwerks SustainaBuild Network, wie lvh.apa-Präsident Martin Haller, Werner Kusstatscher vom Baukollegium, Andreas Auer, Präsident des Konsortiums bau.recycle oder Klaus Egger, Nachhaltigkeitsbeauftragter des Landes. In diesem Netzwerk arbeiten Unternehmen gemeinsam mit öffentlichen Institutionen und Verbänden an konkreten Lösungen für die wichtigsten Herausforderungen der Baubranche, wie eben auch Umweltverträglichkeit.
Nachhaltigkeit in der Baubranche hat in den letzten Jahren deutlich an Relevanz gewonnen. Eine sehr wirksame Strategie für nachhaltiges Bauen ist die Kreislaufwirtschaft. „Es gibt hier in Südtirol noch viel Potenzial für nachhaltiges Bauen, das ausgeschöpft werden kann“, sagt Vera Leonardelli, Direktorin Business Development von IDM. „Auf unserer Fachexkursion in die Schweiz konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer besonders gelungene Referenzbeispiele studieren und sich mit Experten vor Ort im Detail zu umweltpolitischen Ansätzen, innovativen Technologien und konkreten Aktionen zum kreislauforientierten Bauen austauschen.“
Viel Unterstützung zum Thema Kreislauf gibt es von Seiten des Landes Südtirol, das bereits eine übergreifende Vision für nachhaltige Entwicklung vorweisen kann. „Wir wollen auch in Südtirol eine Strategie der Kreislaufwirtschaft im Bauwesen konsolidieren“, sagt Klaus Egger. „Deshalb wollten wir uns direkt mit den Verantwortlichen in Zürich zu diesem Thema konfrontieren, gilt diese Stadt doch als Pionier und Vorreiter bei der Wiederverwertung von Baumaterialien“.
Wie man Restmaterialien aus der Marmorindustrie in der Architektur wiederverwenden kann, zeigte am ersten Tag der Exkursion ein Besuch bei NEST (Next Evolution in Sustainable Building Technologies) in Dübendorf bei Zürich. NEST ist ein modular aufgebautes Forschungsgebäude der EMPA (Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt), in dem neue Baustoffe und Systeme, aber auch zukünftige Wohn- und Arbeitsformen unter realen Bedingungen getestet, weiterentwickelt und validiert werden. In einem Forschungsprojekt zur Verwertung von Marmorresten, angesiedelt bei NEST, werden rechnerische Arbeitsabläufe und digitale Herstellungsprozesse entwickelt, die es möglich machen, Abfallplatten aus diesem wertvollen Material beim Bau als Ressource wieder problemlos einzusetzen. Die Forschungsarbeit wird von einem Doktoranden der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich durchgeführt und ist eine Kooperation mit der Lasa Marmor GmbH.
Die Gruppe aus Südtirol wurde auch durch diverse Versuchslabore (Units) von NEST geführt. Diese sind als Büros oder Wohnräume konzipiert und dienen als Plattformen für Forschung und Entwicklung unter realen Bedingungen. Ein Besuch in der Unit „Urban Mining & Recycling“ zeigte auf, wie ein verantwortlicher Umgang mit natürlichen Ressourcen mit einer ansprechenden Architektur kombiniert werden kann. Der Unit liegt die These zugrunde, dass alle zur Herstellung eines Gebäudes benötigten Ressourcen vollständig wiederverwendbar, wiederverwertbar oder kompostierbar sein müssen – der Kreislaufgedanke spielt hier also eine zentrale Rolle. In der Unit „Sprint“ hat sich Empa gemeinsam mit Partnern aus der Wirtschaft das Ziel gesetzt, innerhalb kürzester Zeit flexible Büroräumlichkeiten zu schaffen – und dies mit größtenteils wiederverwendeten Materialien. Die Idee dahinter: Bedürfnisse können sich von einem Moment auf den anderen ändern, und dem sollte bereits beim Bau Rechnung getragen.
Besichtigt wurde auch das dreistöckige DFAB HOUSE, das weltweit erste bewohnte Bauwerk, das nicht nur digital geplant, sondern – mit Robotern und 3D-Druckern – auch weitgehend digital gebaut und als „Smart Home“ umgesetzt wurde. Den Abschluss des ersten Exkursionstages bildete ein Besuch beim Kreislauflehrpfad der Eberhard Bau AG in Oberglatt, der plakativ aufzeigt, welche Herausforderungen es im Baustoffkreislauf gibt und welche Lösungen für die Baubranche bereits existieren.
Der zweite und letzte Tag der Fachexkursion stand im Zeichen des Austauschs mit dem Hochbauamt des Kantons Zürich und dem Amt für Hochbauten der Stadt Zürich. Beide Ämter agieren nach Standards des umweltgerechten und energieeffizienten Bauens, getreu dem Motto: „Nachhaltigkeit prägt Baukultur“.
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