Von: luk
Bozen – Die Signa-Gruppe von René Benko bleibt am Ball und will das Ötzi-Museum weiterhin auf den Virgl bringen. Heinz Peter Hager und weitere Vertreter der Signa haben heute beim Land ein sogenanntes PPP-Projekt eingereicht. Vorgesehen ist darin der Bau einer neuen Seilbahn vom Verdiplatz auf den Virgl und ein Kulturquartier. Dort sollen nicht nur das Archäologie-, sondern auch das Naturmuseum und ein Konzerthaus Platz finden. Die Signa will auch Gastronomiebetriebe auf den Virgl bringen und eine Naherholungszone einrichten. Die Investitionen von 170 Millionen Euro würde die Signa übernehmen.
Fast 3.000 Blatt Papier, zusammengefasst in 24 Aktenordnern: Mit einem vollbeladenen Bürowagen begab sich am Donnerstag, 9.9.2021, Heinz Peter Hager gemeinsam mit Technikern und Beratern von SIGNA zu den Büros der Vergabeagentur des Landes, um das PPP-Projekt Viva Virgolo offiziell einzureichen. Anschließend gaben Hager und PPP-Experte Prof. Arch. Enrico Nigris im Pastoralzentrum eine Pressekonferenz, in der sie die wesentlichen Eckpunkte des Entwicklungsprojektes am Virgl in Bozen, seine Besonderheiten und Auswirkungen für Bozen und Südtirol vorstellten.
Vor mehr als fünf Jahren hat sich SIGNA das Eigentum am 38 Hektar großen Gelände am Virgl, dem Berg im Herzen von Bozen, gesichert. Ruinen der früheren Seilbahn-Bergstation, eines Hotels und Restaurants und diverser Sporteinrichtungen sind heute stumme Zeugen davon, dass hier einst das volle Leben herrschte – bis 1976 mit Stilllegung der Seilbahn der Niedergang eintrat. „Von Anfang an war es unser Ziel, den Virgl für die Bürgerinnen und Bürger wieder zugänglich zu machen – er bietet grünen Freiraum im Herzen der Stadt“, so Heinz Peter Hager. „Heute können wir sagen: Wir haben in jahrelanger Arbeit ein Projekt entwickelt, welches das private Gelände öffentlich nutzbar macht, gleich mehrere seit Jahren ungelöste Probleme der öffentlichen Verwaltungen beseitigt und zugleich die öffentlichen Kassen nicht belastet. Wir verwandeln den Virgl in einen attraktiven Ort für die Bürgerinnen und Bürger, der zugleich ein Aushängeschild für das ganze Land mit internationaler Strahlkraft wird.“ Prof. Enrico Nigris aus Rom, Experte für urbane Entwicklungs- und PPP-Projekte, Universitätsprofessor und Regierungsberater, ist Mitautor des Projektes Viva Virgolo. Er bekräftigte: „Es ist wohl das schönste PPP-Projekt, welches ich in meiner Laufbahn gesehen habe.“
Was ist geplant?
Zunächst geht es darum, den Virgl mit der Stadt wieder zu verbinden: Eine Umlaufbahn bringt, ausgehend vom Verdiplatz, in nur 72 Sekunden die Menschen vom Talboden auf die 190 Meter höher gelegene Bergstation – eine Plattform mit Aussicht auf die Altstadt und das gesamte Gemeindegebiet. „Der Virgl wird so zum neuen Ausgangspunkt, um die Stadt neu zu entdecken“, so Hager.
Natur und Naherholung: Am Virgl selbst gibt es großzügige Grünflächen mit Spazier- und Wandermöglichkeiten für die ganze Familie – mit Picknickplätzen ebenso wie einem Bienenlehrpfad und einem Hundeparcours; Gastronomiebetriebe laden zur Einkehr ein.
Das Kulturquartier: Seit mehr als zehn Jahren sucht die Landesverwaltung nach einem neuen, angemessenen Ort für das Archäologiemuseum mit seinem weltweit einzigartigen Exponat, dem Ötzi – schon 2019 wurde der Virgl bei einer Marktrecherche des Landes klar an erster Stelle gereiht. „Inzwischen haben wir das Projekt weiterentwickelt: Es hat sich gezeigt, dass weitere Kultureinrichtungen an akuter Raumnot leiden, welche sich durch die Anforderungen nach der Corona-Pandemie weiter zuspitzen“, so Hager. Daher beheimatet das Kulturquartier am Virgl nun nicht nur das Archäologiemuseum, sondern auch das Naturmuseum sowie ein Konzerthaus. „Kein anderer Standort bietet diese Möglichkeiten an Raum und Gestaltung – sei es im Freien wie in den Innenbereichen“, bekräftigte Prof. Nigris. Er hat auch jene Standorte untersucht, welche zuletzt in der so genannten SINLOC-Studie als mögliche Alternativen allein für das Archäologiemuseum genannt worden waren. „Sie liegen bei jedem Benchmark deutlich hinter dem Virgl.“
Mobilität: Zu den wichtigsten Aspekten des Kulturquartiers zählen Mobilität und Erreichbarkeit. „Mit dem Zug- und Busbahnhof in unmittelbarer Nähe, mehr als 2.400 öffentlichen Parkplätzen im Umkreis weniger Gehminuten sowie direkter Anbindung an das Radwegenetz ist der Virgl optimal gelegen – er löst auf diese Weise sogar Probleme, welche mit den heutigen Standorten der Kultureinrichtungen verbunden sind.“ Gerade ein Tourismusland wie Südtirol brauche eine professionelle und vorausschauende Planung von Hotspot-Situationen – „keine vernünftige Verwaltung würde einen Hotspot so legen, dass eine ohnedies problematische Mobilitätssituation zusätzlich verschärft wird“, so Hager.
Wirtschaft und Tourismus in Bozen und ganz Südtirol werden vom Projekt profitieren – „aber nur dann, wenn Hotspots entzerrt sind und Bozen bereit ist, nicht nur auf den Schlechtwetter-Tagestourismus aus den umliegenden Gebieten abzuzielen“, so Hager. Das Projekt, entworfen von den weltweit anerkannten Architekten und Museumsplanern Snøhetta aus Norwegen (mit weiteren Büros in Europa, USA, Asien und Australien), werde zum international wichtigen Wahrzeichen. „Das heißt zugleich, Bozen wird zur Destination und als Tourismusstadt wichtig – zum Vorteil der gesamten Wirtschaft und insbesondere von Hotellerie, Gastronomie und Handel“, so Hager. Es wurden mehr als 50 Millionen Umwegrendite errechnet, welche dem Territorium zugute kommen.
Öffentliches bleibt öffentlich, privat wird öffentlich: Finanzierung und Eigentum
Während Prof. Nigris die Charakteristika und Mechanik von PPP-Modellen im Allgemeinen erläuterte, verwies Hager spezifisch auf das PPP-Projekt Viva Virgolo. Demnach investiert SIGNA für den Virgl in Bozen ca. 170 Millionen Euro (ca. 130 Mio. für die Kultureinrichtungen, ca. 40 für die Seilbahn, Gastronomiebetriebe etc.) aus rein privaten Mitteln. Damit entstehen Strukturen, die sofort öffentlich nutzbar sind: „Bei den Museen handelt es sich ja um Landesmuseen; als solche sind sie samt dem Ötzi und allen weiteren Exponaten auch weiterhin im öffentlichen Eigentum und ihnen obliegt auch die Hoheit über die Eintrittspreise“, unterstrich Hager. Die Gebäude selbst werden im Konzessionswege von SIGNA betrieben (Dienstleistungen, Energie- und Facility-Management) und gehen nach Ablauf der Konzession ebenfalls ins öffentliche Eigentum über. Refinanziert wird das Modell über Einnahmen aus den erwähnten Dienstleistungen sowie aus dem Betrieb der Seilbahn und Gastronomiebetriebe. „Dabei werden die öffentlichen Kassen zu keinem Zeitpunkt beansprucht; im Gegenteil: über die Jahre vermehrt sich das öffentliche Eigentum, indem die heute in Privatbesitz befindlichen Strukturen an das Land übergehen.“ Alle eventuellen Risiken liegen dabei bei SIGNA.
Eröffnung im Sommer 2026
Als zeitlichen Horizont nannte Hager den Sommer 2026: Für technische Prüfungen der Unterlagen durch die Landesämter und die Entscheidung der Landesregierung sind ca. zwölf Monate geplant, die öffentliche Ausschreibung für die Projektumsetzung dauert ca. sechs Monate zu rechnen und die Bauzeit wird mit ca. 40 Monaten veranschlagt. „Ich freue mich schon auf das Eröffnungskonzert im Sommer 2026“, so Hager.