Uneinigkeit über Sinn und Zweck

Skigebiet Madonna di Campiglio begrenzt Besucherzahlen

Dienstag, 22. April 2025 | 09:01 Uhr

Von: Ivd

Madonna di Campiglio – Die Idee klingt simpel, sorgt aber für hitzige Diskussionen: Ab der kommenden Wintersaison soll es in Madonna di Campiglio eine Obergrenze für Tages-Skipässe in der Hochsaison geben. Der Skibetrieb will damit Überfüllung vermeiden und die Qualität des Urlaubserlebnisses verbessern. Doch nicht alle begrüßen den Vorstoß – zwischen Umweltschutz, Tourismusinteressen und sozialer Gerechtigkeit ist ein tiefer Graben aufgebrochen.

Grüne befürworten den Vorstoß

Verdi Grüne Vërc findet: „Mit der Entscheidung, während der besonders überfüllten Weihnachtswochen erstmals eine begrenzte Anzahl an Skifahrern auf den Pisten zuzulassen, zeigte Madonna di Campiglio Verantwortung und Weitblick. Die Ankündigung von Bruno Felicetti, Direktor der Campiglio-Bergbahnen, macht Hoffnung: Vielleicht setzt sich allmählich ein Bewusstsein unter den Seilbahnbetreibern durch – hin zu einem nachhaltigen Tourismus, der auf Qualität statt Masse setzt.“

„Eine mutige, zukunftsweisende Entscheidung, die der Auftakt zu einer dringend nötigen Wende im Dolomiten-Tourismus sein könnte – weg von einem System, das zwar Wohlstand gebracht hat, inzwischen aber unsere Landschaften zerstört“, sagt Elide Mussner, Co-Sprecherin der Verdi Grüne Vërc.

Skepsis vom Alpenverein

Ganz anders sieht das Carlo Alberto Zanella, Präsident des Alpenvereins CAI Alto Adige. Für ihn ist die Maßnahme nicht Ausdruck von Rücksichtnahme, sondern „Teil einer Strategie, um später neue Skipisten zu legitimieren.“ Er befürchtet soziale Ausgrenzung: „Wer sich nicht schnell genug online einbucht – etwa ältere Menschen oder weniger Technikaffine – bleibt außen vor. So entsteht ein Elitesport.“ Zanella warnt: „Solche Entwicklungen könnten dazu führen, dass Menschen diese Orte meiden.“

Zudem bezweifelt er, dass Überfüllung tatsächlich ein Problem war: „In der Saison hat sich niemand über zu viele Menschen beschwert. Jetzt heißt es plötzlich, man müsse Leute abweisen – das ist nicht glaubwürdig.“

Uneinigkeit über zukünftige Entwicklungen

Unverständlich zeigten sich die Grünen gegenüber Äußerungen von Andy Varallo, Präsident von Dolomiti Superski. Medienberichten zufolge wolle er die Skipisten verbreitern und erweitern, um die Massen besser zu verteilen. Er fordere sogar, so die Grünen, neue Verbindungen – etwa zwischen Monte Pana und der Seiser Alm – obwohl in allen drei Gemeinden des Grödnertals bereits Beschlüsse gegen diese Projekte vorliegen.

Auch Matteo Bonapace, Direktor des Tourismusverbands Madonna di Campiglio, widerspricht Zanellas Darstellung: „Wir wollen niemanden ausschließen – im Gegenteil. Wer an Spitzentagen keinen Skipass bekommt, kann in der Nebensaison kommen. So verteilen wir den Ansturm gleichmäßiger.“ Die Kontingentierung sei „eine Regel, die dem Gast ein besseres Erlebnis garantiert. Niemand will stundenlang im Stau stehen oder vor ausverkauften Liften umkehren.“

Grenzen für neue Lifte?

Ob die Maßnahme tatsächlich dem Umweltschutz dient oder eher einem wirtschaftlichen Kalkül, bleibt offen. Zanella erinnert an Aussagen von Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher beim CAI-Jahrestreffen im April: „Er hat angekündigt, dass es keine neuen Aufstiegsanlagen mehr geben soll – nur Modernisierungen. Wir hoffen, dass es dabei bleibt.“

Klar ist: Die Frage, wie viele Menschen wann und wie die Berge erleben dürfen, wird in den nächsten Jahren noch öfter gestellt werden. Die Diskussion um Madonna di Campiglio ist womöglich erst der Anfang.

Bezirk: Bozen

Kommentare

Aktuell sind 11 Kommentare vorhanden

Kommentare anzeigen