Von: mk
Bozen – Die Inflation, die geopolitische Instabilität und die angekündigten und zum Teil auch bereits umgesetzten Kürzungen der öffentlichen Ausgaben schaffen Unsicherheit in allen Lebensbereichen, was auch das Sparverhalten beeinflusst. Daher ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass der Fokus der Investitionen der Südtiroler Arbeitnehmer im Winter 2023 vor allem auf Kriterien wie Liquidität und Risikominimierung liegt. AFI-Direktor Stefan Perini zeigt sich besorgt: „Die Kaufkraft der Gehälter wurde bereits durch die Inflation stark beeinträchtigt. Jetzt kommt auch noch die wirtschaftliche Ungewissheit hinzu, die unter anderem auch die Zukunft der öffentlichen Wohlfahrtsleistungen betrifft. Die Arbeitnehmenden achten daher darauf, ihre Ersparnisse – wenn überhaupt – so anzulegen, dass sie unmittelbar verfügbar sind.“
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Wie jedes Jahr hat das AFI | Arbeitsförderungsinstitut auch in dieser Winterausgabe seines Barometers die Kriterien und die Gründe für das Sparen der Südtiroler Arbeitnehmenden analysiert. In Anbetracht der hohen Immobilienpreise und des schwierigen Zugangs zum Kredit wurde heuer auch die Wohnsituation genauer unter die Lupe genommen.
Wofür sparen die Südtiroler Arbeitnehmenden?
Die Daten dieses AFI-Barometers deuten auf ein sehr vorsichtiges Sparverhalten hin. Die Befragten erklären, vor allem für unvorhergesehene Ereignisse zu sparen (32 Prozent geben dies als ersten, 33 Prozent als zweiten Grund an). Berücksichtigt man beide Antwortoptionen, wird seit 2020 dieser Grund häufiger als das Sparen für die Kinder genannt, wobei der prozentuelle Unterschied zwischen den beiden Begründungen heuer besonders groß ist. Ebenso steigt die Tendenz, etwas für das hohe Alter auf die Kante zu legen. „Dass nun mehr für den Ruhestand gespart wird, war sicherlich zu erwarten. Ausschlaggebend ist hier vermutlich ein stärkeres Bewusstsein in Bezug auf die zukünftige Entwicklung der Renten und auf den allmählichen Rückbau des öffentlichen Wohlfahrtsstaats“, erklärt AFI-Forscherin Maria Elena Iarossi.
Geringes Risiko und unmittelbare Verfügbarkeit haben Priorität
Sparen wird immer schwieriger und jene, die es trotzdem schaffen, entscheiden sich für Anlageformen, die eine unmittelbare Liquidität des Ersparten und ein geringes Risiko gewährleisten. Die Rendite selbst spielt dabei keine so große Rolle, wie die jüngste Erhebung erwiesen hat. Die Winterausgabe 2022 hatte bereits eine drastische Veränderung des Sparverhaltens der Befragten deutlich gemacht: Liquide Anlagen und kurzfristige Investitionen gewannen immer mehr an Bedeutung, was in der letzten Umfrage sogar noch bekräftigt wurde. Die Liquidität – sprich die unmittelbare Verfügbarkeit – wurde von 29 Prozent der Befragten als erstes Kriterium und von 41 Prozent als zweitwichtigstes Kriterium genannt. In dieser Ausgabe wird ebenso ein stärkeres Interesse für Anlagen mit geringem Risiko deutlich, ganz im Einklang mit den beschränkten Finanzkenntnissen des Großteils der Arbeitnehmenden. Die Begründung „Keine Verluste“ – sprich die Wertbeständigkeit der Sparanlage – wurde jeweils von 40 Prozent und 33 Prozent als erstes bzw. als zweites Kriterium genannt.
Der Anteil an Arbeitnehmenden, die ihr Darlehen für die Wohnung bereits abgezahlt haben, sinkt kontinuierlich
In dieser Ausgabe wird auch die Wohnsituation der Südtiroler Arbeitnehmenden genauer beleuchtet. Die Daten zeigen einen eindeutigen Trend: Seit 2020 sinkt der Anteil der Arbeitnehmenden ohne Darlehen kontinuierlich (auf 36 Prozent), während die Arbeitnehmenden mit einem Darlehensvertrag stark gestiegen sind (auf 34 Prozent). Dies bestätigt die steigende Unsicherheit, die sich nun immer mehr auch auf das Wohnen ausdehnt. Bei relativ niedrigen Löhnen, hohen Zinssätzen und teuren Liegenschaften liegt es auf der Hand, dass die Beschäftigten immer häufiger Darlehen mit sehr langen Laufzeiten für den Kauf der Wohnung aufnehmen müssen. Was zu ruhigen Zeiten vielleicht noch tragbar erscheint, kann in gewissen Momenten aber auch sehr riskant sein, zum Beispiel bei Verlust des Arbeitsplatzes aus gesundheitlichen Gründen. Da könnte bei anderen anfallenden und ebenso wichtigen Ausgaben eine zusätzliche Verschuldung anstehen, etwa für fällige Umbauarbeiten oder für das Studium der Kinder.
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