Von: Ivd
Kaltern – Die Initiativgruppe „UNSER WALD“ hat den Kalterer Gemeinderat am 22. Mai in der Sparkassengalerie in Kaltern zu einem Expertengespräch mit Prof. Carmen de Jong eingeladen, die darauf hinwies, wie wichtig es sei, den noch bestehenden Naturwald zu erhalten, um die Wasserknappheit nicht noch weiter voranzutreiben.
Carmen de Jong forscht seit 30 Jahren zum Wasserhaushalt in den Alpen und im Flachland u. a. zur Bewässerung der Landwirtschaft im Rheingraben. Sie weist auf die negativen Folgen anthropogener Wasserentnahmen auf Ökosysteme und Wasserhaushalt hin. Carmen de Jong promovierte an der Freien Universität Berlin zum Thema Hochwasser und Sedimenttransport in Gebirgsflüssen. Sie habilitierte 2005 an der Universität Bonn zum Thema Hochwasser und Dürren im Hohen Atlas. 2006 wurde sie Professorin und Leiterin des Gebirgsinstituts der Universität Savoyen, Frankreich, wo sie Umweltauswirkungen von Kunstschnee und Skigebiete und Wasserknappheit in den Alpen untersuchte. Seit 2015 hat sie eine Professur für Hydrologie der Universität Strasbourg inne. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Klimawandel und Umweltprobleme.
Sie befasst sich unter anderem mit den Auswirkungen des Klimawandels und der landwirtschaftlichen Bewässerung auf die oberflächlichen Gewässer und das Grundwasser im Rheingraben. Ihr Schwerpunkt liegt dabei auf Dürreanalysen sowohl von Grundwasser als auch des Rheins und seinen Nebenflüssen im Elsass und Baden-Württemberg. Aus ihrem reichen Fachwissen schöpfend wies sie darauf hin, wie wichtig es ist, den noch bestehenden Naturwald zu erhalten, um den Klimawandel und die Wasserknappheit nicht noch mehr zu verschlimmern.
Biologe Norbert Dejori, Vorsitzender der Vereinigung der Südtiroler Biologen unterstrich ebenfalls, dass die Rodung von Naturwald zur Errichtung von Speicherbecken im Altenburger und Montiggler Wald mittlerweile überholt ist, weil durch die massiven Eingriffe die negativen Effekte für Natur und Umwelt überwiegen. Waldrodungen in sensiblen und geschützten Gebieten sind nicht nur aus ökologischer Sicht widersinnig, sondern stehen auch im Widerspruch zu Zielen des Klimaplanes des Landes. Andere Lösungen sind zu suchen – z.B. durch die Nutzung von anderen Flächen, anstatt des Gemeindewaldes, der der Allgemeinheit gehört und für die Erholung und die Gesundheit von Einheimischen und Gästen gleichermaßen gern und viel genutzt wird.
Insbesondere sind für eine sachliche Diskussion die tatsächlichen Zahlen des Wasserverbrauchs erforderlich, nur so könnte laut Dejori auch das richtige Ergebnis herauskommen. Diese Zahlen sind nach Angaben des Forschers bis heute nicht vorgelegt worden. Die Erklärungen zu den Auswirkungen des Projekts auf die Landschaft ermöglichten eine genauere Vorstellung von diesem Projekt, das die Realisierung von insgesamt sechs Speicherbecken, vier davon in Kaltern und zwei in Tramin vorsieht.
Das Gespräch mit den Experten verlief konstruktiv. “Die Tatsache, dass gar einige Gemeinderäte die Zeit gefunden haben, der Einladung zu folgen, spricht für sie und ihren ernsthaften Willen an einer konstruktiven Lösung”, so die beiden Forschenden. “Das wäre wohl der richtige Weg, um das Problem der Abdeckung des gesteigerten Wasserbedarfs der Landwirtschaft Schritt für Schritt gemeinsam zu lösen. Schade nur, dass weder die Bürgermeisterin noch der Vizebürgermeister und Referent für Umwelt und Nachhaltigkeit der Einladung gefolgt sind”, kritisieren die Wissenschaftler.