Von: luk
Margreid – Balkonkraftwerke haben sich vor allem in Deutschland zu einem Verkaufsschlager entwickelt. “Hierzulande schränken nicht angebrachte Bestimmungen die Nutzung ein”, so der Verbraucherschutzverein Robin.
Auf den ersten Blick ist die Sache ganz einfach: Solarmodul anbringen, das vorkonfektionierte Kabel in den Wechselrichter stecken und das Anschlusskabel in eine Steckdose stöpseln. Scheint die Sonne, fließt Strom – für den Eigenverbrauch. Aber was bringt eine Stecker-Solaranlage in der Praxis. Ein Erfahrungsbericht aus dem Südtiroler Unterland zeigt die Eckdaten auf und geht der Frage nach, ob sich das lohnt?
Die Kleinsolaranlage wurde im September 2022 in Margreid (BZ) in Betrieb genommen. Der Preis für das Starterset belief sich auf preiswerte 300 Euro (bei ENEL X online gekauft und zu Hause abgeliefert, Kosten 599 Euro minus 50 Prozent Steuervergünstigung in Form eines Skontos auf der Rechnung). Die Lieferung umfasste eine Steckersolaranlage 320 Wp (Watt Peak = maximale Leistung) mit Anschlussset, fünf Meter Anschlusskabel mit Schukostecker, 300-Watt-Mikrowechselrichter mit Strommesser, ein Schienensystem für die Montage und Versand. Mit Anschluss durch einen Elektriker oder die Montage durch einen Fachmann steigen die Investitionen natürlich. Beides ist bei Balkonkraftwerken aber keine Pflicht und wurde am Beispiel auch nicht vollzogen.
Stecker-Solargeräte lassen sich in Südtirol auf Balkonen, Terrassen, Hauswänden oder am Dach montieren, je nachdem wo man wohnt. Auch eine Aufstellung ohne feste Installation ist denkbar. Den erzeugten Strom kann man direkt im Haushalt nutzen und so die eigene Stromrechnung senken. Von größeren Photovoltaikanlagen unterscheiden sich die Geräte in mehrfacher Hinsicht: Sie sind deutlich kleiner und so konzipiert, dass auch Laien sie installieren können (weitere Infos unter www.robinreport.it/robin-report, Juni 2022).
Aufstellung
Wie viel Strom ein Solarmodul erzeugt, hängt von Himmelsrichtung und Aufstellwinkel ab und davon, ob es freien Blick auf die Sonne hat. Die Aufstellung des Testmoduls auf dem Dach in südlicher Richtung und in einem Winkel von rund 40 Grad ist nicht schlecht. “Der hier erzielte Ertrag ist also nicht das absolute Maximum, sondern ein realistischer, solider Durchschnitt, der sich mit einem Modul bei halbwegs günstiger Platzierung erzielen lässt”, so Robin.
Der Ertrag
“Im ersten Jahr in Betrieb erzeugte die Minisolaranlage mit einer Fläche von knapp über 1,5 Quadratmetern laut dem mitgelieferten Stromzähler 325 kWh. Das an einem eher hinterschattigem Ort wie Margreid an der Weinstraße, welcher vom Fennberg am Nachmittag ziemlich früh in den Schatten genommen wird. Andere Aufstellorte mit besserer Sonneneinstrahlung könnten auch besser abschneiden. Rund 50 Prozent der Produktion wurden in den Sommermonaten Juni-August erzielt. Zu einem durchschnittlichen Strompreis im geschützten Markt von 0,2380 im heurigen Sommer (50 Prozent) und von 0,5354 Euro/kWh in den anderen Trimestern (50 Prozent) (die fünf betroffenen Trimester sind 3. Trim. 2022 0,4151, 4. Trim. 2022 0,6601, 1. Trim. 2023 0,5311, 2. Trim. 2023 0,2375 und 3. Trim. 2023 0,2385) hat die Produktion von 325 kWh einen Wert von 125,69 Euro erreicht. Wer ausrechnen will, wie groß die eigene Ersparnis ist, legt den eigenen Strompreis zugrunde”, so Robin.
Auf die rund 125 Euro Einsparung pro Jahr kommt man allerdings nur, wenn der erzeugte Strom auch immer selbst verbraucht wird – und zwar genau dann, wenn er entsteht. “Zwar ziehen Kühlschrank und andere Verbraucher ständig oder immer wieder Strom, aber das sind bei weitem nicht die anfallenden 300 Watt, wenn die Sonne richtig prall auf das Modul draufscheint. Sind keine weiteren Verbraucher in Aktion sind, wird der Überschuss ins Netz eingespeist, ohne Entschädigung und Dank. Beim Beispiel wurde aufgrund von Messungen und gezieltem Verbrauch ein Eigenverbrauch durch ständige Verbraucher sowie durch Elektroheizung, Klimagerät, Elektrokocher, Staubsauger, Mähroboter, Kaffeemaschine, Ventilator, Aufladung von Geräten usw. von 60 Prozent erzielt. Ob dies auch für Ihren Haushalt realistisch ist, können Sie mit einem einfachen Strommessgerät berechnen (ein solches verleiht der Verbraucherschutzverein Robin auch kostenlos)”, heißt es weiter.
Wann amortisiert sich ein Balkonkraftwerk?
“In unserem Beispiel hinsichtlich des Eigenverbrauchs von 75 Euro amortisiert sich die Anlage schon nach vier Jahren und liefert fortan eine jährlich Ersparnis von um die 75 Euro”, so Robin. Je höher der Strompreis, desto höher die Ersparnis. Allerdings gilt auch: Je höher der Anschaffungspreis für das Balkonkraftwerk, desto länger dauert die Amortisation. Die Preise für Balkonkraftwerke sind inzwischen gestiegen. Über die Zeit lassen sich so über 1.000 bis 2.000 Euro und natürlich eine Menge CO2 eingesparen.
Lohnen sich Stecker-Solargeräte: Fazit
Der Geschäftsführer des Verbraucherschutzvereins Walther Andreaus unterstreicht, „dass sich Stecker-Solargeräte grundsätzlich rechnen. Doch abseits aller Wirtschaftlichkeit ist jedes Modul ein guter Schritt auf dem Weg in die Klimaneutralität und gibt ein gutes Gefühl auch an der konkreten Umsetzung von Klimazielen Erfahrung zu sammeln und sich einzubringen. Völlig unverständlich ist hingegen die vorsätzliche Zurückhaltung der Verantwortlichen in Italien und auch in Südtirol (wahrscheinlich schielen sie auf vermeintlich schrumpfende Stromrechnungen). Bei uns sind Systeme im vereinfachten Anschlussverfahren mit einer Begrenzung des Wechselrichters für die Einspeisung von höchstens 350 W zugelassen, in Deutschland 600 W. Vielleicht ist der deutsche Strom einfach ein anderer, denn die Bundesregierung will im Rahmen des sogenannten Solarpakets die Regelungen für den Betrieb von Balkonkraftwerken deutlich vereinfachen. Geplant ist ab 1.1.2024 unter anderem eine einfachere Anmeldung, außerdem sollen übergangsweise auch rücklaufende Zähler erlaubt sein und künftig bis zu 800 Watt statt bislang 600 Watt Leistung möglich sein.“