Von: luk
Bozen – Steigende Rohstoffpreise und Lieferengpässe stellen auch für viele Südtiroler Unternehmen derzeit ein großes Problem dar. Die aktuelle Lage und die Folgen dieser Preisentwicklung waren Gegenstand der lvh-Vorstandssitzung vom Donnerstag.
Nahezu absurd scheint die derzeitige Situation am Markt: Nach der Coronakrise konnten die Wirtschaftskreisläufe endlich wieder hochgefahren und neue Aufträge angeschoben werden, bis ein unerwartetes Szenario eintrat: Materialknappheit und explodierende Rohstoffpreise. „Europaweit bereitet diese Entwicklung große Sorge und führt zu Schwierigkeiten in den Betrieben“, erklärte lvh-Präsident Martin Haller. Vor allem für Materialien wie Stahl, Holz und Dämmstoffe gibt es nach wie vor Lieferengpässe und eklatante Preissteigerungen, sodass eine neue Diskussion über mehr Rohstoffunabhängigkeit entstanden ist. „Bei Betrieben, sowie bei Kunden besteht zum Teil große Unsicherheit, wie sich die Situation weiter entwickeln werde. Einige Prognosen besagen zwar, dass sich die Rohstoffnachfrage wieder einpendeln und damit auch die Preise wieder regulieren werden, aber konkrete Signale hierfür gibt es noch nicht“, sagte Haller.
Welchen Handlungsspielraum Verbände und Institutionen in diesem weltweiten Kontext haben können, ist ungewiss. „Gemeinsam mit dem nationalen Handwerkerverband Confartigianato gibt es derzeit Bestrebungen im sogenannten Vereinfachungsdekret eine Preisrevisionsklausel einzubauen, um sowohl den Vergabestellen als auch den Wirtschafsteilnehmern bei großen Preisschwankungen die Möglichkeit einer Preisrevision zu geben. Alternativ könnte auch eine Preisgleitklausel angedacht werden, um extreme Preissteigerungen abzufedern“, berichtete der lvh-Verbandschef.
Nationale Anpassungen für öffentliche Aufträge
Im öffentlichen Vergabewesen wurden auf Staatsebene einige Erleichterungen mit dem Decreto Semplificazioni vom 31.05.2021 eingeführt. Um vor allem auch die Investitionsgelder, welche über den Recovery Fund bereitgestellt werden sollen, möglichst zielgerichtet, schnell und unbürokratisch auf den Markt zu bringen, ist eine Anpassung des Kodex der Verträge auf Staatsebene notwendig. „Die Vergabe von Aufträgen und Konzessionen durch öffentliche Auftraggeber stellt einen unverzichtbaren Wirtschaftsfaktor dar“, erklärt der Landtagsabgeordnete Ger Lanz, „in der Regel entfallen bis zu 90 Prozent auf Vergabeverfahren unterhalb der EU-Schwelle, was ca. 75 Prozent des Vergabevolumens entspricht. Es ist somit verständlich, dass dieser Bereich für die Wirtschaftsteilnehmer, aber auch für lokale Verwaltungen von zentralem Interesse ist.“
Anfang Mai hat Lanz einen Begehrensantrag eingereicht, damit der Südtiroler Landtag die italienische Regierung und das Parlament auffordert, bei der anstehenden Überarbeitung des Vergabekodex für öffentliche Aufträge verschiedene KKMU-freundliche Grundsätze anzuwenden. Neben der Orientierung an den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, der Qualität, der Arbeitsrechtsbestimmungen, der Umweltschutzbestimmungen und der Verhältnismäßigkeit gibt es weitere neun Punkte, die zukünftig auf staatlicher Ebene angewendet werden sollen. Von zentraler Bedeutung ist unter anderem die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit von KKMU durch die Aufteilung der öffentlichen Aufträge in quantitative Lose und qualitative Lose. Der gegenteilige Fall sollte von der Vergabestelle begründet werden.