Historische Aufarbeitung

Stolpersteine für Genossenschaftler

Dienstag, 21. November 2023 | 17:54 Uhr

Von: luk

Bozen – Am 12. November jährt sich zum 85. Mal die Verabschiedung der „Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben“, die – wie später auch in Italien die Rassengesetze – zum Ausschluss aller als „nicht arisch“ geltenden Menschen vom sozialen und wirtschaftlichen Leben führten.

Die deutsche Genossenschaftsbewegung – hier allen voran die Historiker-Genossenschaft aus Hamburg – hat ein Forschungsprojekt eingeleitet, im Rahmen dessen die Auswirkungen der Rassengesetze auf die deutschen Genossenschaften und folglich auf das Schicksal der diskriminierten und verfolgten Mitglieder beleuchtet werden sollten.

Das deutsche Gesetz sah neben dem Verbot, jüdische Bürger als Neumitglieder in Genossenschaften aufzunehmen, auch den Ausschluss aller jüdischen Mitglieder aus den Genossenschaften vor. Demnach endete ihre Mitgliedschaft zum 31.12.1938, ohne dass es einer Kündigung bedurfte, und gleichzeitig verloren sie die mit der Zugehörigkeit zur Genossenschaft verbundenen Vorteile. In den Wohnungsbaugenossenschaften bedeutete dies für die jüdischen Mitglieder, dass sie ihre Genossenschaftswohnung räumen mussten, in den Kreditgenossenschaften verloren Juden ihre Geschäftsanteile und die Bankverbindung und in den Konsumgenossenschaft wurde ihnen das Einkaufsrecht verwehrt. Der Ausschluss betraf umso mehr die Vorstandsmitglieder, die Vorsitzenden oder die Revisoren.

Wie viele jüdische Genossenschaftler von diesen (im offenen Widerspruch zu den genossenschaftlichen Grundsätzen stehenden) Diskriminierungen betroffen waren, ist nicht bekannt, genauso wie nicht geklärt werden konnte, was aus ihnen danach geworden ist. Biografien dieser Opfer des nationalsozialistischen Rassenwahns hat die Geschichtsforschung bisher keine ans Licht gebracht. Lediglich mit Bezug auf einige wenige dieser Personen, die der Kreditgenossenschaft Hamburger Bank angehörten, konnte die Deportierung und die anschließende Hinrichtung in den Vernichtungslagern dokumentiert werden: Es sind dies Edgar Hirsch, Walter Lazarus, Jakob Lübeck und Siegmund Jacobsen.

Die Hamburger Historiker-Genossenschaft will nun ihre Nachforschungen ausweiten, um die Erinnerung an die vielen weiteren verschwundenen Genossenschaftsmitglieder wach zu halten und diesen mit weiteren Stolpersteinen die gebührende öffentliche Anerkennung zu verschaffen.

Die Mitglieder der Genossenschaft (www.historikergenossenschaft.de) arbeiten bereits an ihren Projekt „Stolpersteine für Genossenschaftler“.

Das internationale Genossenschaftswesen hat es sich zur Aufgabe gemacht, dieses dunkle Kapitel der Geschichte vor der Vergessenheit zu bewahren, und ist bestrebt, das Wiederaufleben von Antisemitismus und Rassismus in unseren Gesellschaften mit allen Mitteln zu verhindern.

 

Bezirk: Bozen