Von: APA/dpa-AFX/dpa/AFP
Reisende müssen sich am Freitag weiter auf Schwierigkeiten einstellen. Der 35-stündige Streik der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) soll um 13.00 Uhr enden. Auch nach Streikende werde es aber noch zu Verzögerungen kommen, warnte die Deutsche Bahn (DB). Für Fahrten am Freitag wurden Sitzplatzreservierungen empfohlen. Der Warnstreik des Lufthansa-Bodenpersonals läuft ebenfalls weiter.
ÖBB-Fernverkehrszüge über das Deutsche Eck zwischen Salzburg und Kufstein fahren bis Streikende Freitagmittag voraussichtlich planmäßig. Details zu den betroffenen Zugverbindungen gibt es auf oebb.at und in der ÖBB-Fahrplan-App SCOTTY. Auch Westbahn-Züge von und nach München und Rosenheim sowie über das Deutsche Eck nach Tirol und Vorarlberg fahren planmäßig. Am Donnerstag waren mehrere Lufthansa-Flüge Wien-München vom Streik betroffen.
Im deutschen Fernverkehr sind rund 20 Prozent der üblichen Züge unterwegs, auf den Regionallinien im Norden richtete die Deutsche Bahn wieder einen Notfalltakt sowie teils einen Ersatzverkehr mit Bussen ein. Die S-Bahn-Hamburg bietet eine Taktung wie an vorangegangenen Streiktagen an. Auf den Linien S1, S2 und S3 sollen die Züge nach Angaben des Unternehmens alle 20 Minuten fahren, die S5 zwischen Neugraben und Stade verkehrt im Stundentakt. Die Unternehmen Metronom, Erixx und AKN werden nicht bestreikt.
Die GDL fordert eine Senkung von 38 auf 35 Stunden für Schichtarbeiter ohne finanzielle Einbußen. Eine mehrwöchige Verhandlungsphase hinter verschlossenen Türen war vergangene Woche gescheitert. Auch externe Vermittler konnten keine Lösung herbeiführen. Ihren Vorschlag, die Arbeitszeit stufenweise bis 2028 auf 36 Wochenstunden bei vollem Lohnausgleich abzusenken, lehnte die GDL ab. Im Güterverkehr der DB Cargo begann der Streik bereits am Mittwochabend um 18.00 Uhr und soll bis Freitag um 5.00 Uhr gehen.
Die Deutsche Bahn hat der Lokführergewerkschaft eine Wiederaufnahme der abgebrochenen Tarifverhandlungen an diesem Montag angeboten. Es gebe eine entsprechende Einladung an die GDL, sagte ein Konzernsprecher auf Anfrage am Freitag in Berlin. Eine Antwort der GDL liege der Bahn noch nicht vor.
Wie aus Verhandlungskreisen zu erfahren war, stellt die Bahn in dem Schreiben klar, es treffe nicht zu, dass das Unternehmen den Vorschlag von Vermittlern zu einer Verkürzung der Wochenarbeitszeit abgelehnt habe. Vielmehr habe man sich bereits damals, am 26. Februar, bereiterklärt, “über unsere Schmerzgrenze hinauszugehen und auf der Grundlage des Gesamtvorschlags der Moderatoren die Verhandlungen zu Ende zu führen”.
Auch beim AUA-Mutterkonzern Lufthansa dauert der Warnstreik des Lufthansa-Bodenpersonals noch an. Die Gewerkschaft Verdi hat die Lufthansa-Mitarbeiter am Hamburger Helmut-Schmidt-Flughafen bis Samstag, 7.10 Uhr, zum Arbeitskampf aufgerufen. Betroffene Passagiere sind laut Flughafen angehalten, sich bei der Fluggesellschaft über Streichungen und Umbuchungsmöglichkeiten zu informieren. Jeweils 15 Abflüge und Ankünfte von Lufthansa-Maschinen wurden laut Online-Information des Flughafens für Freitag abgesagt.
In Dresden fallen 14 Flüge aus, wie ein Sprecher der Mitteldeutschen Flughafen AG am Freitag sagte. Betroffen seien Verbindungen von und nach München sowie Frankfurt. In Leipzig/Halle sind demnach 14 Flüge betroffen, einer davon von und nach Wien.
Im Tarifkonflikt mit der Lufthansa hatte Verdi 12,5 Prozent mehr Geld und eine Inflationsausgleichsprämie bei einem Jahr Laufzeit gefordert. Die Lufthansa hat bisher bei 28 Monaten Laufzeit 10 Prozent höhere Gehälter angeboten. Es ist bereits der dritte Ausstand im laufenden Tarifkonflikt für rund 25.000 Beschäftigte der Dienste am Boden.
Auch die Luftsicherheitskräfte des Hamburger Flughafens hatte Verdi zum Warnstreik aufgerufen, allerdings nur bis Donnerstagabend um 22.00 Uhr. Der Flughafenbetreiber hatte alle für Donnerstag geplanten Abflüge abgesagt. Für Freitag erwartet der Airport nun starke Auslastungen bei den Flügen, da mit zahlreichen Umbuchungen von Donnerstag auf Freitag zu rechnen sei.
Die mehrtägigen Streiks werden einem Wirtschaftsexperten zufolge wohl ohne negative Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft bleiben. Streiks, die wenige Tage dauern und einzelne Unternehmen betreffen, hätten “meistens keine messbaren gesamtwirtschaftlichen Folgen”, sagte Sebastian Dullien vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, am Freitag im Deutschlandfunk.
Die Wirtschaft in Deutschland sei flexibel und könne Beeinträchtigungen durch Streiks relativ schnell ausgleichen, sagte der Ökonom weiter. Fielen Züge aus, stiegen die Menschen aufs Auto oder andere Verkehrsmittel um, verbrauchten so Benzin und verschlissen Reifen. Unternehmen, die auf Lieferungen warten, könnten in den Tagen nach dem Streik mehr produzieren und den Verlust ausbalancieren. Grundsätzlich seien Streiks in einer konjunkturellen Schwächephase sogar besser zu verkraften als in einer Hochkonjunktur, da es dann kaum Möglichkeiten gebe, die Kapazitäten zu erhöhen. “Die Konjunktur ist also kein Argument, dass man jetzt nicht streiken dürfte”, sagte Dullien.
Das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft schätzt den gesamtwirtschaftlichen Schaden der Bahn-Streiks auf 100 Millionen Euro pro Streiktag für die Wirtschaft. Bei mehrtägigen Streiks könne diese Summe weiter ansteigen. Der deutsche Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) warnte Anfang März vor Versorgungsengpässen und Störungen von Lieferketten bei der Industrie und möglichen Problemen für Energieversorger.