Unternehmerverband ist besorgt

Südtirol riskiert, Kampf um gute Köpfe zu verlieren

Montag, 03. Februar 2025 | 16:52 Uhr

Von: luk

Bozen – Wie attraktiv ist Südtirol als Arbeitsland für junge Talente? Das war die zentrale Frage einer Studie, die die Fondazione Nord Est, das Studienzentrum der Industriellenverbände des Nordosten Italiens, im Auftrag des Unternehmerverbandes Südtirol durchführte. Die Ergebnisse wurden heute bei einer Pressekonferenz in Bozen vorgestellt.

Das Ergebnis: Südtirol steht im europäischen Regionen-Vergleich im Mittelfeld und riskiert den Kampf um die besten Köpfe zu verlieren. In vielen Punkten bestehe deshalb Handlungsbedarf, so der Unternehmerverband.

Südtirol stehe vor ernstzunehmenden demografischen Herausforderungen: “Eine niedrige Geburtenrate, eine alternde Bevölkerung und die Abwanderung junger Menschen („Brain Drain“) sind Phänomene, von denen auch Südtirol betroffen ist. Ohne Zuwanderung wird die Zahl der Erwerbstätigen bis 2040 voraussichtlich um etwa 32.000 Arbeitskräfte sinken. Noch dazu wanderten zwischen 2011 und 2023 14.000 junge Menschen aus Südtirol ab. Das Verhältnis liegt bei ca. 5:1, das heißt, fünf junge Südtiroler und Südtirolerinnen verlassen das Land und eine Person aus dem Ausland entscheidet sich für einen Umzug nach Südtirol.”

Südtirol belegt im European Regional Attractiveness Index (ERAI) Platz 120 von 216 Regionen. Die ersten Plätze auf der Attraktivitätsskala belegen die Metropolregionen Stockholm, Ile-de-France (Paris) und Oberbayern (München). Es hat sich gezeigt, dass vor allem folgende Aspekte für die junge Generation bei der Wahl eines Arbeitsplatzes wesentlich sind: Ein angenehmes Arbeitsklima, eine gute Work-Life-Balance und ein angemessener Lohn.

Die Studie bescheinigt der Industrie in Südtirol gute Voraussetzungen, um attraktiv zu sein für junge Talente: Die Produktionsunternehmen bieten hochqualifizierte Arbeitsplätze mit überdurchschnittlich hohen Löhnen (35.542 Euro pro Jahr im Industriesektor; die Bruttostundenlöhne steigen mit der Unternehmensgröße). Viele Unternehmen setzen stark auf Internationalisierung, Innovation und Nachhaltigkeit, was bei jungen Menschen gut ankomme. Schließlich leistet die Industrie in Südtirol mit über 25 Prozent einen wesentlichen Beitrag zur Wertschöpfung und das verarbeitende Gewerbe erreicht mit über 87.000 Euro pro Mitarbeiter eine hohe Produktivität. Das ist der höchste Wert italienweit.

Heiner Oberrauch, Präsident des Unternehmerverbandes Südtirol meint dazu:

Die Tatsache, dass fünf Südtiroler und Südtirolerinnen gehen und nur eine Person aus dem Ausland kommt, besorgt uns sehr. Wir dürfen den Kampf um die Talente nicht verlieren. Südtirol muss als Arbeitsland für junge Menschen attraktiver werden. Und dazu sind wir alle – Politik, Wirtschaft und Gesellschaft – gleichermaßen – gefordert. Auch wir in den Unternehmen sehen uns in der Verantwortung. Die Studie hat gezeigt, worauf junge Arbeitskräfte heute Wert legen. Vor allem aber braucht es attraktive Rahmenbedingungen, damit die junge Generation im Land bleibt, zurückkehrt oder Talente aus dem Ausland nach Südtirol kommen. Dazu gehören leistbare Wohnungen, auch mehr Mietwohnungen, flexible Betreuungsangebote, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern, exzellente Bildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten auf allen Ebenen, eine Universität, die Talente anzieht, und dementsprechend auch genügend und bezahlbare Studenten-Heimplätze. Den demographischen Herausforderungen gilt es auch durch verstärkte Investitionen in Digitalisierung zu begegnen. Wir müssen uns um die besten Köpfe bemühen. Südtirol muss ein begehrter Ort zum Leben UND zum Arbeiten sein und bleiben.

Bezirk: Bozen

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