Wie kann das sein?

Südtiroler Mozzarella überall günstiger als in Südtirol?

Dienstag, 23. Mai 2023 | 08:00 Uhr

Von: luk

Bozen/Remscheid – In “Denns BioMarkt” in Remscheid im deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen gab es am 14. Februar 2023 die Südtiroler “Brimi”-Mozzarella aus Bio-Heumilch für 1,59 Euro zu kaufen.

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Ein gutes Produkt, ein ordentlicher Preis.

Doch etwas trübt das Bild – zumindest für den Südtiroler Konsumenten: Zur gleichen Zeit ist dieselbe Mozzarella in Supermärkten in Südtirol zum Teil deutlich teurer.

In einer Despar-Filiale in Bozen wird am 4. März 2023 knapp die Zwei-Euro-Marke erreicht.

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Im Eurospar in der Bozner Industriezone werden am 9. März 1,69 Euro aufgerufen.

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Um das Bild abzurunden: Im Poli in Brixen (dem Ort, wo die Mozzarella eigentlich produziert wird) muss der Kunde am 24. März 1,89 Euro bezahlen. Das sind 30 Cent mehr als im schicken Biomarkt in Remscheid. Im Brimi-Shop in Vahrn war die Mozzarella am 17. Mai für 1,80 Euro zu haben.

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Preisunterschied: Transportspesen fallen kaum ins Gewicht

Doch warum ist Südtiroler Mozzarella knapp 1.000 Kilometer von Südtirol entfernt günstiger als im Produktionsland? Müsste es nicht aufgrund der Transportkosten umgekehrt sein?

Diese Frage haben wir Martin Mair, dem Geschäftsführer der Brimi, gestellt. Er erklärt gegenüber Südtirol News, dass die Transportkosten kaum ins Gewicht fallen. Für eine Kugel Mozzarella komme rund ein Cent an Transportkosten zum Tragen.

Mair erläutert weiter: Die “Brimi” gebe die Mozzarella stets zu einem ungefähr gleichen Preis an die Wiederverkäufer weiter – egal ob in Italien oder Deutschland. Mair betont dabei, dass man dies immer auf Jahressicht sehen müsse. Es würden viele Faktoren und Variablen im Handel mit den Großkunden zum Tragen kommen. Der durchschnittliche Jahrespreis sei am Ende für den Großhandel aber immer auf demselben Niveau.

Die Preise für den Endverbraucher würden dann vom Einzelhändler festgelegt. Er entscheide, was er vom Kunden im Geschäft verlangt. Auch hier gebe es viele Variablen und Faktoren, die zur Preisbildung führen. Mair führt unterschiedliche Betriebsspesen oder das Marktumfeld an, in dem ein Händler agiert. Auch hier müsse man den durchschnittlichen Jahresverkaufspreis für einen umfassenden Vergleich heranziehen. Nur so könne ein aussagekräftiger Vergleich angestellt werden, wie der Brimi-Chef unterstreicht.

Was den Ländervergleich angeht, könne auch die unterschiedliche Mehrwertsteuer in Italien und Deutschland zu Preisunterschieden für den Endverbraucher führen, erklärt der Brimi-Geschäftsführer.

Somit kommen die Preisunterschiede zwischen Südtirol und dem Bio-Markt in Deutschland erst nach dem Verkauf an den Zwischenhändler zustande.

Nachgefragt bei Aspiag

Robert Hillebrand, der Regionaldirektor Aspiag-Gruppe, schildert wie Mair, dass die Transportkosten kaum etwas ausmachen. Einschneidender seien da andere Komponenten, wie etwa die Personalkosten. Zum speziellen Fall fehlten ihm allerdings die Informationen. Die Aspiag schneide aber bei Bio-Produkten recht gut im Marktumfeld ab.

“Denns BioMarkt” verweist auf Einkaufskonditionen – Preis dürfte stabil bleiben

Die Biosupermarktkette “Denns BioMarkt” geht auf Nachfrage nicht auf den konkreten Preisunterschied in diesem Zeitraum ein, erklärt aber ebenfalls, dass Preisberechnungen ein komplexes Unterfangen seien. Das Unternehmen schildert per E-Mail:

Wir im BioMarkt Verbund legen als Bio-Fachhändler großen Wert auf Qualität und Vielfalt in unserem Sortiment. Die Preisberechnung für unsere Produkte ist komplex, basiert jedoch im Wesentlichen auf den Einkaufskonditionen, welche wir mit unseren langjährigen Partnern regelmäßig neu vereinbaren, und den üblichen Marktpreisen für vergleichbare Produkte. Das gilt natürlich auch für den Bio Heumilch Mozzarella von Brimi.

Auf die Frage nach dem durchschnittlichen Jahresverkaufspreis, schreibt “Denns BioMarkt”:

Wie sich Lebensmittelpreise im Laufe des Jahres entwickeln, ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Bei Milchprodukten gehören dazu zum Beispiel die Erzeugerpreise für Bio-Milch, Produktions- und Logistikkosten, Mengenentwicklung und Wettbewerbsprodukte im Sortiment. Für den Bio Heumilch Mozzarella von Brimi zeichnet sich aktuell eine Preisstabilität und eine geringe Veränderung im Jahresverlauf ab.

Der Preis von 1,59 Euro für die Südtiroler Mozzarella in Deutschland dürfte sich also vorerst nicht nach oben verändern.

Auch in Norditalien günstiger als in Südtirol

Doch nicht nur in Deutschland haben wir die genannte Brimi-Mozzarella günstiger als in Südtirol angetroffen.

Im Interspar im Kaufhaus Ipercity am Rande von Padua in Albignasego gab es das Produkt am 8. Mai ebenfalls für 1,59 Euro.

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Zur gleichen Zeit wurden im Eurospar im Twenty-Kaufhaus in Bozen und im Despar in der Amba-Alagi-Straße in Bozen für die gleiche Kugel Mozzarella 1,79 Euro aufgerufen. Im Interspar in Bozen Süd war das Produkt am 16. Mai weiterhin für 1,69 Euro zu haben.

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Keine Eintagsfliege – Preis aktuell in Remscheid

Indes lag der Preis für die besagte Mozzarella in “Denns BioMarkt” in Remscheid auch am 11. April bei 1,59 Euro. Am 10. Mai war dies immer noch der Fall. Eine Eintagsfliege war der günstige Mozzarella-Preis rund 1.000 Kilometer von Südtirol entfernt demnach keinesfalls.

stnews/JS
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Durchschnittlicher Jahresverkaufspreis nicht in Erfahrung zu bringen

Nicht in Erfahrung zu bringen war für Südtirol News allerdings der durchschnittliche Jahresverkaufspreis – weder bei Aspiag noch bei Denns BioMarkt.

Dieser ist letztlich für den absoluten Vergleich ausschlaggebend. Doch diese Daten gibt kein Marktteilnehmer gerne heraus.

Auch die Verbraucherzentrale Südtirol beißt sich dabei regelmäßig die Zähne aus. Gunde Bauhofer, die Chefin der VZS, spricht von einer mühsamen Arbeit mit einer enormen Datenmenge, die erhoben und ausgewertet werden müsste.

VZS: Isolierter Fakt, aber spannend

Den vorliegenden Fall findet sie spannend. Es sei zwar ein isolierter Fakt, der es aber durchaus wert ist, kommentiert und analysiert zu werden. Der Preisunterschied sei immerhin markant.

Es sei interessant, wann sich die Preise in der Kette bis zum Endverbraucher erhöhen. Die VZS wisse von der Preisaufsichtsbehörde in Italien, dass sie sich vorgenommen habe, die Lieferketten unter die Lupe zu nehmen, um zu verstehen, wo die Teuerungen stattfinden und ob Spekulation mit im Spiel ist.

Laut Bauhofer spielen bei der Preisgestaltung der Händler eine Vielzahl an Faktoren eine Rolle. Etwa die Energiekosten, Steuern, das Marktumfeld und viele andere mehr.

Hört in die Audio-Datei rein:

Die Frage, warum in Südtirol – immer an den ausgewählten Vergleichstagen – durch die Bank mehr für die Mozzarella bezahlt werden muss, als in Deutschland oder Norditalien bleibt unbeantwortet.

Studie: Preisunterschiede nach Landesgrenzen

Interessant in diesem Zusammenhang ist eine neue Studie des Centre for Economic Policy Research. Demnach sind Lebensmittel etwa in Österreich im Schnitt um rund 13 Prozent teurer als in Deutschland. Die Studienautoren kommen zum Schluss: “Einzelhändler setzen ihre Preise bewusst nach Landesgrenzen, nicht nach anderen Kriterien.”

Bezirk: Bozen, Eisacktal