AFI-Barometer

Südtiroler schwer für die Miete zu gewinnen

Montag, 10. April 2017 | 12:40 Uhr

Von: luk

Bozen – Die hohen Wohnungspreise in Südtirol sind Ausdruck einer Reihe von Faktoren. Der allgemein hohe Lebensstandard und die hohen Ansprüche an die Bauqualität sind nach Einschätzung der Südtiroler Arbeitnehmer die ausschlaggebendsten. „Viel Überzeugungskraft wird es dagegen noch brauchen, die Südtiroler stärker zur Miete zu bewegen“, mahnt AFI-Direktor Stefan Perini. „Offensichtlich ist der finanzielle Aspekt weniger relevant als gedacht. Beweggründe für die Miete sind vielmehr die berufliche Mobilität sowie neue familiäre Bedürfnisse.“

Welche sind die Faktoren für die hohen Wohnungspreise in Südtirol und wie kann man die Südtiroler dazu bewegen, sich anstelle einer Eigentumswohnung für eine Mietwohnung zu entscheiden? Im Rahmen des aktuellen AFI-Barometers wurden Südtirols Arbeitnehmer darauf angesprochen.

Hohe Wohnungspreise: Südtiroler Lebensstandard und Ansprüche an die Bauqualität ausschlaggebend

Dass die Wohnungspreise in Südtirol im Vergleich zu anderen Gebieten im Alpenraum hoch sind, ist eine Tatsache. Noch nicht ausreichend wissenschaftlich geprüft ist, wie stark einzelne Faktoren auf die Preisbildung Einfluss nehmen. Und so sehen es Südtirols Arbeitnehmer: 89 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass der allgemein hohe Lebensstandard in Südtirol einen „sehr starken“ bzw. „starken“ Einfluss auf die Wohnungspreise hat. Südtirols BIP pro Kopf liegt rund 30 Prozent über dem EU-Schnitt – es ist also volkswirtschaftlich nachvollziehbar, dass auch das allgemeine Preisniveau entsprechend hoch ist. 83 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass die hohen Ansprüche an die Bauqualität einen wesentlichen Einfluss ausüben. Offensichtlich legt der Südtiroler Wert auf Baumaterialien und -Ausführung mit Qualität und nach entsprechenden Standards – siehe Klimahouse. Dass die Unterschiede zwischen Stadt und Land die Wohnungspreise wesentlich prägen, davon sind 80 Prozent der Befragten überzeugt. 77 Prozent der Arbeitnehmer sind der Meinung, die öffentlichen Förderungen wirkten preistreibend. Die Rolle von Tourismus- und Zweitwohnungsmarkt wird von 74 Prozent als bedeutsam für die hohen Preise eingestuft. Die restriktive Raumordnung – also die geringe Verfügbarkeit von Baugrund – ist von 73 Prozent als entscheidend genannt. 67 Prozent der befragten Arbeitnehmer sehen in der Angebotskonzentration – sprich im fallweisen Vorherrschen marktbeherrschender Stellungen – einen Bestimmungsfaktor für die hohen Wohnungspreise. Der komplexen Morphologie des Territoriums – sprich die Präsenz von Hanglagen und Ähnlichem – messen 64 Prozent der Befragten eine Bedeutung zu. Ein relativ geringer Anteil an Arbeitnehmern (47 Prozent) ist der Meinung, die hohen Wohnungspreise seien Ausdruck eines zu geringen Wohnungsangebots.

Der finanzielle Aspekt allein bewegt nicht zur Miete

Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen, Politik und Sozialverbände sprechen sich im Rahmen der aktuellen Debatte über das neue Landesgesetz für Raum und Landschaft unisono für eine Stärkung des Mietmarkts aus. Was aber muss geschehen, um die Südtiroler dazu zu bewegen, die Miet- einer Eigentumswohnung vorzuziehen? Das ernüchternde Ergebnis: Für zehnt Prozent der Südtiroler Arbeitnehmer ist das Mieten unter keinen Umständen vorstellbar. Doch auch abgesehen von diesem Teil an „Ultraskeptikern“ kommt für die Miete nicht wirklich große Begeisterung auf. Müssten sich Südtirols Arbeitnehmer heute zwischen Miet- oder Eigentumswohnung entscheiden, was wären dann die Faktoren, die sie zur Miete bewegen könnten? Am ehesten würde man sich für die Miete entscheiden, um neuen Job-Angeboten folgen zu können (49 Prozent). Für 48 Prozent könnte ein „sehr starker“ oder „starker“ Beweggrund für die Miete sein, dass es neue familiäre Bedürfnisse erfordern, wie im Fall von Nachwuchs oder Pflegenotwendigkeit von Verwandten. Vom Vermieter schwer kündbare Mietverträge – sprich die langfristige Sicherheit über die Wohnung verfügen zu können – sehen 42 Prozent der Befragten als bedeutend an. Nur 40 Prozent sehen in der Möglichkeit der finanziellen Einsparung einen Grund, sich fürs Mieten anstelle einer Eigentumswohnung zu entscheiden.

Zwei Details am Rande: Am ehesten sind es junge Arbeitnehmer mit weniger als 30 Jahren, die das Mieten dem Kauf einer Eigentumswohnung vorziehen. Wer bereits heute in Miete wohnt, stuft die Vorteile der Miete höher ein. Wer in einer Eigentumswohnung wohnt, ist hingegen schwer für die Miete zu begeistern. Nach wie vor scheint also das Mieten vor allem für jene attraktiv zu sein, die sich noch nicht beruflich und/oder familiär stabilisiert haben. Ist dies einmal erfolgt, ist der Traum des Eigenheims in der Bevölkerung unverändert stark verankert.