Von: axa
Bozen – Wie gut Südtirols Beschäftigte ihr Leben zwischen Beruf und Privat managen und wie sie damit im Vergleich zu anderen Ländern stehen, das hat das AFI | Arbeitsförderungsinstitut im Rahmen seiner Befragung zu den Arbeitsbedingungen in Südtirol untersucht.
Die nun vorliegende Auswertung zeigt, dass 29,3 Prozent der Befragten (Arbeitnehmer und Selbständige) nach eigener Einschätzung Familie und Beruf „sehr gut“ miteinander vereinbaren können, weiteren 55,1 Prozent gelingt dies „gut“. Damit liegt Südtirol gleichauf mit dem europäischen Durchschnitt.
In Südtirol bewerten nur 15,9 Prozent der männlichen und 15,3 Prozent der weiblichen Beschäftigten die Vereinbarkeit von Familie und Beruf als „nicht sehr gut“ oder „gar nicht gut“.
„Die hohen Zufriedenheitswerte haben damit zu tun, dass Frauen oft schon bei der Arbeitswahl einen möglichst hohen Grad der Vereinbarkeit anstreben. Männer hingegen wählen meist eine Vollzeitarbeit und setzen die Vereinbarkeit Familie-Beruf an zweite Stelle, so dass auch sie in dieser Hinsicht zufriedener sind“, sagt AFI-Vizedirektorin Silvia Vogliotti, die Autorin der Studie.
Öffentliche Verwaltung familienfreundlich, Gastgewerbe im Stress
Der Blick auf die einzelnen Wirtschaftszweige zeigt Folgendes: Familie und Beruf „nicht sehr gut“ vereinbaren zu können, ist für jeden vierten (25,0 Prozent) Beschäftigen im Hotel- und Gastgewerbe Realität, aber nur für 7,1 Prozent der Beschäftigten in der öffentlichen Verwaltung (Gesundheits- und Sozialwesen ausgenommen). Im Bereich Transport und Logistik ist ein Fünftel der Beschäftigten unzufrieden mit der Vereinbarkeit.
Südtirols anstrengendste Branche ist ebenfalls das Gastgewerbe: 16,7 Prozent der hier Beschäftigten geben an, nach Feierabend „immer“ zu müde zu sein, um notwendige Hausarbeiten zu erledigen. Auch im Baugewerbe sowie dem Gesundheits- und Sozialwesen macht sich die Anstrengung am Ende des Arbeitstags bemerkbar.
Selbstständige haben weniger Zeit, bald aber auch Arbeitnehmer
Unterschiede zeigen sich erwartungsgemäß auch bei Arbeitnehmern und Selbständigen: für 21,6% der Selbständigen stellt der Beruf „oft“ oder „immer“ ein Hindernis dar, um der Familie Zeit zu widmen, bei den Arbeitnehmern sagen dies nur 10,9%.
Doch diese klare Zweiteilung von Beruf und Freizeit und von Arbeitnehmern und Selbstständigen wird zunehmend unschärfer. Die digitale Technologie bringe es mit sich, dass sich in vielen Berufszweigen die freie bzw. der Familie gewidmete Zeit immer mehr mit der Arbeit überschneiden.
„Einerseits ist die digitale Vernetzung unverzichtbar für die räumliche und zeitliche Flexibilisierung der Arbeit, andererseits ist ein achtsamer Umgang damit nötig, um ein gefährliches Abdriften in Richtung „Totalberuf“ zu vermeiden“, so Vogliotti.
Die Zukunft: Wechselnder Lebens- und Arbeitsrhythmus
Ein modernes Verständnis der Vereinbarkeit von Familie und Beruf müsse den heute üblichen Lebens- und Arbeitsrhythmus der Menschen im Blick haben, so die Autorin.
Dieser sei vor allem durch Abwechslung gekennzeichnet: „Phasen der Vollzeitbeschäftigung wechseln mit Zeiträumen, in denen Menschen Teilzeit arbeiten, um persönliche und familiäre Erfordernisse zu verwirklichen. Neue Arbeitszeitmodelle in der digitalen Ära werden sich nach den individuellen Bedürfnissen (Familie, Fortbildung) richten müssen.“
Abrufbar ist AFI-Zoom No. 34 als PDF hier
„Wir freuen uns, dass die Hälfte der Befragten ihre Vereinbarkeit Arbeiter/Familie als “gut” und für fast ein Drittel als “sehr gut” einstuft. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist in der Tat ein wichtiges Element der Arbeitsqualität. In Zukunft muss sich die Arbeitszeitpolitik immer stärker an die unterschiedlichen Lebenszyklen der Menschen orientieren“, erklärt AFI-Präsidentin Christine Pichler.