Von: apa
Der österreichische Industrielle und Varta-Großaktionär Michael Tojner warnt vor einer Deindustrialisierung in Europa. “Die Gefahr haben wir, dass wir zum Europa-Disneyland werden”, sagte Tojner im APA-Gespräch. Auch um den Industriestandort Österreich macht sich der Investor Sorgen. “Die schleichende Verlagerung” von Teilen der heimischen Industrieproduktion ins Ausland sei ein Problem und die künftige Bundesregierung müsse gegensteuern, etwa mit Lohnnebenkostensenkungen.
Zur Industrieholding Montana Tech Components AG rund um Tojner gehören der kriselnde deutsche Batteriehersteller Varta und der Luftfahrtzulieferer Montana Aerospace sowie der Verpackungshersteller Aluflexpack bis zum Closing des Verkaufs im Jänner oder Februar 2025. Der Verpackungshersteller Constantia Flexibles mit Sitz in Wien übernimmt Aluflexpack. Man habe als Montana-Gruppe über zwei Mrd. Euro in den vergangenen zehn Jahren investiert, davon 80 Prozent in Industrieunternehmen in Europa, so Tojner.
Varta hatte sich mit einem riskanten Expansionskurs und fehlgeschlagenen Investitionen übernommen und sucht nun im vorinsolvenzlichen StaRUG-Verfahren die Rettung. Die Sanierung soll nun folgend ablaufen: Nach einem Schuldenschnitt folgt eine vollständige Herabsetzung des Grundkapitals der Varta AG auf null. Als neue Gesellschafter sollen unmittelbar im Anschluss an den Kapitalschnitt eine von Tojner kontrollierte Gesellschaft (MT InvestCo) sowie eine Beteiligungsgesellschaft des deutschen Sportwagenbauers Porsche AG mit jeweils 30 Mio. Euro einsteigen. Die derzeitigen Aktionäre scheiden kompensationslos aus und der Konzern verliert seine Börsennotierung. Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DWS) wirft dem Varta-Vorstand vor, die Interessen der Kleinanleger zu ignorieren.
Tojner sieht die Krisenursachen bei Varta in der Investitionspolitik des Batterieherstellers. Man habe sich wie der steirisch-bayerische Chip- und Sensorenhersteller ams-Osram oder der steirische Leiterplattenhersteller AT&S abhängig vom US-Giganten Apple gemacht. “Wir haben die Investitionen mit Fremdkapital und nicht mit Eigenkapital finanziert und sind deswegen in die Krise geschlittert”, so der Varta-Großaktionär. Man habe auch Anlaufschwierigkeiten bei einer Batteriezelle für die Automobilindustrie. Bis 2027 soll die Sanierung von Varta gemeinsam mit Porsche abgeschlossen sein. Tojner wird künftig nicht mehr Varta-Mehrheitseigentümer sein.
Auch das schwedischen Batteriezellen-Vorzeigeprojekt Northvolt steckt in der Krise. Asiatische Unternehmen dominieren bisher die Entwicklung und Produktion von E-Auto-Akkus. Ein länderübergreifendes Projekt wie Airbus im Bereich Luftfahrt sei für die europäische Batterie-Industrie “notwendig”, so der heimische Investor. Von Banken und Investoren, darunter Volkswagen, hat Northvolt bisher mehr als 15 Mrd. Dollar Eigen- und Fremdkapital eingeworben. Northvolt geriet wegen eines verlangsamten Produktionshochlaufs und stornierten Aufträgen in Schwierigkeiten.
Von der neuen EU-Kommission und den EU-Staaten erhofft sich Tojner Initiativen zur gemeinsamen Verteidigungs- und Außenpolitik und für eine Kapitalmarktunion. Es sei ein “gemeinsames, geschlossenes Auftreten in den Verhandlungen mit Russland und China” nötig. Außerdem brauche es “eine verständliche und stringente Immigrationspolitik in Europa” mit schnellen Asylverfahren. In Österreich vermisst der Unternehmer “eine gezielte Einwanderungspolitik für Talente und Hochbegabte”.
Angesichts des steigenden Budgetdefizits ortet der heimische Industrielle viele Baustellen für die künftige Regierung. Man müsse in Österreich neben der Lohnnebenkostensenkung auch “das Thema Pensionen angehen”, weil das Pensionssystem in fünf bis zehn Jahren “nicht mehr finanzierbar” sei. Der Spardruck nehme außerdem durch die steigenden Kosten für Pflege und Landesverteidigung zu. Schnelles Einsparungspotenzial sieht Tojner beim Klimabonus und bei der Bildungskarenz.
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3 Kommentare auf "Tojner warnt vor Deindustrialisierung in Europa"
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Die Europäer haben es invielen Bereuchen, wie Batterietechnik und EMobilität omplett verschlafen, möchten mit Dampfmaschinenverbrenner noch das gute Geschäft machen und bringen hohe Importzölle fürs EAuto ins Spiel. Dadurch rettet man sich nicht, denn die Welt ausserhalb Europas dreht sich weiter und der Vorsprung wächst noch mehr!
Hätte ein gewisser CEO Müller im Jahr 2017 nicht diese (fatale?) Aussage getätigt, sondern an die Zukunft gedacht, wären wir wohl nicht in dieser Situation….
Ein bisschen spät dran mit der Warnung ist alles schon im Laufen und wahrscheinlich nicht mehr aufzuhalten.