Von: mk
Rom – In den Medien ist kürzlich über die Stellungnahme der Tiroler Landesregierung berichtet worden, die Transitverbote und -einschränkungen seien fair und hätten keine unterschiedliche Behandlung der Transportunternehmen nach Herkunft zur Folge. Das italienische Handelskammersystem widerspricht dieser Behauptung und kontert mit Fakten.
Bei einer genauen Betrachtung der Tiroler Fahrverbote werde eine klare Unterscheidung zwischen dem Ziel- und Quellverkehr in Tirol und dem Transitverkehr deutlich. „Für den Transitverkehr herrschen eindeutig strengere Einschränkungen vor. So war zum Beispiel aufgrund des sektoralen Fahrverbots ein Transport von Trient nach München bis zum 31.12.2019 nur mit Lkw der Euroklasse VI möglich, Transporte von Trient nach Innsbruck oder von Innsbruck nach München hingegen auch mit Euro IV, obwohl solche Fahrzeuge einen um 88 Prozent höheren Stickoxid-Ausstoß aufweisen“, erläutert das italienische Handelskammersystem.
Viele Unternehmen aus Südtirol, Trentino und Bayern hätten mit bedeutenden Investitionen ihren Fuhrpark mit Fahrzeugen der Euroklasse VI aufgerüstet. Diese dürfen aber seit 1. Jänner 2020 im Sinne des erweiterten sektoralen Fahrverbotes auch nicht mehr verkehren, wenn sie bestimmte Waren transportieren. Davon ausgenommen sind die Fahrzeuge Euro VI, die nach dem 31.08.2018 zugelassen wurden. „Weist ein Transportunternehmen jedoch nach, Waren in Tirol auf- oder abzuladen, kann es auch Fahrzeuge der Euroklasse V verwenden, die um 80 Prozent mehr Stickoxide (NOx) ausstoßen und damit mehr verschmutzen. Erst ab 2023 unterliegen auch die Transporte mit Ziel- oder Quellverkehr in Tirol derselben Einschränkung“, betont das italienische Handelskammersystem.
Es würden also offensichtlich Unterscheidungen gemacht und die Tiroler Unternehmen begünstigt, da sie ältere und die Umwelt stärker belastende Fahrzeuge einsetzen können. „Dadurch wird der Versuch, die Umwelt zu schützen, vereitelt. Zudem können auf diese Weise die Transportunternehmen in Tirol Dienste anbieten, welche die italienischen und deutschen Transportunternehmen aufgrund der Verbote nicht umsetzen könnten“, erklärt das italienische Handelskammersystem.
Dies bestätige auch eine jüngste Umfrage von Uniontrasporti (der Tochtergesellschaft der Vereinigung der italienischen Handelskammern Unioncamere zur Förderung von Transport, Logistik und Infrastrukturen) bei den Produktionsunternehmen, die entlang der Brennerachse angesiedelt sind.
46 Prozent der befragten Betriebe beklagen längere Lieferzeiten aufgrund der Tiroler Fahrverbote und 32 Prozent auch höhere Produktkosten. 22 Prozent befürchten eine stärkere Konkurrenz der Lieferanten aus anderen europäischen Ländern, die nicht durch Tirol fahren müssen, um ihre Kunden zu erreichen.
Was den Fuhrpark betrifft, meldet etwa ein Viertel der Betriebe, verbotsbedingt 50 bis 100 Prozent der Fahrzeuge nicht mehr verwenden zu können. Eine Umfahrung des Brenners würde wiederum die Kosten um mehr als 30 Prozent erhöhen.
Die RoLa biete sich in Anbetracht der langen Ladezeiten nicht als Alternative an. Elf Prozent der befragten Unternehmen hätten auch erklärt, von Tiroler und österreichischen Transportfirmen Angebote für Transportdienste erhalten zu haben. „Diese nützen die Tatsache, keinen sektoralen Fahrverboten zu unterliegen. Kontaktiert wurden hierbei vor allem Unternehmen aus den Provinzen Bozen und Trient“, betont das italienische Handelskammersystem.
Das italienische Handelskammersystem ist der Auffassung, dass entlang der Brennerachse gemeinsame und faire Lösungen erforderlich seien, um Wettbewerbsverzerrungen oder Unterscheidungen zwischen Tiroler Unternehmen und solchen zu vermeiden, die ihren Sitz nicht in Tirol haben. In dieser Hinsicht unterstützt und teilt das italienische Handelskammersystem die Ansicht der Europäischen Kommission und der italienischen Regierung.