Von: luk
Bozen – Sporadisch sieht man sie auch in Südtirol: Autos mit ukrainischem, russischen oder weißrussischem Kennzeichen. Es dürfte sich in den meisten Fällen um Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine oder Regimekritiker aus Russland oder Belarus handeln, die ebenfalls auf der Flucht sind.
So weit so gut: Was aber, wenn man mit einem in diesen Ländern immatrikulierten Fahrzeugen – gerade vor dem Hintergrund des Krieges und der Sanktionen – einen Verkehrsunfall hat? Haftet beispielsweise eine Versicherung aus Russland oder bleibt man als Bürger der EU auf den entstandenen Kosten eines Blechschadens oder eines noch größeren Schadens sitzen?
Gute und schlechte Nachricht
“Derartige Szenarien sind über das ‘Green-Card-System’ geregelt”, wie Versicherungsexperte Lukas Widmann vom SVA-Versicherungsservice erklärt. “Das bilaterle Abkommen dient bei Fahrten ins Ausland als Nachweis, dass das Auto Kfz-haftpflichtversichert ist und im Schadensfall ein Versicherungsschutz besteht. Das Green-Card-System, das bei Abschluss einer Autoversicherung automatisch dabei ist, vereinfacht die Regulierung des Schadens. Auch Pkw aus Russland, Belarus und der Ukraine sind über ihre Versicherung in dieses System integriert – bis jetzt zumindest”, schildert Versicherungsexperte Widmann.
Über Nacht ohne Versicherung
Denn ab heute, 1. Juni 2023, fallen Russland und Belarus aufgrund des durch die Sanktionen erschwerten Zahlungsverkehrs aus dem Abkommen heraus. Autos mit russischem oder belarussischem Kennzeichen, die in Italien und der EU zirkulieren sind damit praktisch über Nacht nicht mehr versichert. Die Ukraine ist hingegen weiterhin Teil des Green-Card-Systems und damit nicht betroffen.
“Grenzpolizze wäre abzuschließen”
Laut Widmann müssten die Halter der Pkw aus Russland und Belarus in Italien dann eine sogenannte “Grenzpolizze” abschließen. Diese ist nur bei der UCI (Zentrales Italienisches Versicherungsamt) erhältlich. Es kümmert sich um die Schadensfälle mit Ausländern auf italienischem Territorium. Es lasse sich allerdings nicht überprüfen, ob dies auch wirklich geschehe. Vermutlich wüssten das die Betroffenen oft gar nicht.
“Garantiefonds” – es gibt ein Sicherheitsnetz
Im Falle eines Verkehrsunfalls mit einem nicht versicherten Fahrzeug aus diesen Ländern haben andere Verkehrsteilnehmer in Südtirol und Italien allerdings nicht das Nachsehen. “Dann wird der Schaden über den ‘Garantiefonds’ (“Fondo di garnazia vittime della strada”) abgewickelt, was allerdings einen bürokratischen Mehraufwand bedeutet”, so Lukas Widman.
Bei jeder Autoversicherung in Italien wird ein kleiner Teil der Prämie für eben diesen Garantiefonds abgezwackt. Dieser springt ein, wenn Unfälle mit nicht versicherten Fahrzeugen geschehen oder auch wenn jemand Fahrerflucht begeht. Es ist sozusagen ein Sicherheitsnetz, das auch greift, wenn italienische Bürger einen Schadensfall mit einem in Russland oder Belarus angemeldeten Fahrzeug haben, das hierzulande ohne Versicherungsschutz (Grenzpolizze) unterwegs ist.
Fahrzeug wird aus Verkehr gezogen
Werden russische Staatsbürger ohne die ab 1. Juni nötige “Grenzpolizze” von den Ordnungshütern ertappt, so geht Widmann davon aus, dass sie – wie vom Gesetz vorgesehen – eine Geldstrafe von bis zu 3.000 Euro erhalten und ihr Fahrzeug aus dem Verkehr gezogen wird.