Ungarn-Tochter von Spar Österreich betroffen

Ungarn führt Handelsmargen-Deckel bei 30 Nahrungsmitteln ein

Montag, 17. März 2025 | 14:18 Uhr

Von: apa

Die ungarische Regierung versucht, die Lebensmittel-Teuerung mit einer Handelsspannen-Obergrenze bei Grundnahrungsmitteln einzudämmen. Von 17. März bis 31. Mai darf die Handelsmarge auf 30 Grundnahrungsmittel 10 Prozent des Großhandelspreises nicht übersteigen, geht aus einer entsprechenden Verordnung hervor. Die Obergrenze betrifft Lebensmittelhändler mit einem Jahresumsatz von über 1 Mrd. Forint (2,5 Mio. Euro), darunter die Ungarn-Tochter von Spar-Österreich.

Spar ist die zweitgrößte Supermarktkette in Ungarn. Der heimische Händler hatte bereits mehrere umstrittene Einzelhandelsmaßnahmen der ungarischen rechtskonservativen Regierung von Viktor Orban in Brüssel bekämpft. Im vergangenen September hatte die Ungarn-Tochter SPAR Magyarország einen Etappensieg vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg errungen. Preis- und Mengenkontrollen, die Ungarn 2022 für mehrere Agrarprodukte eingeführt hatte, verstoßen gegen das EU-Recht, urteilte der Gerichtshof damals. Ausgangspunkt des Verfahrens war eine gegen SPAR Magyarország verhängte Geldstrafe wegen eines Verstoßes gegen die Mengenregeln. Das EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn aufgrund der Sondersteuer für große Einzelhändler läuft seit vergangenen Herbst.

Spar prüft derzeit Auswirkungen der Maßnahme

Die Spar-Österreich-Gruppe prüft gerade “die konkreten Auswirkungen” der Handelsspannen-Obergrenze. “Bei den Margenbeschränkungen handelt es sich um ergänzende Maßnahme zur diskriminierenden Sondersteuer, welche die ausländischen Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels wieder finanziell massiv belasten und weiter in die Verlustzone drängen wird, weil der Verkauf der betroffenen Artikel mit zusätzlichen Verlusten verbunden ist”, hieß es von Spar auf APA-Anfrage. “Preisspanne ist nicht der Gewinn”, betonten die internationalen Lebensmittelhändler unter den Mitgliedsunternehmen des Ungarischen Handelsverbandes (OKSZ) kürzlich in einer Stellungnahme. Die von der Handelsmargen-Deckelung betroffenen Händler seien “keine Profiteure”, die meisten von ihnen würden “seit Jahren Verluste machen oder realisieren stetig sinkende bescheidene Gewinne”.

Laut ungarischem Statistischem Zentralamt lagen die Verbraucherpreise im Februar 2025 im Durchschnitt um 5,6 Prozent höher als im Februar 2024. Die Lebensmittelpreise stiegen um 7,1 Prozent. Zu den 30 preisregulierten betroffenen Lebensmitteln gehören bis Ende Mai unter anderem Hühner-, Puten- und Schweinefleisch, Milch, Speiseöl, Mehl, Kartoffeln, Zucker, Eier, Käse, Milchprodukte, Äpfel.

Regierung: Einzelhändler tragen Schuld an Preisanstieg

Die ungarische rechtskonservative Regierung sieht die Schuld für den Preisanstieg bei den Einzelhändlern. Ohne Eingriff der Regierung würde die Lebensmittel-Inflation im März 9 bis 10 Prozent betragen. Die Händler machen die gestiegenen Einkaufspreise und die höheren Betriebskosten sowie die rekordhohe Mehrwertsteuer von 27 Prozent und die Einzelhandel-Sondersteuer für den Preisanstieg verantwortlich. Am stärksten stiegen die Preise für Mehl (+44 Prozent), Speiseöl (+27,5 Prozent), Eier (+24,7 Prozent) und Milch (+22,5 Prozent).

Die ungarische Regierung und die größeren Lebensmittelketten hatten zuletzt über Preissenkungen und freiwillige Angebote verhandelt. Doch diese Angebote der Einzelhändler seien weit hinter den Erwartungen der Regierung geblieben, hatte Orbán laut ungarischen Medienberichten letzte Woche kritisiert.

Drohung mit Millionen-Forint-Strafen

Bei Verstößen gegen die Gewinnspannen-Obergrenze müssen die Supermärkte mit hohen Strafen rechnen, die bis zu fünf Mio. Forint je Produktkategorie betragen können. Bei Warenmangel oder wenn ein Lebensmittelhändler den Mangel mit zu vielen Eigenmarken ausgleicht, kann das Bußgeld zwischen 500.000 und 2 Mio. Forint liegen.

Experten befürchten, dass die Supermarktketten versuchen werden, die Einnahmenverluste durch höhere Gewinnspannen bei anderen Produkten zu kompensieren. Laut Kritik des ehemaligen ungarischen Notenbankchefs Péter Ákos Bod handelt es sich bei der Preisdeckelung um eine Scheinmaßnahme, die das Problem der Inflation nicht löst und gleichzeitig den Einzelhändlern zusätzliche Lasten auferlegt. Es sei unangemessen, dass die Regierung mit der 27-prozentigen Mehrwertsteuer den Preis aller Produkte deutlich erhöhe und die Einzelhändler aber dennoch zur Rechenschaft über die Gewinnspannen-Gestaltung verpflichte, sagte Bod.

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