Von: mk
Bozen – Vorausdenken, neue Weg gehen, zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung beitragen, Verantwortung übernehmen, Entscheidungen treffen, die eigenen Ideen und Visionen umsetzen – das alles gehört zum Alltag von Unternehmen und jener Menschen, die sie führen. Dies betonten Vertreter des Unternehmerverbandes im Rahmen einer Pressekonferenz am Mittwoch. Um Südtirol für die Zukunft zu rüsten, brauche es die Bereitschaft zur Veränderung und Maßnahmen, die vielfach nicht einfach, aber unumgänglich sind. Der Unternehmverband unterstützt den Vorschlag eines „Nachhaltigkeitspaktes“ als Gesamtstrategie und weitreichende Vision, in deren Mittelpunkt die künftigen Generationen stehen.
Damit ein solcher Nachhaltigkeitspakt erfolgreich ist, müssten alle gemeinsam einen Beitrag leisten, die zur Verfügung stehenden menschlichen, natürlichen und finanziellen Mittel effizient und verantwortungsvoll nutzen und sich klar entscheiden, auf welche strategische Bereiche man für die Zukunft des Landes setzen wolle.
Ein – sozial, wirtschaftlich und ökologisch – nachhaltiges Südtirol zeichnet sich nach Meinung des Unternehmerverbandes vor allem durch folgende Eigenschaften aus: offen und einbindend; achtsam und auf die künftigen Generationen ausgerichtet; innovativ und vernetzt; effizient und verantwortungsvoll; attraktiv und wettbewerbsfähig.
„Südtirol hat sich im Laufe der vergangenen Jahrzehnte von einer armen zu einer der reichsten Regionen Europas entwickelt – ein Land, in dem unsere Unternehmen gewachsen sind und von dem aus sie weltweit neue Märkte erobert haben. Dieses Land liegt uns am Herzen, wir wollen mit seinen Ressourcen maßhalten, uns für dieses Land einsetzen, in immer modernere und effizientere Technologien investieren, zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung beitragen und auf die Verwirklichung und Entfaltung der Menschen setzen, die hier leben und arbeiten. Nachhaltigkeit bedeutet für uns, unseren Kindern die Möglichkeit zu geben, ihre Vorstellungen und Zukunftsperspektiven hier zu verwirklichen. Unsere Unternehmen wollen dafür ihren Beitrag leisten. Dieser unser Vorschlag ist offen für Anregungen und Verbesserungen; er entspringt dem Bewusstsein, dass wir an einem der schönsten Orte der Welt leben und arbeiten sowie dem Willen, diesen auch für die künftigen Generationen so zu erhalten“, so die Unternehmer.
Mehrsprachigkeit baut Mauern ab
Neben einem klaren Bekenntnis zu Europa treten die Unternehmer auch für Mehrsprachigkeit ein. Diese sei ein Reichtum, den man pflegen müsse. „Wir wollen Mauern abbauen, uns öffnen und mit anderen Ländern in Dialog treten und zusammenarbeiten. Mehrsprachigkeit ist ein Wettbewerbsvorteil für unsere Jugend: Wir brauchen ein Ausbildungssystem, das eine ausgezeichnete Kenntnis beider offiziellen Landessprachen sowie der englischen Sprache garantiert und schlagen zusätzlich die Gründung einer ‚English School‘ vor.“
Ein offenes Land
Die Zahl der „neuen Mitbürger” wird kontinuierlich steigen, rechnet der Unternehmerverband. „Wir fürchten uns nicht vor dieser neuen Entwicklung, auch wenn wir dadurch vor neue Herausforderungen gestellt werden, denn wir brauchen qualifizierte Menschen aus aller Welt. Wir pflegen einen respektvollen Umgang miteinander: Dies bringt Rechte und Pflichten mit sich. Integration ist verbunden mit der Kenntnis der Sprache, der Werte, der Gesetze, der Regeln und den Bräuchen unseres Landes. Eine rasche Bewertung der Fähigkeiten und Kompetenzen sowie eine gezielte Aus- und Weiterbildung sind entscheidend für die Integration der neuen Mitbürger in die heimische Arbeitswelt.“
Globale Kreisläufe stärken lokale Kreisläufe
Über 90 Prozent des weltweiten Wachstums finde mittlerweile außerhalb Europas statt: Die Erschließung neuer Märkte sei die Garantie, um weiterhin Mehrwert und Beschäftigung im eigenen Land zu schaffen. „Wir besitzen herausragende Unternehmen, die durch ihre hochqualitativen und hochwertigen Produkte international aufgestellt und unsere besten Botschafter im Ausland sind“, so die Unternehmer. Gleichzeitig gebe es hier noch großes Verbesserungspotenzial: „Nur” 3.000 Südtiroler Unternehmen sind im Ausland tätig und man sei gefordert, die Exportquote von den aktuellen 22 Prozent auf über 30 Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu steigern, um dasselbe Niveau wie Nachbarregionen wie Tirol oder Veneto zu erreichen.
Stärken stärken
Die Spezialisierung werde für die Wettbewerbsfähigkeit eines Wirtschaftsstandortes immer wichtiger. „Wir müssen gezielt auf jene Bereiche setzen, in denen wir bereits stark sind und wo unsere Betriebe weltweit eine Vorreiterrolle einnehmen (alpine Technologien, Automotive, Lebensmittel, nachhaltiges Bauen, Holz usw.). Gleichzeitig müssen wir die Bedingungen schaffen, um Headquarter internationaler Unternehmen an Südtirol zu binden und innovative Unternehmen anzusiedeln, die sich durch gezielte Kompetenz und Know-How, Schaffung von hochwertigen Arbeitsplätzen, Innovationsbereitschaft und hohe Produktivität auszeichnen“, so der Unternehmerverband.
Nachhaltige Ressourcennutzung
„Wir wissen, wie wertvoll unsere Landschaft ist und stehen für einen nachhaltigen Umgang mit unserer Umwelt. Unsere Unternehmen bemühen sich um ein langfristiges Energie- und Umweltmanagement. Durch ständige Innovation und Investitionen für immer effizientere Produktionsprozesse leisten sie für die soziale, wirtschaftliche und ökologische Nachhaltigkeit einen maßgeblichen Beitrag“, erklärt der Unternehmerverband.
Hohe Standards für Aus- und Weiterbildung
Eine der wichtigsten Herausforderungen für die Zukunft des Landes hänge mit Fähigkeiten und Begabungen zusammen. Aus- und Weiterbildung seien entscheidend: „Wir müssen auf höchste Qualität setzen, und zwar in jedem Bereich, auch in der ständigen Weiterbildung am Arbeitsplatz. Wir wollen soziale Kompetenzen stärken, unterstützen das duale Ausbildungssystem, wollen handwerkliche Berufe und praktische Ausbildung aufwerten sowie unsere Jugend vermehrt für Wissenschaft und Technik begeistern. Die Lehrkräfte haben dabei eine zentrale Rolle: Der Lehrberuf muss aufgewertet werden, indem wir Leistung mehr belohnen. Zudem muss in den Schulen ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Lehr- und Verwaltungspersonal wiederhergestellt werden“, so die Unternehmer.
Das Potenzial der Universität nutzen
Die Unternehmer sehen die Freie Universität Bozen als „natürlichen Partner“, um Herausforderungen wie mentale Öffnung, neue Kompetenzen, Innovation und Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Forschungseinrichtungen anzugehen. Diese Partnerschaft wolle man weiter stärken. Gemeinsam sollen Bildungsangebote wie die Fakultät für Ingenieurwesen oder Automation geschaffen werden, die stark auf die Bedürfnisse der Arbeitswelt ausgerichtet sind und den Jugendlichen die besten Voraussetzungen und Entwicklungsmöglichkeiten garantieren.
Industrie als Mehrwert
Die Unternehmen der Industrie und industrienahen Dienstleistungen erwirtschaften auf weniger als 0,3 Prozent der Gesamtfläche bzw. vier Prozent der nutzbaren Fläche unseres Landes über 25 Prozent des Südtiroler Bruttoinlandsproduktes, 85 Prozent der Exporte und 70 Prozent der Investitionen in Forschung und Entwicklung. „Sie sichern hochqualitative, sichere und überdurchschnittlich gut bezahlte Arbeitsplätze. Die effizienteste Strategie, um unserer Jugend optimale Karrieremöglichkeiten vor Ort zu garantieren, ist jene, die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit sich diese Unternehmen weiter entwickeln können. In diesem Zusammenhang ist die Entwicklung der verarbeitenden Unternehmen entscheidend, da Produktion und Innovation eng miteinander verbunden sind und nur so die Innovationskraft unseres Landes gestärkt werden kann.“
Miteinander und mit dem Rest der Welt verbunden
Südtirol brauche moderne und effiziente Verbindungsinfrastrukturen, die das gesamte Land vernetzen und gleichen Zugang für Ballungszentren und ländlichen Raum garantieren. „Wir stehen für eine nachhaltige Mobilität, die auf technologischer Innovation und nicht auf Verboten beruht. Unser Land muss über ein flächendeckendes und integriertes Verkehrsnetz für den Transport von Personen und Waren sowie Daten und Energie verfügen“, so der Unternehmerverband.
Digitalisierung für Vereinfachung nutzen
„Wir leben in einem Land, das sich durch unternehmerischen Geist und Fleiß der Bevölkerung auszeichnet und wissen das zu schätzen“, fahren die Unternehmer fort. Die Digitalisierung sei eine Chance, um Abläufe zu reduzieren und zu vereinfachen. Man müsse den Mut haben, alle Prozesse zu überdenken und einfacher und funktionaler zu gestalten. Südtirols Unternehmen würden Know-How und Kompetenzen besitzen, welche die öffentliche Hand in ihren Bemühungen unterstützen können, Südtirol auf allen Ebenen durch die Nutzung neuer, vernetzter, intelligenter und integrierter Technologien zu einer „Smart Region” in Europa zu entwickeln.
Zeitgerechte Arbeitsmodelle
Die Digitalisierung verändere auch die Art zu leben, arbeiten und kommunizieren. „Wir müssen unsere Jugendlichen auf die neuen Technologien besser vorbereiten. Gleichzeitig bringt der demographische Wandel die Herausforderung der ständigen Aus- und Weiterbildung für diejenigen mit sich, die schon in der Arbeitswelt eingebunden sind. Wir unterstützen moderne und flexible Arbeitsmodelle sowie innovative Lösungsansätze für die Mitarbeiter unserer Unternehmen (z.B. betriebliche Welfareleistungen) und eine verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf“, erklärt der Unternehmerverband.
Nachhaltiger öffentlicher Haushalt: Spending review und Reformen
Die Unternehmer streben außerdem hochqualitative öffentliche Dienste und ein exzellentes Gesundheits- und Sozialwesen an. Durch die Autonomie und dank einer starken Wirtschaft habe Südtirol im Vergleich zu anderen Regionen einen sehr gut dotierten öffentlichen Haushalt und eine geringe Verschuldung. Damit dies auch in Zukunft so bleibt, müssten alle Ausgaben durch eine genaue “Spending review” überprüft werden: Schaffung von Kompetenzzentren, Effizienzsteigerungen und Reduzierung der laufenden Ausgaben durch gezielte Reformen vor allem auf Verwaltungsebene seien zu unterstützen.
Öffentlich und privat im Wettbewerb für ständige Verbesserung
Der Wettbewerb sei der beste Weg, um Leistungen zu bewerten und sie immer effizienter und besser auf die Bedürfnisse der Bürger auszurichten. Nur über den Wettbewerb könne vom Betreiber der Dienste eine ständige Verbesserung der Qualität und Effizienz gefordert und garantiert werden. „Die öffentliche Hand muss sich dementsprechend auf ihre hoheitlichen Aufgaben konzentrieren. Indem wir bei öffentlichen Diensten verstärkt auch auf Angebote privater Unternehmen setzen, gewähren wir den Bürgern eine größere Auswahl, setzen die Mittel der öffentlichen Hand noch gezielter ein und ermöglichen durch die Reduzierung der anfallenden Kosten Steuerentlastungen“, so der Unternehmer verband.