Von: mk
Bozen – Die Herbstausgabe des Wirtschaftsbarometers vom WIFO – Institut für Wirtschaftsforschung der Handelskammer Bozen – zeigt nach wie vor ein sehr unterschiedliches Geschäftsklima bei den verschiedenen Landwirtschaftszweigen. Alle Südtiroler Sennereien und Kellereien konnten heuer zufriedenstellende Auszahlungspreise gewährleisten und haben auch positive Erwartungen für 2020. Für die Obstgenossenschaften hingegen war 2019 ein negatives Jahr, jedoch erwartet man sich eine Verbesserung für kommendes Jahr.
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Die Bewertungen der Südtiroler landwirtschaftlichen Genossenschaften bezüglich der Auszahlungspreise im Jahr 2019 sind sehr unterschiedlich und branchenabhängig. Die Prognosen für 2020 zeichnen ein besseres Bild, allerdings weiterhin mit erheblichen Abweichungen zwischen den einzelnen Branchen.
Der Milchsektor weist ein gutes Geschäftsklima auf. Für das laufende Jahr gehen alle Sennereien von zufriedenstellenden – in 85 Prozent der Fälle sogar von guten – Auszahlungspreisen aus. Der Umsatz ist auf allen Absatzmärkten angestiegen, insbesondere außerhalb Südtirols und über 80 Prozent der Sennereien verzeichnen ein wachsendes Geschäftsvolumen. Dies ist teilweise auf höhere Verkaufspreise zurückzuführen. Auch die Investitionen haben deutlich zugenommen, insbesondere in Maschinen und Gebäude. Allerdings wird eine Verschlechterung der Zahlungsmoral der Kund/innen gemeldet, die sich voraussichtlich auch 2020 fortsetzen wird. Darüber hinaus befürchten die Sennereien für das kommende Jahr einen Kostenanstieg, der sich negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit auswirken könnte. Die Erzeugerpreise dürften trotzdem weiterhin zufriedenstellend ausfallen.
Die Stimmung ist auch in der Weinwirtschaft sehr positiv. Fast zwei Drittel der Kellereien bewerten die heuer ausgezahlten Erzeugerpreise als sehr positiv, die restlichen zumindest als befriedigend. Sowohl auf dem Südtiroler Markt als auch bei den Exporten wurden deutliche Umsatzsteigerungen erzielt und die günstige Dynamik der Verkaufspreise hat die zunehmenden Produktionskosten ausgeglichen. Allerdings verzeichnen auch die Kellereien eine leichte Verschlechterung der Zahlungsmoral der Kund/innen. Die heurige Ernte ist aufgrund der Sommerhitze, die die Größe der Beeren reduzierte, um rund 15 Prozent geringer ausgefallen als im Vorjahr. Die Qualität ist jedoch gut und die Kellereien rechnen auch für 2020 mit wachsenden Umsätzen und guten Auszahlungen an die Winzer/innen.
Im Obstsektor ist die Lage komplexer. Die letzte Vermarktungssaison war schwierig, aufgrund des Überangebots und der niedrigen Preise. In den meisten Fällen waren die Erzeugerpreise nicht zufriedenstellend. Die Marktbedingungen sollten sich aber in den kommenden Monaten etwas verbessern, da die Ernte 2019 in Europa 20 Prozent unter dem Vorjahresniveau lag. Der Frühjahrsfrost hat die Ernte in den osteuropäischen Ländern stark beeinträchtigt. Polen, der größte Apfelproduzent Europas, verzeichnete sogar einen Rückgang um 44 Prozent. Die Erntemenge in Südtirol lag etwas unter dem Vorjahresniveau. Für 2020 erwarten die Obstgenossenschaften einen Umsatzanstieg und eine Verbesserung der Wettbewerbssituation, obwohl die Preisdynamik zurzeit schwach ist. Die Auszahlungen an die Obstbauern und Obstbäuerinnen werden voraussichtlich befriedigend sein.
Der Präsident der Handelskammer Bozen, Michl Ebner, blickt optimistisch auf die neue Vermarktungssaison: „Nach einem schwierigen Jahr 2019 ist es beruhigend, dass die Obstgenossenschaften im nächsten Jahr eine Besserung erwarten. Die Genossenschaften spielen eine Schlüsselrolle in der Südtiroler Landwirtschaft und bieten darüber hinaus interessante Beschäftigungsmöglichkeiten für hochqualifizierte Fachkräfte, zum Beispiel in den Bereichen Logistik, Qualitätskontrolle und Vermarktung.“
Die Stellungnahmen der Vertreter der Wirtschaftsverbände
Georg Kössler, Obmann des Südtiroler Apfelkonsortiums, erklärt: „Der europäische Apfelmarkt erlebt aufgrund riesiger Investitionen in die Anbauflächen in Osteuropa eine Krise der strukturellen Überproduktion. Dies wird in den nächsten Jahrzehnten zu einem harten Wettbewerb unter den Standardsorten führen. Durch mutige Sorteninnovation sollen neue Premium-Segmente und Marktnischen besetzt werden.“
Joachim Reinalter, Obmann des Sennereiverbandes Südtirol, betont: „Die Auszahlungspreise sind zwar im Vergleich mit dem Umfeld absolut gesehen hoch, jedoch haben die Bauern viel höhere Produktionskosten. Die Landwirte sind ständig mit neuen Auflagen konfrontiert, welche nicht vom Markt abgegolten werden. In den Milchhöfen steigen die Kosten für Energie und Verpackungsmaterial stark. Zudem belastet der Mangel an Fachkräften die Entwicklung der Betriebe.“
Leo Tiefenthaler, Obmann des Südtiroler Bauernbundes und der Kellerei Tramin, sagt hingegen: „Das heurige Jahr hat wieder gezeigt, wie wichtig eine gute Qualität und ein funktionierendes Genossenschaftswesen sind. Beide Erfolgsfaktoren müssen wir weiterentwickeln – und zudem mit Produktinnovation ergänzen. Was konkret den Obstbau betrifft, geht das Sortenerneuerungsprojekt in die richtige Richtung. Dadurch können wir uns wieder einen Vorsprung gegenüber unseren Mitbewerbern verschaffen.“