Biden will Ausbau der militärischen Fähigkeiten Chinas verhindern

USA regulieren Investitionen in China

Donnerstag, 10. August 2023 | 10:25 Uhr

Von: APA/dpa/Reuters

US-Präsident Joe Biden nimmt inmitten großer Spannungen China ins Visier und will bestimmte US-Investitionen regulieren. Biden erließ am Mittwoch (Ortszeit) ein Dekret mit dem Ziel, sensible Technologien – wie Halbleiter oder KI-Systeme – zu schützen. Washington wirft Peking vor, US-Investitionen auszunutzen, um seine militärischen Fähigkeiten weiterzuentwickeln. China kündigte umgehend an, sich gegen die Beschränkungen zur Wehr setzen zu wollen.

Man werde die Situation genau beobachten und “seine eigenen Rechte und Interessen entschlossen verteidigen”, zitierte der chinesische Staatssender CCTV am Donnerstag einen Sprecher des Außenministeriums in Peking. Das eigentliche Ziel der Amerikaner sei, China seiner Entwicklungsrechte zu berauben und die globale Hegemonie der USA zu erhalten. Das Vorgehen Washingtons verstoße zudem gegen die Prinzipien der Marktwirtschaft und des fairen Wettbewerbs und untergrabe die internationale Wirtschafts- und Handelsordnung, so der Sprecher weiter.

Ein Vertreter der US-Regierung hatte zuvor erklärt, man wolle “China daran hindern, sich die fortschrittlichsten Technologien zu beschaffen und zu nutzen, um die militärische Modernisierung voranzutreiben und die nationale Sicherheit der USA zu untergraben”. Er machte deutlich, dass es sich um eine Maßnahme zum Schutz der nationalen Sicherheit handle und nicht um eine Investitionsbremse.

Laut der US-Regierung sind folgende Sektoren betroffen: Halbleiter, bestimmte künstliche Intelligenzsysteme und Quanteninformationstechnologien. Letztere ermöglichen die Berechnung von Algorithmen, die für heutige Computer zu komplex sind. US-Investitionen in derartige Sektoren in China könnten nach Prüfung künftig von der Regierung untersagt werden. Für bestimmte Investitionen soll es eine Meldepflicht geben.

Das Dekret richtet sich gegen “bedenkliche Länder” – allerdings ist nur China ausdrücklich genannt. Es geht im Kern darum, dafür zu sorgen, dass Kapital aus den Vereinigten Staaten nicht im großen Stil in Industriebereiche rivalisierender Staaten fließt, die für die nationale Sicherheit der USA von Bedeutung sind – also etwa im Verteidigungs- oder Technologiesektor.

Allerdings sind Direktinvestitionen nur ein Mittel, wie China an moderne Hightech-Technologie kommen möchte. Ebenfalls am Mittwoch bestellten einem Bericht der “Financial Times” zufolge Chinas Internet-Giganten Baidu, der TikTok-Eigentümer ByteDance, Tencent und Alibaba beim US-Chiphersteller Nvidia gleichzeitig Prozessoren im Wert von jeweils einer Milliarde Dollar, die vor allem für die Künstliche Intelligenz gebraucht werden. Das “Handelsblatt” hatte zudem berichtet, dass chinesische Firmen zudem verstärkt Lizenzen westlicher Firmen erwerben, um Auflagen zu umgehen.

Die Vorschriften sollen nur künftige Investitionen betreffen, sagte ein US-Regierungsvertreter. Es wird erwartet, dass die Regelungen nächstes Jahr umgesetzt werden, sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person.

Auch in der EU werden derzeit Investitionsbeschränkungen diskutiert. Die EU-Kommission hat eine Expertengruppe eingesetzt, die Vorschläge vorlegen soll. “In diesen Prozess werden wir uns aktiv einbringen”, sagte ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums am Donnerstag auf Anfrage. In der neuen China-Strategie der Bundesregierung heißt es relativ allgemein, dass “angemessene Maßnahmen, die darauf ausgerichtet sind, mit Auslandsinvestitionen verbundenen Risiken entgegenzutreten, wichtig sein könnten”. Man wolle dies mit Partnerländern beraten. Die USA hatten zuletzt Druck ausgeübt, damit etwa Japan und die Niederlande keine moderne Halbleiter-Technologie mehr nach China liefern.

Siemens sieht sich von dem angekündigten Verbot nicht direkt betroffen. Dabei gehe es etwa um Hochleistungshalbleiter, sagte der Vorstandschef des Münchner Technologiekonzerns, Roland Busch, am Donnerstag. “Ich sehe keine direkten Auswirkungen auf uns.” Für eine genaue Beurteilung sei es aber noch zu früh. “Die USA haben angekündigt, einen sehr schmalen Zaun zu bauen, aber einen sehr hohen”, sagte Busch.

Die Beziehungen zwischen den USA und China sind seit einiger Zeit auf einem Tiefpunkt. Biden ließ die Strafzölle gegen China in Kraft, die sein Amtsvorgänger Donald Trump eingeführt hatte. Der Demokrat stieß außerdem im großen Stil Investitionen in den USA an, um Amerikas Lieferketten unabhängiger zu machen – vor allem von China. Die USA erließen auch Exportbeschränkungen, um China den Zugang zu US-amerikanischen Technologien zu verwehren. Für Streit sorgen auch Chinas Rückendeckung für Russlands Krieg in der Ukraine und Drohungen gegen Taiwan.

Die USA und China sind die beiden größten Volkswirtschaften der Welt – und als solche auch eng verwoben. China gehört zu den drei größten Handelspartnern der USA, neben den direkten Nachbarn Kanada und Mexiko.