Wenig Preistransparenz im Online-Handel

Verbraucherzentrale will Marktaufsichtsbehörde einschalten

Freitag, 02. August 2024 | 11:00 Uhr

Von: mk

Bozen – Der Onlinehandel bietet mittlerweile fast ganzjährig Rabatte. Dabei werden die Angebote als Super-Schnäppchen angepriesen, und es ist nicht leicht herauszufinden, ob dem tatsächlich so ist. Das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ) Italien – Büro Bozen und die Verbraucherzentrale Südtirol (VZS) haben in einer Stichprobenkontrolle die Preisauszeichnungen von bekannten Onlineshops auf ihre Korrektheit hin überprüft.

Samuel möchte eine neue Brille erwerben und hat auf den Sommerschlussverkauf gewartet, um sie zu kaufen. Schließlich entdeckt er online eine Brille mit einem Rabatt von 55 Prozent: Statt 121 Euro kostet sie nur 54,50 Euro! Fast geschenkt, denkt er sich. Doch als er auf den Artikel klickt, um mehr zu erfahren, sieht er eine weitere Angabe: „Niedrigster Preis der letzten 30 Tage: 66,60 Euro“. So wird aus dem unglaublichen Rabatt von 55 Prozent schnell ein Rabatt von nur 22 Prozent.

Greta ist schon seit einigen Wochen auf der Suche nach den perfekten Ohrringen für ihren Abschlussball. Dabei stößt sie online auf ein tolles Angebot: Die Ohrringe würden eigentlich 16,99 Euro kosten, aber da sie um 15 Prozent reduziert sind, kann sie sie jetzt für nur 11,99 Euro bestellen. Bei genauerem Hinsehen stellt Greta jedoch fest, dass der beste Preis in den letzten 30 Tagen bei 8,90 Euro lag. Das bedeutet, dass der Preis während des Ausverkaufs sogar um 34 Prozent gestiegen ist.

Gerade um solche Täuschungen zu vermeiden, gibt es seit Juli 2023 eine spezielle Regelung zugunsten der Verbraucher, die sogenannte Omnibus-Richtlinie, welche in Italien über den Verbraucherschutz-Kodex umgesetzt wurde. Dieser schreibt im neuen Artitkel 17-bis vor, dass bei Verkäufen und Sonderangeboten (online und im traditionellen Handel) der vorher geltende Preis deutlich angezeigt werden muss. Unter dem früheren Preis ist der niedrigste Preis zu verstehen, der in den letzten 30 Tagen vor der Preissenkung galt. Dies ermöglicht es den Kaufenden, die Günstigkeit eines Angebots auf Anhieb einzuschätzen. „Eine absolut konsumentenfreundliche gesetzliche Neuerung, die aber auch nach zwölf Monaten noch nicht immer korrekt angewandt wird“, bedauern die Konsumentschützer.

Online-Shops und ihre Verpflichtungen

Kommen die Online-Shops ihren Verpflichtungen wirklich nach? Um diese Frage zu beantworten, haben die VZS und die EVZ stichprobenartig die Preise von 45 Online-Shops – von Bekleidungs- über Elektronik- bis hin zu Möbelgeschäften – während der Aktionszeiten überprüft und die Ergebnisse aufgezeichnet. Die Ergebnisse dieser Untersuchung sind nicht besonders zufriedenstellend.

Nur neun der geprüften Shops gaben ausdrücklich den niedrigsten Preis an, den sie in den letzten 30 Tagen für ihre Artikel angeboten hatten. Die meisten Online-Shops geben nur einen allgemeinen „vorherigen Preis“ an, ohne den genauen Zeitraum zu nennen. Einige Geschäfte hingegen halten sich in keiner Weise an den gesetzlich vorgeschriebenen Kennzeichnungs-Pflichten: Sie geben weder den Prozentsatz der Ermäßigung noch den vorherigen Preis des Produkts an, sondern nur den neuen reduzierten Preis – laut Verbraucherschützern eine gravierende Kennzeichnungslücke. In den Fällen, in denen der alte Preis angegeben war, lies sich häufig feststellen, dass die „Super-Schnäppchen“ eigentlich gar keine waren, da der alte Preis manchmal gar geringer als der Angebotspreis war.

Noch schlimmer ist, dass sich in einigen Fällen sogar herausstellte, dass der Preis, der als der niedrigste der letzten 30 Tage angegeben wurde, nicht der effektiv in diesem Zeitraum angewandte war. „Es sei daran erinnert, dass alle diese Verhaltensweisen als unlautere Geschäftspraktiken zu betrachten sind, die von der Markt- und Wettbewerbsbehörde (AGCM) geahndet werden können. Die Normen über die Preisauszeichnung während der Abverkäufe sind eindeutig und der Nutzen für die Verbraucher ist unbestritten“ sagt Stefano Albertini, Leiter des EVZ Bozen. „Es ist kein gutes Zeichen, wenn sich so viele Online-Shops noch nicht daran halten.“

Auch Gunde Bauhofer, VZS-Geschäftsführerin, kann dem Ergebnis der Stichprobe wenig Positives abgewinnen: „Die mangelnde konkrete Anwendung dieser Norm durch die Online-Shops geht absolut zum Schaden aller Konsumenten und Konsumentinnen, da ihnen die Möglichkeit einer bewussten Kaufentscheidung genommen wird. Wir werden die Marktaufsichtsbehörde einschalten, damit diese entsprechende Gegenmaßnahmen treffen kann.“

Weitere Informationen erhält man kostenlos beim Europäischen Verbraucherzentrum Italien (Büro Bozen Tel.: 0471-980939 E-Mail: info@euroconsumatori.org; Büro Rom Tel.: 06-44238090, E-Mail: info@eccnet-italia.it).

Zudem besteht die Möglichkeit eines Schlichtungsverfahrens mit dem von der Verbraucherzentrale Südtirol (VZS) eingerichteten Schlichtungsorgan www.onlineschlichter.it, um das kostenlose Online-Schlichtungsverfahren zur außergerichtlichen Beilegung von Verbraucherstreitigkeiten aus dem Online-Kauf von Waren und Dienstleistungen zu nutzen.

Bezirk: Bozen

Kommentare

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7 Kommentare auf "Verbraucherzentrale will Marktaufsichtsbehörde einschalten"


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Homelander
Homelander
Universalgelehrter
10 Tage 17 h

Nur sehr wenige, ehrliche und sichere Onlineportale gibt es! Das meiste ist eh nur Müll und eine fregatura!

Faktenchecker
10 Tage 12 h

Hier wirst Du fair bedient und bekommst den besten Preis:

https://www.reset.ch/index.html

sophie
sophie
Kinig
10 Tage 17 h

Das ist mir schon passiert, suche ein Produkt, der Preis
Ist meistens ein Offert, aber Schussendlich ist der Endpreis nicht der, der beim ersten Klick angegeben wurde. Ich verlasse dann meistens ohne Kauf die Seite und probiere ein ander mal. Es ist meistens verschieden.
Man sollte nichts dringend suchen und kaufen, dann klappts besser.

primetime
primetime
Kinig
10 Tage 13 h

Hast du im Ausland bestellt? Da kann es schon sein dass man der MwSt-Regelung zum Opfer wird

primetime
primetime
Kinig
9 Tage 20 h

Doolin der e-commerce Experte 😂

Neumi
Neumi
Kinig
10 Tage 14 h

Es gibt genügend Tricks, um das legal zu umgehen.

Man muss z.B. nur ein Shirt und eine Hose in einem Bundle verkaufen und hat damit ein neues Produkt ohne Preishistorie. Die Einzelprodukte nimmt man so lange aus dem Angebot.

Dies ist natürlich mit Aufwand verbunden und bereitet am Ende dem Laden sogar mehr Kosten.

Die “niedrigster Preis” Info löst vielleicht nicht alle Probleme mit Rabattaktionen, aber sie hilft.

primetime
primetime
Kinig
10 Tage 13 h

Wo ist das Problem? Die Brille ist im Ausverkauf um weitere 11,50€ billiger. Bei den Ohrringen ist ein zeitlich begrenzter Sonderrabatt im Spiel gewesen. Warum wird der Vergleichsrabatt auf einen Sonderpreis berechnet welchen der Verkäufer das ganze Jahr halten kann aufgrund der internationalen Konkurrenz? Ein Rabatt wird immer auf Basis des Katalogpreises berechnet denn keiner ist Verpflichtet Rabatte zu gewähren. Darum ist es wichtig diesen zu kontrollieren denn einige Schlaumeier erhöhen diesen vorher um ein vielfaches um anschließend mit hohen Rabatten zu werben. Keine Ahnung was man mit der stumpfsinnigen 30-Tage regel anstellen will

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