Von: mk
Bozen – Am gestrigen 10. April fand im Pastoralzentrum am Domplatz in Bozen die Mitgliederversammlung des Vereins für Sachwalterschaft statt. Anlass war das 15-jährige Bestehen des Vereins sowie die Vorstellung des Entwurfs des Ethikkodexes für die Sachwalter.
Die Veranstaltung verzeichnete eine breite Beteiligung zahlreicher institutioneller Vertreterinnen und Vertreter, die die Bedeutung der Arbeit des Vereins auf territorialer Ebene anerkannten. An der Versammlung nahmen unter anderem die Landesrätin für Soziales, Familie, Senioren, Genossenschaften und Ehrenamt, Rosmarie Pamer, der Bozner Stadtrat für Sozialpolitik, Juri Andriollo, die Generaldirektorin des Betriebes für Sozialdienste Bozen, Liliana Di Fede, die Gleichstellungsrätin Brigitte Hofer sowie der Präsident des Gemeindenverbandes Andreas Schatzer teil.
Der Präsident der Notariatskammer Bozen, Walter Crepaz, erinnerte an die zehn Jahre seit der Unterzeichnung des Protokolls zur vorzeitigen Benennung eines Sachwalters im Jahr 2015, das auf Initiative des Vereins zustande kam.
Ebenfalls anwesend war Richter Peter Michaeler, Gründungsmitglied des Vereins, gemeinsam mit Georg Leimstaedtner, Direktor des Dachverbandes für Soziales und Gesundheit, der die Gründung des Vereins im Jahr 2010 unterstützte.
Zu Beginn der Versammlung wurde ein zusammenfassendes Video mit vier Erfahrungsberichten von Betroffenen, Angehörigen und Bürger:innen gezeigt, die sich an den Verein gewandt hatten. Dieser bewegende Moment zeigte, wie sehr die Präsenz einer strukturierten und kompetenten Einrichtung die Lebensqualität schutzbedürftiger Menschen verbessern kann, indem sie Zuhören, Kontinuität, Nähe und Schutz bietet. Die Berichte gaben auch jenen Raum, die schwierige Situationen erlebt hatten, und unterstrichen die Bedeutung eines zugänglichen und professionellen Ansprechpartners.
Anlässlich des 15-jährigen Jubiläums wird der Verein eine Sensibilisierungsstrategie in den sozialen Medien starten, um bewährte Praktiken in der Sachwalterschaft sichtbar zu machen. Die vollständigen vier Video-Erfahrungsberichte werden demnächst auf den offiziellen Kanälen des Vereins veröffentlicht.
Anschließend wurde der Entwurf des Ethikkodexes für die Sachwalter vorgestellt – ein Dokument, das auf nationaler Ebene einzigartig ist. Seine Ausarbeitung basiert auf praktischer Erfahrung und dem kontinuierlichen Austausch mit Betroffenen, Angehörigen, Fachkräften und Diensten.
Der Kodex orientiert sich an den Prinzipien der UN-Behindertenrechtskonvention, der Erklärung von Yokohama und dem Gesetz 6/2004, das die Maßnahme der Sachwalterschaft eingeführt hat. Er zielt darauf ab, eine verantwortungsbewusste, reflektierte und respektvolle Ausübung der Rolle zu fördern, durch klare, gemeinsame Verhaltensregeln, die auf die Qualität der Beziehung zur betroffenen Person ausgerichtet sind.
Die endgültige Version des Ethikkodexes wird am 3. Oktober 2025 im Rahmen des Europäischen Forums zum rechtlichen Schutz schutzbedürftiger Personen bei EURAC Research vorgestellt.
In seiner Begrüßung erinnerte Präsident Werner Teutsch an die Ursprünge und den Gründungsgeist des Vereins: „Vor fünfzehn Jahren haben wir eine klare Entscheidung getroffen: da zu sein für diejenigen, die sich kümmern. Wir begannen in einem gemeinsam genutzten Raum mit begrenzten Ressourcen, aber mit der Überzeugung, dass rechtlicher Schutz kein Gefallen, sondern ein Recht ist, das konkret, zugänglich und nah an den Menschen umgesetzt werden muss. Heute setzen wir unser Engagement mit derselben Motivation fort und sind bereit, uns noch stärker im Gebiet zu verankern.“
Im Verlauf der Versammlung wurde auch das Thema der zunehmenden wirtschaftlichen Verwundbarkeit behandelt. Laut internen Daten des Vereins verfügten im Jahr 2024 33 Prozent der Betreuten über ein Vermögen von weniger als 5.000 Euro, während die Mehrheit ein Jahreseinkommen von unter 15.000 Euro hatte. Besonders kritische Situationen betreffen Personen mit psychischen Erkrankungen oder ohne familiäres Netzwerk, die oft Dritten anvertraut sind, die, obwohl geschult, nicht immer eine kontinuierliche und strukturierte rechtliche Betreuung gewährleisten können.
Um diesen Bedürfnissen gerecht zu werden, hat der Verein das Projekt EGIDA ausgebaut, das die direkte Übernahme komplexer Fälle durch ein multidisziplinäres Team vorsieht. Derzeit betreut das Projekt 30 Personen.
Im Jahr 2024 erbrachte der Verein zudem 1.684 individuelle Beratungen, 675 Leistungen und bearbeitete über 5.200 telefonische Anfragen. Auch das Projekt des Sachwalters der Gemeinschaft wurde erweitert und ist dank der Zusammenarbeit mit dem Verband der Seniorenwohnheime Südtirols in mehreren Seniorenresidenzen aktiv.
Die Versammlung endete mit einem starken Gefühl gemeinsamer Verantwortung und dem Bewusstsein, dass die Zukunft der Sachwalterschaft von Netzwerken, Qualität und Beteiligung geprägt sein wird.
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