Von: luk
Bozen – “Weniger Bürokratie und mehr Gestaltungsfreiräume für die öffentlichen Verwaltungen im Sinne der Bürgerinnen und Bürger” bringt nach den Worten von LH Kompatscher das neue Vergabegesetz mit sich.
Der Südtiroler Landtag hat heute den von Landeshauptmann Arno Kompatscher eingebrachten und von der Landesregierung Ende Mai vorgelegten Gesetzentwurf “Vereinfachungen in der öffentlichen Auftragsvergabe” verabschiedet, mit dem Südtirols Vergabegesetz geändert wird, um Abläufe zu verbessern und Verfahren zu vereinfachen. “Mit diesem neuen Gesetz verringern wir eine Menge an Bürokratie und schaffen für die öffentlichen Verwaltungen die Voraussetzung, schneller und flexibler zu reagieren, vor allem aber auch zu agieren”, betonte der Landeshauptmann nach der Verabschiedung im Landtag.
Im Sinne der heute genehmigten Bestimmungen können Bau- und Dienstleistungsaufträge, aber auch Lieferungen unter 40.000 Euro direkt vergeben werden. Was Lieferungen und Dienstleistungen betrifft, können künftig Aufträge im Wert von 40.000 bis 150.000 Euro nach Konsultierung von drei Wirtschaftsteilnehmenden ebenfalls direkt zugeschlagen werden. Dies gilt auch für Bauleistungen zwischen 40.000 und 150.000 Euro. “Rund 70 Prozent der öffentlichen Vergaben in unserem Lande liegen in dieser Größenordnung und sind damit entbürokratisiert”, informierte Landeshauptmann Kompatscher. Für alle Bauleistungen, Lieferungen und Dienstleistungen, welche die genannten Beträge übersteigen, gelten weiterhin die bisherigen Bestimmungen, nach denen je nach Auftragsvolumen fünf bis zwölf Wirtschaftsteilnehmende zu einem Verhandlungsverfahren einzuladen sind. Zudem sind nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes für die Planung von Vorhaben örtlicher Körperschaften unter einer Million Euro keine Überprüfung und Validierung seitens des Landes mehr notwendig. “Von der Aufteilung in qualitative und quantitative Lose versprechen wir uns zudem einen erleichterten Zugang kleinerer und lokaler Unternehmen zu öffentlichen Aufträgen”, sagte Landeshauptmann Kompatscher.
Das Land Südtirol hatte als eine der ersten Regionen Europas Ende 2015 die europäische Vergaberichtlinie über ein eigenes Landesgesetz direkt umgesetzt, ohne die italienische Gesetzgebung abzuwarten. Ziel war es, die Digitalisierung voranzutreiben, die Bearbeitungszeiten zu reduzieren, die Kosten für einzukaufende Leistungen zu drosseln und die Auftragsvergabe möglichst transparent abzuwickeln. “Der Erfolg lässt sich sehen“, betonte der Landeshauptmann. “Während im restlichen Staatsgebiet die öffentlichen Aufträge rückläufig waren, sind sie bei uns angestiegen und haben 2018 mit einem Gesamtvolumen von einer Milliarde ihren Höhepunkt erreicht. Daruf aufbauend haben wir nun weitere Vereinfachungen beschlossen.”
Das neue Gesetz tritt nach Veröffentlichung im Amtsblatt der Region in Kraft.
Albin Kofler und Josef Tschöll zum Vergabegesetz: Wichtiger Schritt zur Entbürokratisierung
„Die Neuerungen werden weitere unnötige Bürokratie abbauen“, erklären Albin Kofler (Vorsitzender der SVP-Bürgermeisterkonferenz) und Josef Tschöll (Vorsitzender der SVP-Wirtschaft). Das überarbeitete Vergabegesetz werde „ein schnelleres und flexibleres Arbeiten der Gemeinden für die Bürgerinnen und Bürger“ ermöglichen – und auch den Unternehmern und Dienstleistern das Leben erleichtern.
„Mit dem überarbeiteten Gesetz Nr. 22 hat der Landtag auf Vorschlag von Landeshauptmann Arno Kompatscher einen wichtigen Schritt gegen die bisher recht komplizierte und aufwändige Vergabe von öffentlichen Dienstleistungen und Bauaufträgen gesetzt“, freuen sich Albin Kofler und Josef Tschöll. Die verschiedenen Vereinfachungen werden sich besonders auf die Arbeit der Gemeinden auswirken – und diesen neue Gestaltungsmöglichkeiten einräumen. „Diese werden künftig unbürokratischer, schneller und flexibler arbeiten können. Im Gegensatz zum zuletzt erlassenen Dekret der Regierung („sblocca-cantieri“) werden hier konkrete Schritte gesetzt, damit rasch und effizient ausgeschrieben werden kann ohne, dass das Prinzip des Wettbewerbs verletzt wird“ so die beiden Vorsitzenden. „Kommunale Vorhaben unter einer Million Euro müssten künftig nicht mehr eigens vom Land überprüft werden – Aufträge unter 40.000 Euro können direkt vergeben werden“, erklären Albin Kofler und Josef Tschöll. „Auch bei Bauleistungen bis 150.000 Euro sowie bei Lieferungen und Dienstleistungen bis 100.000 Euro ist eine Direktvergabe möglich; vorab müssen nur drei entsprechende Angebote eingeholt werden.“ Bei höheren Beträgen muss zu einem öffentlichen Verhandlungsverfahren geladen werden.
„Die öffentlichen Aufträge habe in Südtirol, anders als in Italien, wo sie rückläufig waren, im vergangenen Jahr mit einem Umfang von rund einer Milliarde Euro einen Höhepunkt erreicht“, meinen Albin Kofler und Josef Tschöll. Die Neuerungen im Vergabegesetz werden rund 70 Prozent der Aufträge vor Ort betreffen: „Es erleichtert aber nicht nur die Arbeit der Gemeindeverwaltungen, sondern auch jene der Unternehmen und Dienstleister, die sich ebenso mit unnötiger Bürokratie konfrontiert sahen.“
hds: „Neue Möglichkeiten für lokale Betriebe“
Der hds – Handels- und Dienstleistungsverband Südtirol begrüßt in einer Aussendung das vom Landtag verabschiedete Gesetz zur Vereinfachung der öffentlichen Auftragsvergabe. „Ein längst fälliger Schritt, der neue Möglichkeiten für unsere lokalen Betriebe eröffnet“, kommentiert in einer ersten Stellungnahme hds-Präsident Philipp Moser die neue Regelung. Vor allem die höhere Schwelle für Direktvergaben ist eine Errungenschaft, für die sich der hds eingesetzt hatte.
So sieht das neue Vergabegesetz vor, dass bei Lieferungen und Dienstleistungen sowie Bauleistungen ab nun bis 150.000 Euro ein Direktauftrag erteilt werden kann, wobei vorher drei Wirtschaftsteilnehmer, sofern vorhanden, konsultiert werden. Bisher lag die Schwelle bei 40.000 Euro.
„Die hinter dem Südtiroler Vergabegesetz stehende Absicht, die lokalen Kreisläufe zu unterstützen, ist ein wichtiges Anliegen des hds, und dieses Bekenntnis zum heimischen Wirtschaftsgefüge wird nun entsprechend gesetzlich berücksichtigt“, betont Präsident Moser.
Das neue Landesgesetz schafft innerhalb der vorgegebenen Möglichkeiten die Voraussetzungen, damit bei kleineren Aufträgen die größtmögliche Vereinfachung und Entbürokratisierung erreicht wird und so auch kleinere, lokale Betriebe, ohne allzu großen Aufwand, an öffentlichen Aufträgen teilnehmen können. Das stärkt die Regionalität und sorgt dafür, dass die Wertschöpfung im Land bleibt, so der hds abschließend.
SWR: “Bitte mehr davon”
Der Südtiroler Wirtschaftsring – Economia Alto Adige (SWREA) begrüßt das vom Landtag mit großer Mehrheit verabschiedete Gesetz zur Vereinfachung der öffentlichen Auftragsvergabe. Die Anhebung der Schwelle für Direktvergaben bis zu 150.000 Euro etwa, war eine zentrale und gemeinsame Forderung der Wirtschaft und sei ein konkreter, spürbarer Bürokratieabbau, der den Großteil der Vergaben in Südtirol betrifft.
“Die Anhebung des Höchstbetrags für Direktbeauftragungen, nach vorheriger Konsultation von mindestens drei Unternehmen im Bauwesen, wie auch für Dienstleistungen und Ankäufe bis zu 150.000 Euro, ist eine erhebliche Erleichterung für die Unternehmen. Als SWR-EA haben wir dies im Rahmen der Diskussion des Gesetzentwurfs immer wieder eingefordert. Nun ist es uns gemeinsam gelungen, im direkten Austausch mit der Politik diese und weitere spürbare Erleichterungen auf den Weg zu bringen“, zeigt sich Hannes Mussak Präsident vom SWR-EA erfreut. „Auch, dass das Gesetz mit einer derart breiten Zustimmung verabschiedet wurde, macht deutlich wie wichtig gerade solche Gesetzesinitiativen sind, die auf einen Bürokratieabbau abzielen. Diesen Weg gilt es auch in anderen Bereichen konsequent weiterzugehen“, so Andreas Mair, Geschäftsführer vom SWR-EA.
“Schutz der Arbeit zählt nicht”
“Das neue Landesgesetz zur Auftragsvergabe, welches gestern von Landtag verabschiedet wurde, verschlechtert den Schutz der Arbeit. Man hat Vereinfachungen für die Betriebe und Freiberufler beschlossen aber es gibt keine Bestimmungen zugunsten jener, welche die Dienste tatsächlich ausführen und die Arbeit leisten. Dies obwohl es immer mehr Fälle von Ausbeutung gibt und, da durch den staatlichen Vergabekodex die höchste Preissenkung wieder eingeführt wurde, diese Fälle sicher zunehmen werden. Die Durchführungsbestimmungen des vor drei Jahren erlassenen Landesgesetzes für die Angemessenheitskontrollen, bezogen auf den Auftragsbetrag und der von den beauftragten Betrieben effektiv eingesetzten Arbeitskraft, sind bis heute nicht erarbeitet worden. Das bedeutet das Gesetz wird de facto nicht angewandt. Es wurde uns mitgeteilt dass es technische Probleme bei der Anwendung des Gesetzes gäbe, aber wenn dies so wäre dann hätte man bei der Übernahme des staatlichen Vergabekodexes entsprechend einschreiten können”, so die Gewerkschaft SGBCISL.
“Es ist mittlerweile bekannt das hunderte von Kollektivverträgen unterzeichnet werden, bei denen aber die organisatorische Repräsentativität nicht hinterfragt wird, welche die Arbeitnehmer schlechter stellen. Wenn man dieses Problem weiterhin ignoriert, werden Wirtschaftstreibende legitimiert, welche skrupellos ausbeuten. Der vom Landtag verabschiedete Gesetzestext sieht außerdem die Abschaffung der gegenwärtigen Garantien für die Einzahlungen an die Bauarbeiterkasse und an die Rentenversicherungsanstalt vor. Schließlich zum Thema Abschätzung der Kosten für Arbeit und Sicherheit: sie ist nur bei der Unterzeichung des Vertrages für die Auftragsvergabe vorgesehen, ohne dass etwaige Falscherklärungen überprüft werden. Dies ist ein weiteres Beispiel dafür, dass die Kontrolle der Arbeitsbedingungen und der Gesundheit für jene, welche die Arbeitsaufträge erhalten, nur eine Belästigung darstellt”, heißt es weiter.