Von: luk
Laimburg – Die Landwirtschaft im Berggebiet zeichnet sich durch ihre Vielfältigkeit aus: Unterschiedliche Höhenstufen und lokal variierende Gegebenheiten bieten Raum für verschiedene Formen der Landwirtschaft, vom Acker- und Kräuteranbau über die Grünlandwirtschaft und den Freilandgemüsebau bis hin zur Produktion von Stein- und Beerenobst. Die Forschenden des Versuchszentrums Laimburg gehen auf Höhenlagen von 500 bis 1.700 m ü.d.M. unterschiedlichen Fragestellungen nach, mit dem Ziel, die Berglandwirtschaft mit wissenschaftlichen Erkenntnissen zu unterstützen und ihr Fortbestehen zu gewährleisten.
Auf über 70 Versuchsflächen in ganz Südtirol widmeten sich die Forschenden des Versuchszentrums Laimburg in den letzten Jahren verschiedensten Fragestellungen zur Berglandwirtschaft. Insgesamt nahmen sie dabei über 50 für die Berglandwirtschaft bedeutende Kulturpflanzen unter die Lupe. In Dietenheim bei Bruneck stehen die Grünlandwirtschaft und der Ackerbau im Mittelpunkt. In Eyrs im Vinschgau forschen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an verschiedenen Gemüsearten und -sorten. Auf den Versuchsflächen in Jenesien hoch über Bozen und im Martelltal konzentrieren sie sich auf Steinobst wie Marillen und Kirschen sowie auf Beerenobst wie Erdbeeren und Himbeeren. In den Höhenlagen rund um Meran untersuchen die Forschenden Kräuter und Sonderkulturen wie z.B. die Kastanie. Ebenso vielfältig wie die Kulturen im Berggebiet sind die Versuchstätigkeiten und Fragestellungen. Sie reichen von Sortenprüfungen über agronomische Erhebungen zu Qualität und Ertrag bis hin zur Ermittlung der besten landwirtschaftlichen Praktiken. Darüber hinaus gibt es am Versuchszentrum Laimburg seit den 1990er Jahren eine Sammlung von Getreide- und Gemüselandsorten aus ganz Südtirol. Im Jahr 2023 zählte diese 147 lokale Getreidesorten und 107 verschiedene Gemüsesorten. Ziel der Forschung am Versuchszentrum Laimburg ist es, Unterstützung für die landwirtschaftlichen Betriebe im Berggebiet zu leisten: „Die Berglandwirtschaft trägt nicht nur zur Produktion hochwertiger Lebensmittel, sondern auch zur Erhaltung der Kulturlandschaft bei. Als angewandte Forschungseinrichtung wollen wir die Bergbäuerinnen und -bauern mit wissenschaftlichem Know-how unterstützen und die Wirtschaftlichkeit der Betriebe erhöhen. Damit tragen wir zu einer zukunftsfähigen und lebendigen Landwirtschaft im Berggebiet bei“, erklärt der Direktor des Versuchszentrums Laimburg, Michael Oberhuber.
Freilandgemüsebau in Eyrs im Vinschgau
Am Außensitz des Versuchszentrums Laimburg in Eyrs im Vinschgau werden auf fünf Hektar verschiedenste Gemüsearten und -sorten zu Versuchszwecken angebaut. In den letzten Jahren widmete sich die Arbeitsgruppe „Freilandgemüsebau“ insgesamt 37 verschiedenen Gemüsearten mit durchschnittlich 250 verschiedenen Sorten pro Jahr. Im Jahr 2023 arbeiteten sie an 20 verschiedenen Gemüsearten, wobei der Fokus dieses Jahr auf dem im Vinschgau häufig angebauten Blumenkohl, dem Einschneidekohl zur Herstellung von Kraut und dem Speisekürbis lag. „Unsere Versuche im Gemüsebau verfolgen unterschiedliche Fragestellungen. Das übergeordnete Ziel ist allerdings dasselbe: Die gewonnenen Ergebnisse an die Praxis weitergeben. Sorten- und Anbauversuche dienen der Ermittlung von geeigneten Sorten für die lokalen Gegebenheiten. Pflanzenschutzversuche greifen Probleme auf, die im Freilandgemüsebau auftreten und erarbeiten im Feld anwendbare Lösungen“, so Markus Hauser, Leiter der Arbeitsgruppe „Freilandgemüsebau“.
Dietenheim bei Bruneck: Ackerbau und Grünlandwirtschaft
Ackerkulturen spielten in Südtirol ursprünglich eine wichtige Rolle, haben aber in den letzten 100 Jahren deutlich an Anbaufläche verloren. Getreide wird heute in Südtirol auf etwa 400 Hektar angebaut, darunter vor allem Roggen. Aufgrund seiner Robustheit und Widerstandsfähigkeit kann vor allem Winterroggen in höheren Lagen erfolgreich kultiviert werden. Um Roggen bestmöglich anzubauen, forscht die Arbeitsgruppe „Acker- und Kräuteranbau“ an mehreren Aspekten, wie beispielsweise der optimalen Saatdichte und Sortenprüfungen. Doch nicht nur Roggen wird untersucht: „In den letzten Jahren haben wir 12 verschiedene Ackerkulturen erforscht. Neben dem Roggen stehen beispielsweise auch Hafer, Gerste, Weizen, Dinkel, Buchweizen und verschiedene Hülsenfrüchte in unseren Versuchsfeldern in Dietenheim”, erläutert Manuel Pramsohler, Leiter der Arbeitsgruppe „Acker- und Kräuteranbau”.
In Dietenheim finden auch zahlreiche Feldversuche der Arbeitsgruppe „Grünlandwirtschaft” statt. In den letzten fünf Jahren erarbeitete das Forscherteam in 27 Projekten auf durchschnittlich 26 Versuchsflächen pro Jahr neue Erkenntnisse zu Ertrag, Futterqualität und Entwicklung der botanischen Zusammensetzung von Wiesen und Weiden, und zwar in Abhängigkeit der Bewirtschaftungsintensität und des Witterungsverlaufs. „Die Ergebnisse der Versuchstätigkeiten kommen der lokalen landwirtschaftlichen Praxis zugute. Ein Beispiel sind die intensiven Untersuchungen zur Optimierung von Grasklee- und Wechselwiesenmischungen. Wechselwiesen sind zwei- bis dreijährige Wiesen, die Gräser und Hülsenfrüchte kombinieren. Sie zeichnen sich durch hohe Erträge, eine sehr gute Futterqualität und eine Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit aus. Unsere Arbeiten haben zur Identifizierung der besten Rotkleesorten für diese Mischung hinsichtlich Ertrag und Futterqualität geführt sowie zur Einführung einer zusätzlichen Saatgutmischung beigetragen. Diese Erkenntnisse sind in unsere jährliche Sorten- und Saatgutmischungsempfehlung eingeflossen“, so Giovanni Peratoner, Leiter der Arbeitsgruppe „Grünlandwirtschaft“.
Sonderkulturen: Beeren, Steinobst und Kräuter
Südtirol bietet ideale Bedingungen für die Produktion einer Reihe von Nischenkulturen, darunter Erdbeeren, Kirschen, Aprikosen, Himbeeren, Heidelbeeren und Kastanien. Aber auch weniger bekannte Kulturen wie Mini-Kiwis und Haselnüsse können in Südtirol erfolgreich angebaut werden. Die Tätigkeiten des Versuchszentrums Laimburg begleiten die gesamte Produktionskette, vom Anbau bis zum verarbeiteten Produkt. Wichtige Fragestellungen im Anbau umfassen Sortenversuche im Freiland, die Bewertung von Anbausystemen und die Erhebung agronomischer Parameter wie Ertrag, Fruchtqualität und Anfälligkeit gegenüber Krankheitserregern. „In den letzten Jahren haben wir 36 Heidelbeersorten, 70 Aprikosensorten, mehr als 200 Erdbeersorten und zehn Himbeersorten getestet, darunter auch Sorten, die gegen Mehltau resistent sind und somit einer geringeren Behandlung gegen diese Pilzkrankheit bedürfen“, erklärt Massimo Zago, Leiter der Arbeitsgruppe „Beeren und Steinobst“.
Auch Kräuter lassen sich im Südtiroler Berggebiet finden – ob im Hausgarten, wild auf der Wiese und im Wald, oder im professionellen Anbau. Etwa 50 Betriebe kultivieren in Südtirol Kräuter auf einer Gesamtfläche von etwa 20 Hektar, darunter vor allem Pfefferminze, Zitronenmelisse und zahlreiche andere Arten. In einem Projekt in Zusammenarbeit mit Eurac Research haben die Forschenden die Vielfalt von Insekten im Kräuteranbau erhoben. „Betriebe mit Kräuteranbau erwiesen sich als sehr wertvoller Lebensraum für blütenbesuchende Insekten. So konnten zum Beispiel 50 verschiedene Wildbienenarten nachgewiesen werden”, stellt der Leiter der Arbeitsgruppe „Acker- und Kräuteranbau”, Manuel Pramsohler, fest.