Von: ao
Bozen – Sie fragen weder nach Identitätskarte, nach Art der Probleme, noch nach Alter oder Steuernummer: Drei Mal in der Woche versorgen die 43 Freiwilligen des Vinzibus der Südtiroler Vinzenzgemeinschaft hilfsbedürftige Menschen in Bozen mit Suppe, Tee, Brot, Joghurt und bei Bedarf mit Decken oder Schlafsäcken. Einen Abend wöchentlich übernimmt die italienische Vinzenzgemeinschaft „San Vincenzo“ und an drei Abenden tun die MitarbeiterInnen des Vereins „Volontarius“ Dienst. Die abendliche Essensausgabe ist an sieben Tagen wöchentlich gewährleistet. Seit 2003 bietet der Vinzibus diese Form der Unterstützung an: Mehr als 13 Jahre lang wurde der Dienst im Bozner Bahnhofspark abgewickelt, seit Dezember 2016 ist er im früheren Tankstellengebäude am Bozner Verdiplatz angesiedelt. Die Zahl der Hilfesuchenden hat sich auf 80 bis 100 Menschen täglich eingependelt, die Bedürftigkeit älterer Menschen steigt. Die Essensausgabe gestaltet sich trotz verschiedener Bedürfnisse ruhig und in geordneten Bahnen. Paul Tschigg koordiniert den Dienst seit sechs Jahren: Die „Tankstelle der Wärme“ sichere notleidenden Menschen das Leben und gebe Bozen ein humanes Gesicht, sagt er.
Vier Freiwillige der Vinzenzgemeinschaft sind jeweils am Dienstag-, Donnerstag- und Sonntagabend im Dienst. Sie laden im Depot des Bozner Kapuzinerklosters Joghurt und Decken in den Vinzibus, fahren zur Mensa Clab, um Suppe, Tee und belegte Brote aufzuladen und öffnen um 19.30 Uhr die Tür zur „Tankstelle der Wärme“ am Bozner Verdiplatz. An jedem Donnerstag bringen Jugendliche des Franziskanerklosters (Vinzenzgruppe “Zum Seligen Bernardin von Feltre“) belegte Brote und helfen bei Bedarf mit, abwechselnd und ebenfalls einmal wöchentlich sorgt eine Bozner Pfarrei für Brote, täglich bringen die „Bröseljäger“ (Cacciatori di briciole) des Vereins Volontarius übriggebliebenes Brot von Bozner Bäckereien vorbei. Zusätzlich kommen Lebensmittel des „Banco alimentare“ zum Einsatz. Seit kurzem bietet einmal wöchentlich auch ein Arztmobil medizinische Hilfe an.
Neben Menschen mit Alkohol- oder anderen Drogenproblemen kommen immer öfters ältere Menschen in die „Tankstelle der Wärme“ am Verdiplatz, außerdem Asylsuchende und obdachlose EinwandererInnen. Jeder Mensch bekommt beim Vinzibus Brot, Suppe und Tee, unabhängig von Nationalität oder Problematik. Die Not verschwinde nicht durch das Wegschauen oder Ignorieren, sondern nur durch konkretes Tun, sagt Paul Tschigg. Er arbeitet seit acht Jahren freiwillig beim Vinzibus mit, seit sechs Jahren leitet er den Dienst. Sucht, Obdachlosigkeit und Einwanderung seien eine Realität, der man nur mit Unterstützung beikommen könne, nicht aber durch vorschnelle Antworten oder Vorurteile, sagt er. Das Leben sei fragil und Armut treffe Menschen schneller als gedacht, beobachtet er. Viele Leute, die zum Essen kommen, hätten kaum soziale Kontakte. Daher seien Gruß, Austausch und Nachfrage nach dem Befinden genauso wichtig wie das Essen.
Paul Tschigg freut sich über die Beständigkeit der 43 Freiwilligen und die koordinierende Unterstützung von Franziska Fuchsbrugger, Karolina Gummerer, Christian Anderlan, Christine Fulterer Nitz und Gianni Bonadio. „Wir arbeiten gut zusammen“, sagt er. Einerseits gehe es darum, den reibungslosen Ablauf der Essensausgabe für bis zu 100 Menschen täglich zu gewährleisten und die Freiwilligen dafür einzuteilen. Andererseits organisiert die Gruppe des Vinzibus zu Ostern, Weihnachten und am Gedenktag des heiligen Vinzenz von Paul am 27. September Feiern für die Hilfesuchenden. Daneben gilt es, Einkäufe zu organisieren, den Vinzibus in Ordnung zu halten und die Firm- und Jugendgruppen zu begleiten, die mitarbeiten wollen. Allein im Jahr 2017 haben 28 Firmgruppen aus den verschiedenen Landesteilen einen Abend lang Dienst getan. Das Interesse von Jugendlichen freut Paul Tschigg besonders. Wer der Not ins Gesicht schauen könne, baue Vorurteile ab und überlege sich das Benutzen von Schimpfwörtern in der Folge eher, sagt er.
Respekt vor den hilfesuchenden Menschen sei das Um und Auf der freiwilligen Arbeit, erklärt der Leiter des Vinzibus. Das zeige sich auch im Angebot: In den Suppen sei kein Schweinefleisch enthalten, drei Viertel der Brote seien mit Käse belegt, die übrigen mit Wurst. Die Freiwilligen arbeiten im Durchschnitt an zwei Abenden pro Monat. So bleiben viele dem Vinzibus über Jahre hinweg erhalten. Einige Freiwillige sind bereits von Anfang an dabei. „Wir wollen die engagierten Menschen nicht überfordern“, sagt Tschigg.
Leicht besorgt denkt der Vinzibus-Leiter an Ende März. Dann schließen die Winternotschlafstellen wieder und die Nachfrage nach Decken und Schlafsäcken wird rapide steigen. Paul Tschigg freut sich, dass der Aufruf zur Deckensammlung im November und Dezember auf fruchtbaren Boden gefallen ist. Derzeit sei das Magazin gut gefüllt, sagt er. Im Namen der Vinzenzgemeinschaft bedankt er sich bei den Freiwilligen, bei den Lebensmittel- und GeldspenderInnen und bei all jenen, die das Leben der Hilfsbedürftigen in der Landeshauptstadt durch aufmerksames Hinschauen und konkretes Tun verbessern.