Von: mk
Bozen – Bei einer Informationsveranstaltung der Verbraucherzentrale Südtirol (VZS) mit fast hundert Betroffenen wurde gestern im Bozner Kolpinghaus über einen einmaligen Vorgang beraten. Die Südtiroler Volksbank klagt ihre ehemaligen Mitglieder.
„Damit zeigt die neue Volksbank Aktiengesellschaft ihr wahres Gesicht. Es geht nicht mehr um Solidarität und Rückbindung an die Mitglieder, es geht um’s Geld“, sagte Walther Andreaus, der Geschäftsführer der VZS. Ende 2016 hatten 89 Aktionären der Volksbank ihren Austritt aus der Genossenschaft erklärt und eine gerichtliche Festlegung des Aktienauszahlungspreises verlangt. Am 27. Juli hatte die Volksbank diesen von einem beeidigten Gutachten festgelegten Preis vor Gericht beanstandet, und den Ex-Mitgliedern Klagen zustellen lassen. Der gerichtliche Gutachter hatte den Wert bei 14,69 Euro festgelegt: um 21 Prozent über dem geringeren Wert von 12,10 Euro, den die Bank anlässlich des Rücktritts einseitig festgelegt hatte.
Beim Treffen mit Rechtsanwalt Prof. Massimo Cerniglia aus Rom wurde die Gangart für die Abweisung der Klagen festgelegt.
„Neben der Verteidigungsstrategie wurde jedoch auch eine neue Offensive gegen Unregelmäßigkeiten in den Vertragsdokumenten bei Aktienkäufen der Volksbank in die Wege geleitet. Nachdem sowohl anlässlich der letzten Kapitalerhöhungen von 2008, 2012 und 2015 sowie bei anderen Volksbank-Aktienankäufen Unregelmäßigkeiten festgestellt wurden, wird dem jetzt auf den Grund gegangen. Im Mittelpunkt steht die Vertragsdokumentation, wo Mängel bei der Erklärung der Vorkenntnisse der Geldanleger und bei der Erklärung der Angemessenheit sowie fehlende Ergebnisbewertungen ausfindig gemacht wurden“, erklärt die VZS.
Auf Wunsch der Mitglieder wurde ein Musterbrief aufgelegt mit dem die Vertragsdokumentation bei der Volksbank angefordert werden kann. Die Berater für Finanzdienstleistungen der Verbraucherzentrale werden dann die Dokumentation begutachten und im Falle gemeinsam mit dem Anwalt die weitere Vorgangsweise abklären.
Es könnte durchaus zu einer Beschwerde- und Prozesslawine kommen, erklären die Verbraucherschützer. Sollte es massive und breit angelegte Verstöße gegeben haben, ist die Verbraucherzentrale zum Schutz der Sparer auch bereit, eine Class Action in die Wege zu leiten.