Von: mk
Bozen/Pfatten – Am Freitag hat im NOI Techpark die vierte Ausgabe der Fachtagung zur ökologischen Grünflächenpflege stattgefunden. Organisiert wurde die Informations- und Diskussionsveranstaltung von den Gärten von Schloss Trauttmansdorff, der Stadtgärtnerei Meran und dem Versuchszentrum Laimburg. Insgesamt haben mehr als 200 Fachleute, Gärtnerinnen und Gärtner sowie andere Gartenbegeisterte direkt vor Ort oder online teilgenommen.
Welchen Wert haben Grünflächen und wie pflegt man sie? Diese Fragen und viele weitere standen vergangenen Freitag im Mittelpunkt der vierten Fachtagung zur ökologischen Grünflächenpflege im NOI-Techpark. Ein knappes Dutzend Fachleute referierten über diverse Aspekte der Grünflächenpflege, von der Biodiversität im Siedlungsraum bis hin zum Nützlingspilz Trichoderma, natürlichen Düngern und Bodenhilfsstoffen. „Die vielen Gärten und Grünflächen sind ein Teil unserer Kultur. Ganz Südtirol ist im Grunde ein Garten, vom hochalpinen Gebirge bis hin zu den vielen Hausgärten. Es freut mich, dass die ökologische Grünflächenpflege nun vermehrt in den Mittelpunkt von Wissenschaft, Politik und Praxis rückt. Jede und jeder kann einen Beitrag für diese wichtigen Landschaftselemente leisten, die unser aller Lebensqualität erhöhen. Vor allem hinsichtlich der Eigenversorgung und für die Biodiversität nehmen Gärten eine wichtige Rolle ein“, erklärte Landesrat für Landwirtschaft Arnold Schuler bei der Eröffnung der Fachtagung. „Gärten und Grünflächen sind eine Bereicherung für Mensch und Natur. Die Vision des Versuchszentrums Laimburg ist es, der ökologischen Grünflächenpflege mit Fachkompetenz, Forschung und Entwicklung zur Seite zu stehen. Für eine erfolgreiche Grünflächenpflege bedarf es aber auch der Unterstützung in den Städten und Gemeinden Südtirols“, ergänzte der Direktor des Versuchszentrums Laimburg Michael Oberhuber.
Die Fachtagung ökologische Grünflächenpflege fand zum ersten Mal im Jahre 2017 statt; seit 2020 ist das Versuchszentrum Laimburg Partner dieser Initiative. Ziel der Fachtagung ist es, umfassende Informationen zur Grünflächenpflege zu geben und im Gartenbereich Tätigen eine Plattform für den Austausch zu bieten.
Der Wert von Grünflächen
„Wenn die Rede von Grünflächen ist, geht es nicht nur um die Verschönerung durch ein paar Blumenbeete, es geht um mehr. Grünflächen kühlen und befeuchten die Luft, filtern Staub, funktionieren im Sommer als Klimageräte, lassen im Winter Licht durch, sind Erholungsgebiete und Luftschneisen in Siedlungsräumen. Außerdem sorgen sie für die Entsiegelung von Oberflächen, wodurch Starkniederschläge versickern können und verbinden als Grünkeile Stadt und Land“, führte die Leiterin des Fachbereichs „Gartenbau“ am Versuchszentrum Laimburg Helga Salchegger in die Fachtagung ein. Über den Wert von Grünflächen diskutiert wurde ebenfalls am runden Tisch. Mit dabei waren Landesrat für Landwirtschaft Arnold Schuler, der Bürgermeister von Bruneck Roland Griessmair, die Vizebürgermeisterin von Meran Katharina Johanna Zeller, Helga Salchegger, Fachbereichs-Leiterin „Gartenbau“ am Versuchszentrum Laimburg und Sonia Gantioler, Senior Researcher am Institut für Erneuerbare Energie, Eurac Research. Alle waren sich einig, dass den Grünflächen in Siedlungsgebieten auch aufgrund des durch den Klimawandel verursachten Temperaturanstiegs in Zukunft eine noch größere Bedeutung zukommen wird.
Biodiversitätsmonitoring Südtirol und der Grünplan von Meran
Den Auftakt der Vorträge machte Andreas Hilpold vom Institut für Alpine Umwelt, Eurac Research. Als Projektmanager des Biodiversitätsmonitorings Südtirol lieferte er neue Ergebnisse und Erkenntnisse zum Stand der heimischen Vielfalt der Flora und Fauna mit besonderem Bezug auf den Siedlungsraum. Denn urbane Räume bieten viele verschiedene Lebensräume für Tiere, Pflanzen, Pilze und Bakterien. Die ersten Ergebnisse des Monitorings sprechen für sich: Siedlungsräume können sehr gute Lebensräume sein, beispielsweise für verschiedene Fledermausarten. Nur Feuchtgebiete weisen eine noch höhere Artenvielfalt an Fledermäusen auf. Auch bei den Gefäßpflanzen lässt sich im Siedlungsraum mancherorts eine hohe Artenvielfalt entdecken, die teilweise höher ist als jene einer intensiven Mähwiese.
Mauro Tomasi, Freiberufler im Bereich Natur, stellte eine neue Initiative der Stadtgemeinde Meran vor, die Maßnahmen zur Unterstützung und Förderung der städtischen Biodiversität bei der Projektierung von neuen Bauten vorsieht. Der sogenannte Grünplan von Meran koppelt dafür die Ausstellung von Baugenehmigungen mit der Verwirklichung von ökologischen Maßnahmen beim Bau. Insgesamt stehen zwölf verschiedene Maßnahmen zur Verfügung, wie beispielsweise die Anlage von Hecken, Grünflächen, Kletterpflanzen oder das Anbringen von Nistkästen für Vögel oder Fledermäuse. Je nach ihrer ökologischen Wertigkeit werden die Maßnahmen unterschiedlich bepunktet, wobei ein gewisser Mindestpunktesatz erreicht werden muss.
Nützling Trichoderma gegen mikrobielles Ungleichgewicht
Über den Nützlingspilz Trichoderma wurde gleich in zwei Vorträgen berichtet: Nadine Brinkmann, Chief Scientific Officer MycoSolutions AG (Schweiz), sprach von den vielfältigen positiven Wirkungen der Schimmelpilzgattung Trichoderma in künstlich angelegten Grün- und Gartenflächen. Demnach kann Trichoderma die pflanzliche Produktion von Abwehrstoffen verbessern, durch ihre hohe Konkurrenzkraft Schadorganismen verdrängen, das Wurzel- und Pflanzenwachstum anregen sowie die Nährstoffaufnahme verbessern.
Der Vortrag von Oliver Urland, Obergärtner und Technischer Betriebsleiter der Gärten von Schloss Trauttmansdorff, beleuchtete weitere Potentiale von Trichoderma und zeigte praktische Erfahrungen aus den Gärten von Schloss Trauttmansdorff beim Vorgehen gegen die Stängelgrundfäule ebenso wie in den Grünanlagen der Therme Meran bei der Bekämpfung von Rasenpilzen.
Bestandsaufnahme von Grünflächen auf nationaler Ebene
In seinem Vortrag ging Paolo Viskanic, Agronom, CEO R3GIS (Bozen) auf das Thema „Von der Bestandsaufnahme der Grünanlagen zum effizienten Management in Hinblick auf die Folgen des Klimawandels“ ein. Effizientes Grünflächenmanagement bedeutet, jederzeit zu wissen, wie viele und welche Bäume in einem Park stehen, welche Baumschnittarbeiten anstehen, wann gemäht und wie viel gedüngt werden muss. Dafür eignet sich die Plattform „GreenSpaces“, die in über 200 italienischen Städten Verwendung findet, um eine detaillierte Bestandsaufnahme von einzelnen Bäumen bis hin zu Spielplatzgeräten zu tätigen. Durch die Projekte „URBANGREEN“ und „VerdeVale“ in Kombination mit Wetterdaten wurden Funktionen entwickelt, die eine Erfassung der Ökosystem-Dienstleistungen der urbanen Grünanlagen ermöglicht.
Weitere spannende Themen diskutiert
Stefan Schmidt vom Arbeitskreis Schwammstadt in Wien gab anschließend eine Einführung zum Schwammstadt-Prinzip für Stadtbäume. Dabei handelt es sich um ein innovatives Bausystem für unterirdische Wasserspeicherungs- und Durchwurzelungsräume, um Bäumen ein langfristiges Überleben an Straßen und auf versiegelten Flächen zu ermöglichen. Denn Bäume sind bedeutend für die Aufenthaltsqualität in Städten, insbesondere in Anbetracht des fortschreitenden Klimawandels.
Gabriele Pircher, Direktorin der Gärten von Schloss Trauttmansdorff, stellte den European Award for Ecological Gardening 2021 vor: Ein Preis, mit dem herausragende Projekte und Leistungen zum Thema ökologisches Gärtnern ausgezeichnet werden. Verliehen wird der Preis alle zwei Jahre von der Initiative „Natur im Garten“ mit dem Ziel der Sensibilisierung und als Input für weitere Projekte. 2021 ging der Preis in einer von drei Kategorien an die Gärten von Schloss Trauttmansdorff. Die nächste Prämierung steht für das Jahr 2023 an.
Mauro Crescini von der Valfredda Società Agricola (Brescia) referierte über die Notwendigkeit, das städtische Grün neu zu überdenken und neue Paradigmen zu setzen. Vor allem nannte er den Einsatz mehrjähriger Kräuter und Stauden, die eine wichtige Rolle in städtischen Grünflächen spielen könnten. Dafür stellte er Praxisbeispiele aus verschiedenen Städten und Gemeinden vor, von New York City bis hin zu Cazzago San Martino.
Andreas Mayrhofer, Stadtgärtner in Klausen, und Hansjörg Bertignoll, Gebietsleiter Oscorna Italien, erklärten, wie Grünflächen in Südtiroler Gemeinden durch den ganzjährigen Einsatz natürlicher Dünger und Bodenhilfsstoffe einfach und effizient gepflegt werden können.
Die Blumenwiese im öffentlichen Grün mit Beispielen aus Nord-, Ost- und Südtirol war Thema von Matthias Karradar vom Tiroler Bildungsforum „Natur im Garten“ aus Innsbruck. Er zeigte, wie man Grünflächen und Blumenbeete ökologisch wertvoll und nachhaltig gestalten kann, beispielsweise mit heimischen ein- und mehrjährigen Arten sowie angemessener Pflege.
Gelegenheit des Austauschs zwischen Stakeholdern
Die Zuschauerinnen und Zuschauer hatten nach dem jeweiligen Vortrag die Möglichkeit Fragen zu stellen und sich auszutauschen. Großen Anklang fanden auch die Stände der verschiedenen Fachbetriebe. Insgesamt neun Unternehmen im Grünbereich stellten ihre Produkte vor. Die nächste, fünfte Ausgabe der Grünflächentagung ist für das Jahr 2023 geplant.