Zehntausende Arbeitsplätze wackeln

VW will mindestens drei Werke in Deutschland schließen

Montag, 28. Oktober 2024 | 13:36 Uhr

Von: APA/dpa

Der Streit um milliardenschwere Einsparungen beim deutschen Volkswagen-Konzern eskaliert. VW will angeblich drei Werke in Deutschland schließen, Zehntausende Stellen wackeln. VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo drohte am Montag bei einer Informationsveranstaltung in Wolfsburg vor Hunderten Beschäftigten mit dem Abbruch der Gespräche und warf dem VW-Management vor, die Standorte in Deutschland auszuhungern.

“Der Vorstand steht gegen uns”, sagte Cavallo. Er habe nicht nur Verträge aufgekündigt, sondern alles, wofür die Kultur bei Volkswagen stehe. “Und er spielt somit massiv mit dem Risiko, dass hier bald alles eskaliert. Und damit meine ich, dass wir die Gespräche abbrechen und machen, was eine Belegschaft machen muss, wenn sie um ihre Existenz fürchtet.”

Auch die deutsche Gewerkschaft IG Metall verschärfte den Ton. “Diese Rabiatpläne des Vorstandes sind in keiner Weise hinnehmbar und ein Bruch mit allem, was wir in den letzten Jahrzehnten im Unternehmen erlebt haben”, sagte IG Metall-Verhandlungsführer Thorsten Gröger. Die Gewerkschaft erwarte, dass statt Kahlschlagfantasien von VW am Verhandlungstisch tragfähige Zukunftskonzepte präsentiert würden. “Sollte VW am Mittwoch seinen dystopischen Weg bestätigen, muss der Vorstand mit den entsprechenden Konsequenzen unsererseits rechnen.” Beide Seiten kommen am Mittwoch zur zweiten Runde der laufenden Tarifverhandlungen zusammen.

Das Unternehmen erklärte dazu, der Vorstand habe der Mitbestimmung Lösungswege aufgezeigt, die das Unternehmen finanziell robust für die Zukunft aufstellten und damit letztlich Arbeitsplätze sicherten. Angesichts des geschrumpften Marktes habe das Unternehmen ankündigen müssen, Werksschließungen ohne aktives Gegensteuern nicht mehr ausschließen zu können. Markenvorstand Thomas Schäfer sagte, die Kosten an den deutschen Werken seien um ein Viertel bis die Hälfte höher als das, was sich das Unternehmen vorgenommen habe. “So wie bisher können wir nicht weitermachen. Wir müssen zügig eine gemeinsame und tragfähige Lösung für die Zukunft unseres Unternehmens finden.” Das Unternehmen werde am Mittwoch konkrete Vorschläge zur Senkung der Arbeitskosten machen.

Einig sind sich beide Seiten darin, dass Volkswagen derzeit in Schwierigkeiten steckt. Das Unternehmen verweist auf den geschrumpften europäischen Markt, auf dem derzeit zwei Millionen Autos jährlich fehlten – davon entfielen auf VW ungefähr 500.000. Die Rendite liegt weit unter der Zielmarke von 6,5 Prozent. “Wir haben heftige Probleme. Dem müssen wir bei Volkswagen begegnen”, sagte auch Cavallo. Management und Arbeitnehmer lägen nicht bei der Analyse der Probleme auseinander, aber meilenweit bei der Antwort. “Und diese Probleme sind auch ein Thema für die Politik”, sagte sie. “Auch die muss mal endlich aufwachen.” Es reiche nicht nur, zu sagen, man stehe auf der Seite der Belegschaft. “Wir brauchen einen umfassenden Plan aus der Politik, wie die Elektromobilität endlich zum Fliegen kommt. Und ich sage: Wir brauchen darüber hinaus auch einen Masterplan für den Industriestandort Deutschland.” Ein Regierungssprecher sagte, es sei bekannt, dass das Unternehmen in einer schwierigen Lage sei. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz dringe drauf, dass die Fehler der Vergangenheit nicht zulasten der Beschäftigten gehen dürften. “Es muss jetzt um Beschäftigungssicherung gehen.”

Der Betriebsrat hatte zeitgleich die Mitarbeiter in den deutschen VW-Werken über die Pläne des Unternehmens informiert. Demnach wolle Volkswagen mindestens drei Werke in der Bundesrepublik schließen, Zehntausende Arbeitsplätze seien in Gefahr. Die verbliebenen Standorte sollten geschrumpft werden, indem Produkte, Stückzahlen, Schichten und ganze Montagelinien herausgenommen würden. Cavallo sprach von einem Aushungern. “Niemand von uns hier kann sich noch sicher fühlen.” Der Vorstand meine seine Pläne ernst. “Das ist der Plan des größten deutschen Industriekonzerns, in seiner Heimat Deutschland den Ausverkauf zu starten. Es ist das feste Vorhaben, die Standortregionen ausbluten zu lassen. Und es ist die klare Absicht, Zehntausende Volkswagen-Beschäftigte in die Massenarbeitslosigkeit zu schicken.”

Die Betriebsratschefin verwies insbesondere auf das Werk in Osnabrück, aus dem Porsche zuletzt den Auftrag für den elektrischen 718er abgezogen hatte. “Der Vorstand hält sich nicht an Absprachen, selbst an die aus der Planungsrunde nicht, deren Wert hier im Konzern nicht höher hängen kann”, kritisierte sie. In Osnabrück werden derzeit Aufträge für die Sportwagenmodelle 718 Cayman und Boxster abgearbeitet, die über die Produktionskapazitäten im Porsche-Hauptwerk Stuttgart Zuffenhausen hinausgehen. Die Modelle sowie das VW-Fahrzeug T-Roc Cabrio, laufen bis Frühjahr 2026 aus – ab dann hat das Werk in Osnabrück keine Aufträge mehr.

Die verbleibenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssten sich überdies auf deutliche Gehaltseinbußen einstellen, sagte Cavallo. So fordere das Management dauerhaft zehn Prozent weniger Monatsentgelt, zwei Nullrunden in den Jahren 2025 und 2026 sowie das Aus von Zulagen und Boni, sagte Cavallo. Die IG Metall fordert für die VW-Beschäftigten unter anderem sieben Prozent mehr Lohn.

Kommentare

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16 Kommentare auf "VW will mindestens drei Werke in Deutschland schließen"


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Kinig
25 Tage 17 h

Wie wäre es dann mit der Rückzahlung der Staatsgelder, die in diese Werke geflossen sind?

Hustinettenbaer
25 Tage 17 h

@info
Leider ja schon eine Binsenweisheit: Gewinne kapitalisieren, Verluste sozialisieren.
“Der Volkswagenkonzern hat… innerhalb der vergangenen acht Jahre 9,1 Milliarden Euro Subventionen erhalten…
Die Subventionen entsprechen jedem zehnten Euro des Gewinns oder einem Drittel der ausgezahlten Dividenden im gleichen Zeitraum.”

https://www.wiwo.de/politik/deutschland/dax-subventionen-geldausgeben-im-blindflug/30021900.html

Blitz
Blitz
Kinig
25 Tage 16 h

Als Folge, der Ampelpolitik !

Frank
Frank
Universalgelehrter
25 Tage 15 h
@Blitz Der Politik die Schuld zu geben, ist der gewohnte Reflex, trifft es allerdings nicht. Vielmehr sollte sich das (Miß)Management im Konzern mal hinterfragen. Wenn msn hoch und heilig verspricht, daß es eine Pleite wie beim Golf 8 nicht mehr gibt und dann werden wieder mangelhafte Modelle auf den Markt gebracht (Golf Facelift, Tiguan, Passat, IDs, Skoda Kodiaq), bei denen Fahrwerke unerträglich poltern, Assistenten ständig ausfallen, bezahlte aber deaktivierte Ausstattungen, quietschende Spiegel, schlampige Detailverarbeitung, Auto läßt sich nicht starten, …, verspielt man das Vertrauen der Kunden, wenn man dann auch noch an der Preisschraube dreht, erst recht. Dazu noch verpennte… Weiterlesen »
N. G.
N. G.
Kinig
25 Tage 14 h

@Blitz Echt? Weil VW es versäumt hat nen Wagen mit Strom zu guten Preisen zu entwickeln und vorher die ganze Welt betrogen hat. Das war die Ampel?
…!

Hustinettenbaer
25 Tage 12 h

@Frank
Aus meiner Kunden-Perspektive fehlt in der Aufzählung 
– der Software-Betrug.
– das dreiste VW-Droh-Schreiben wg. der Betriebserlaubnis.

Das war´s.

Oracle
Oracle
Kinig
25 Tage 10 h
@Blitz… nein, das hat kaum mit der Ampelpolitik zu tun! Ein Jahre altes Abkommen mit Kündigungsverbot müßte in Deutschland ausgelaufen sein, die deutsche Autoindustrie konnte dadurch in den vergangenen Jahren bestimmte Entscheidungen und nötige Umstrukturierungen nicht treffen! Die Produktionskosten sind einfach viel zu hoch! Das mit der Elektromobilität ist auch keine Ampel-Erfindung, es ist der Fortschritt bei dem die Schreibmaschine durch den Computer ersetzt wurde, das Schnurtelefon durch das Smartphone, jetzt die Verbrennerauto durch EAutos! Die EUAutoindustrie hat hier kläglich versäumt und den Trend nicht erkannt! China hat es vor 20 Jahren verstanden und hat darauf gesetzt (v.a. Batterietechnologie und… Weiterlesen »
magg
magg
Universalgelehrter
25 Tage 17 h

Man könnte ja in diesen Werken die Tesla einquartieren, statt wieder neue Flächen zubetonieren.
Deutschland hat halt zulange auf das falsche alte Pferd gesetzt und nun zahlen sie die Konsequenzen. Kritiker haben das schon seit etlichen Jahren prophezeit.

pfaelzerwald
25 Tage 15 h

Kein Wunder, wenn ein Unternehmen wie Volkswagen den Bach runter geht. Bei dem übergroßen Einfluss der Gewerkschaften, der niedersächsichen Landesregierung (SPD!!!), und einem diesen beiden Gruppen stets willfährigen Vorstand.

Frank
Frank
Universalgelehrter
25 Tage 10 h

Welch Unsinn. Den Anschluß hat VW bereits in 16 Jahren Merkel verpaßt. Ohne Gewerkschaft und Betriebsrat wäre es jetzt schon lange zappenduster.

Oracle
Oracle
Kinig
25 Tage 10 h

VW… das nächste Nokia? Da müßte man das Konzernmanagement dafür verantwortlich machen. Ein gewisser CEO Müller soll 2017(?) über Tesla noch gespotet haben?

pfaelzerwald
24 Tage 11 h

@Frank
Die “gute” Frau Merkel hat sicherlich einiges grundfalsch gemacht. Z.B. die faktische Abschaffung der Wehrpflicht, oder das “2015-Problem”.
Aber für die Fehlentscheidungen bei VW trägt eher Niedersachsen, die Gewerkschaft, der Vorstand, die Familien Porsche und Piech die Verantwortung.

Look_at_Yourself
Look_at_Yourself
Universalgelehrter
25 Tage 14 h

.
Ein Hoch auf Frau Merkel, die Ampel und ein extra Hoch auf unsere Geiz ist geil Manager, die uns und unser Know-how nach China verscherbelt haben!

Galantis
Galantis
Superredner
25 Tage 13 h

..kein Wunder, VW baut einfach nur mehr schlechte Autos. Seit dem Dieselskandal gehts mit VW nur mehr abwärts!

Aurelius
Aurelius
Kinig
25 Tage 14 h

die gesamte Deutsche Wirtschaft ist am Boden und die Autoindustrie hat 10 Jahre Gang geschlafen. die Chinesen haben mittlerweile enorm aufgeholt und drängen mit Billigangeboten auf dem Markt. Deutschland ist vom Wirtschaftsmotor zum Kasperl geworden

pfaelzerwald
25 Tage 11 h

@Aurelius
Stimmt. und dann gibt es noch einen grinsenden Kasper als Kanzler.

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