Gewährleistung

Welche Rechte habt ihr bei Refurbished-Ware überhaupt?

Donnerstag, 18. April 2024 | 16:38 Uhr

Von: mk

Bozen – Dem Nachhaltigkeitsgedanken folgend oder auch einfach nur um Geld zu sparen, entscheiden sich viele Verbraucherinnen und Verbraucher für den Kauf eines generalüberholten elektronischen Gerätes wie z. B eines Refurbished-Handys. Online-Plattformen garantieren: Refurbished ist mehr als einfach nur gebraucht. Dies mag in Bezug auf die Aufbereitung solcher gebrauchten Geräte zutreffen, aber wie sieht es mit den Rechten in Bezug auf die gesetzliche Gewährleistung aus? Das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ) Italien – Büro Bozen versucht Klarheit zu schaffen und auf häufig auftretende Fragen zu antworten.

Was bedeutet eigentlich refurbished?

Der englische Begriff refurbished bedeutet “runderneuert”, “generalüberholt” oder “wiederhergestellt”. Bei solcher runderneuerten Ware wird versichert, dass sie zunächst von sogenannten Refurbishern genauestens unter die Lupe genommen wird und notwendige Reparaturen und Austausche vorgenommen werden, bevor sie auf dem Refurbished-Markt angeboten wird.

Wie lange steht mir bei Refurbished-Ware das Gewährleistungsrecht zu?

Rein rechtlich ist generalüberholte Ware als Gebrauchtware einzustufen. Hier sieht der Gesetzgeber die Möglichkeit der Herabsetzung der Gewährleistungsfrist von zwei Jahren, wie bei Neuware verpflichtend vorgeschrieben, auf ein Jahr vor. Einige Online-Plattformen und Verkäuferinnen und Verkäufer bieten in diesem Zusammenhang eine kostenpflichtige Verlängerung der Garantie auf ein weiteres Jahr an. Hierbei handelt es sich jedoch um eine vertragliche und keine gesetzlich geregelte Garantie, die den Bedingungen des Anbieters unterliegt, und mit Auflagen oder Beschränkungen verbunden sein kann.

Wie sieht es mit den vom Hersteller beworbenen und zugesicherten Eigenschaften bei Refurbished-Ware aus?

Am Beispiel von generalüberholten Handys lässt sich diese Frage sehr gut beantworten: Viele Herstellerinnen und Hersteller werben z. B. damit, dass ihre Geräte bis zu einer bestimmten Tiefe wasserdicht sind und garantieren diese Eigenschaft sogar über einen gewissen Zeitraum – häufig sogar über Jahre – hinweg.

Was passiert aber, wenn das Refurbished-Handy, das nicht einmal ein Jahr alt ist, ins Wasser fällt und man sein Recht auf Gewährleistung geltend machen möchte?

In diesem Fall folgt eine eindeutige Absage vonseiten der Refurbished-Händler, der diese Eigenschaft von vorne herein ausschließt, da Refurbished-Geräte im Zuge der Generalüberholung geöffnet werden und somit Wasserdichte und auch andere vom Hersteller zugesicherte Eigenschaften verlieren.

Wer trägt die Beweislast in Bezug auf Mängel?

Das Gewährleistungsrecht sieht vor, dass Verkäufer im ersten Jahr nach dem Kauf beweisen müssen, dass der Mangel durch einen Fehlgebrauch vonseiten der Verbraucher verursacht wurde und dass er deshalb nicht von der gesetzlichen Garantie gedeckt ist. Dieser Grundsatz jedoch erweist sich häufig als wenig vorteilhaft für Käufer, da Händler durch ein Gutachten, das von den hauseigenen Experten durchgeführt wird, Fremdverschulden durch die Verbraucher feststellen und somit zunächst eine Nachbesserungspflicht ausschließen können.

Kann ich, unter Umständen, auch einen Austausch eines defekten Refurbished-Gerätes oder, falls dies nicht möglich ist, die Rückerstattung des Kaufpreises verlangen?

Das Gesetz schließt auch bei Gebrauchtwaren einen Austausch nicht aus. Auch eine Kaufpreisrückerstattung ist nicht ausgeschlossen und kann, sollten Reparatur und Austausch nicht möglich sein, gefordert werden.

Habe ich, auch wenn der Verkäufer ein Dritter ist, Rechte gegenüber der Verkaufsplattform?

Dies hängt davon ab, ob die Plattform den Verbrauchern gewisse Garantierechte in den AGB (Allgemeinen Geschäftsbedingungen) zusichert. Hierbei garantiert die Plattform häufig Unterstützung bei der Abwicklung des Schadenfalles, organisiert z. B. die Einsendung defekter Ware, verpflichtet Verkäufer, die die Plattform nutzen, gewisse Fristen einzuhalten, und gewährt in einigen Fällen Teilrückerstattungen, falls ein Recht auf Nachbesserung verweigert wird.

Diese Tipps können hilfreich sein, um bestmögliche Chancen auf eine Nachbesserung zu haben

Kontrolliert sofort nach der Lieferung den Zustand des Gerätes! Haltet kleine Kratzer, Gebrauchsspuren und ästhetische Mängel durch Fotos oder Videos fest! Dies dient dazu, im Falle einer Funktionsstörung beweisen zu können, welche Mängel bereits bei Erhalt des Gerätes vorhanden waren.

Überprüft, sollte der Kauf über eine Plattform erfolgen, ob diese den Käuferinnen und Käufern gewisse Garantierechte zusichert!

Seid euch bei der Benutzung des Refurbished-Gerätes bewusst, dass gewisse Eigenschaften, die der Hersteller über einen bestimmten Zeitraum hinweg garantiert (z. B dass ein Handy wasserdicht ist), bei Refurbished-Geräten nicht mehr eingefordert werden können.

Meldet auftretende Mängel unverzüglich schriftlich dem Verkäufer bzw. der Verkaufsplattform und setzt eine Frist zur Nachbesserung (Reparatur oder Ersatz)!

„Abschließend sei gesagt, dass, bei all der Skepsis, die wir Rechtsberaterinnen und -berater in Bezug auf die Gewährleistungsrechte bei generalüberholter Ware haben, ein Vorteil von Refurbished-Produkten doch unumstritten ist: Der Ankauf von Gebrauchtware ermöglicht eine sinnvolle Wiederverwendung von Produkten und verhindert deren Vernichtung. Im Hinblick auf die Nachhaltigkeit erhalten Refurbished-Geräte deshalb von uns zehn von zehn Punkten!“, erklärt das EVZ.

Bezirk: Bozen