Von: mk
Bozen/Rom – Die Agentur der Einnahmen hat erst kürzlich den Quartalsbericht des Beobachtungszentrums für den Immobilienmarkt veröffentlicht: Registriert wurde in Italien demnach ein Rückgang der Immobilienverkäufe um 7,2 Prozent im Vergleich zum selben Zeitraum im Vorjahr. Steigende Lebenshaltungskosten und die Schwierigkeiten, einen Kredit zu erhalten, bremsen den Markt. Auswirkungen auf den Immobilienmarkt in Südtirol gibt es aber nahezu keine.
Im Gegenteil: In Bozen verhält es sich nahezu umgekehrt. Nachfrage sei mehr als vorhanden, sagt Carlo Perseghin vom Verband der Immobilienmakler der Zeitung Alto Adige gegenüber. Obwohl Bozen mit seinen Wohnungspreisen fast Mailand Konkurrenz macht, ist der Markt in Südtirols Landeshauptstadt Dynamiken unterworfen, die eine Stabilität von Preisen und Verkäufen garantieren – unabhängig von äußeren Einflüssen wie hohe Hypothekenzinsen oder die gestiegenen Lebenshaltungskosten.
Selbst angesichts der Kluft zwischen Durchschnittseinkommen und Preisen, werden Immobilien nicht billiger. Warum ist das so? „Es wird nicht mehr gebaut, während die Nachfrage aufgrund der sozialen Veränderungen zunimmt“, erklärt Perseghin. Juri Andriollo, Stadtrat für Soziales, fügt hinzu: „Im Vergleich zu vor zwei Jahrzehnten hat die Fragmentierung von Familienstrukturen das Level von Großstädten erreicht.“ Konkret meint er damit: Die Zahl der Singles steigt, Ehepaare trennen sich, während ältere Menschen eine längere Lebenserwartung haben und in der Lage sind, allein in einer Wohnung zu leben und für sich selbst zu sorgen.
Hohe Nachfrage und begrenztes Angebot
Weil sich innerhalb eines Jahrzehnts die Zahl der Wohnungssuchenden vervielfacht hat und die Städte kaum weitere Wohnbauzonen ausweisen, wissen Immobilienmakler selbst oft nicht mehr, wie sie der hohen Nachfrage begegnen sollen. Die wenigen Häuser, die sich auf dem Markt befinden, behalten unterdessen ihre hohen Preise bei. So etwas geschieht sogar in Mailand so gut wie nie. „Man findet keine Dreizimmerwohnung unter 300.000 Euro – auch nicht, wenn sie kleiner ausfällt“, räumt Perseghin ein. Zu Beginn des Jahres ist noch ein leichter Rückgang der Preise um 1,8 Prozent bei gebrauchten Wohnungen in nicht gefragten Zonen verzeichnet worden. Doch dieser Effekt scheint nun zu verpuffen.
Preise von 5.400 Euro pro Quadratmeter bei Altbauwohnungen halten sich und steigen in einigen Fällen sogar auf fast 6.000 Euro. Ohne die Schaffung neuer Wohnbauzonen wie es in den vergangenen Legislaturperioden mit Firmian, Kaiserau und dem neuen Viertel am Ende der Drusus-Straße der Fall war, werden die Wohnungspreise in Bozen weiter an die Spitze getrieben.
Doch wenn die Nachfrage so hoch ist, dann muss auch die Kaufkraft stimmen, möchte man meinen. Die hohe Nachfrage ist allerdings auch darauf zurückzuführen, dass in eine Wohnung in Bozen vermehrt Bürger aus dem Ausland, insbesondere für Bundesdeutsche, investieren – ein ähnliches Phänomen wie am Gardasee. Dies führt zu einer Verzerrung des Gleichgewichts zwischen lokalem Angebot und Nachfrage.
Fazit: Der freie Wohnungsmarkt wird für die Bozner mit mittlerem Einkommen immer unzugänglicher. „Die Mittelschicht, der zusätzlich die Inflation zu schaffen macht, gehört zu den Leidtragen, wie Andriollo erklärt. Ohne ein großes öffentliches Bauprogramm, das vor allem auf jene abzielt, die beim WOBI durchs Raster fallen, werde sich die Situation seiner Ansicht nach nicht ändern.