Studie enthüllt Risiken und Chancen

Wie der Klimawandel Europas Weinbau verändern wird

Donnerstag, 25. Juli 2024 | 12:26 Uhr

Von: luk

Bozen – Eine neue Studie von Eurac Research zu den europäischen Weinregionen, in der Daten zu Rebsorten und Klima zusammenfließen, zeigt, wie sich die Gebiete in Zukunft entwickeln könnten.

Rebsorten, Anbaugebiete und Klima von 1.085 europäischen Weinregionen – diese Vielfalt an Daten hat ein Forschungsteam von Eurac Research erstmals in Relation gesetzt und in einer Webapplikation aufbereitet – Winemap by Eurac Research (https://winemap.eurac.edu). Aus den Daten lässt sich auf der einen Seite ableiten, welche Gebiete am meisten unter dem Temperaturanstieg leiden werden, auf der anderen, welche Möglichkeiten es gibt, den Weinbau klimaresilienter zu machen. Die Studienergebnisse sind in der renommierten Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht worden.

Über Jahrhunderte haben Winzer in Europa ihr Wissen um Reben und deren Anbau perfektioniert, mit dem Ziel, die bestmöglichen Weine herzustellen. In vielen Regionen wird dieses Wissen durch geografische Angaben geschützt, beispielsweise durch geschützte Ursprungsbezeichnungen (g.U. oder im Italienischen „denominazione di origine controllata”- DOC). Sie erfassen nicht nur die Sorten, sondern schreiben auch räumlich vor, wo diese Reben angebaut und wie viel geerntet werden darf, aber auch wie der Wein hergestellt werden muss. Das g.U.-Regelwerk schützt die Konsumenten vor Imitationen und regelt die professionelle Weinproduktion in ganz Europa. Im internationalen Vergleich sorgte es für lange Zeit für einen klaren Marktvorteil.

Mit dem Klimawandel könnten g.U.-Gebiete, in denen aufgrund des strengen Regelwerks nur bestimmte Reben angebaut werden dürfen, ins Hintertreffen geraten, fürchtet Simon Tscholl, Mitautor der Studie „Klimaresilienz der europäischen Weinregionen“, die kürzlich im renommierten Journal Nature Communications erschienen ist. Tscholl erklärt: „Sieht das Regelwerk nur wenige Reben für ein ausgewiesenes Gebiet vor, haben die Winzer kaum Spielraum, sich an die steigenden Temperaturen anzupassen.“ Tscholl spricht von der Empfindlichkeit (sensitivity) einer Region, die vom g.U.-Regelwerk, also den Sorten, beeinflusst wird.

Für seine Studie legt der Biologe künftige Klimamodelle über insgesamt 1.085 Weinregionen, um zu berechnen, welche besonders stark vom Temperaturanstieg betroffen sind. Derzeit gehen Klimamodelle von einem Temperaturanstieg bis 2100 zwischen 2 und 5 Grad Celsius gegenüber vorindustriellem Niveau aus. „Der Weinbau, wie wir ihn heute kennen, wird sich also verändern müssen,“ ist Tscholl überzeugt. Zum einen werde sich das Verhältnis der Sorten verschieben, zum anderen werde sich die Rebe als Dauerkultur in höhere Lagen ausbreiten und geografisch auch weiter Richtung Nordeuropa. Aus den Simulationen geht klar hervor: der Süden ist generell anfälliger, während manche Regionen im Norden vom Temperaturanstieg profitieren könnten.

Indem die Forscher die Empfindlichkeit, also die rechtlich vorgeschriebenen Rebsorten, an die Klimamodelle koppeln, zeigt sich deutlich, welche Regionen im Vergleich zu anderen besonders vulnerabel sind.

Wie gut sich Regionen an den Klimawandel anpassen können, hängt aber nicht nur vom rechtlichen Rahmen des g.U.-Regelwerks ab. „Es fallen auch soziale, naturräumliche, finanzielle und personelle Aspekte ins Gewicht,“ erklärt Tscholl. Unter soziale Aspekte falle etwa die Bevölkerungsentwicklung und die Altersstruktur, unter finanzielle die Verschuldungsrate und die Kapitalrendite. All diese Daten wurden ebenfalls für alle 1.085 Weinregionen erhoben.

Die Ergebnisse der Studie sind nun auch in eine Webapplikation eingeflossen: Winemap by Eurac Research. Mit Hilfe eigens programmierter Algorithmen kann man die Empfindlichkeit (Rebsorten), Anfälligkeit (Klimawandel) und Anpassungsfähigkeit mit wenigen Mausklicks von allen 1085 Weinregionen im Vergleich herausfiltern.

„Die Studie und Webapplikation soll helfen, das Bewusstsein zu schärfen, um europäische Weinregionen auf den Klimawandel vorzubereiten“, erklärt Tscholl. In manchen Fällen müsse das g.U.-Regelwerk gelockert werden, in anderen in neue Technologien und Finanzierungsmöglichkeiten investiert werden. „Winzer“, erklärt Tscholl abschließend, „können nicht beliebig herumexperimentieren, ob eine Sorte funktioniert oder nicht. Das ist immer mit großen Kosten, Risiken und Zeitaufwand verbunden“.

Link zur Studie in Nature Communications: https://doi.org/10.1038/s41467-024-50549-w

Bezirk: Bozen

Kommentare

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14 Kommentare auf "Wie der Klimawandel Europas Weinbau verändern wird"


Sortiert nach:   neuste | älteste | Relevanz
sophie
sophie
Kinig
8 h 42 Min

Bald wird es im Pustertal 🍇Weintrauben und 🍏Äpfel geben, anstatt Kartoffel und🥔 Mais 😳

magg
magg
Superredner
5 h 57 Min

Ja, dieses Horrorszenario wird eines Tages eintreffen, leider. Statt Gülle wird dann Pestizide gespritzt. 😖😖

sophie
sophie
Kinig
5 h 12 Min

@magg
Jo ginau, wia du schreibsch, va uan sh… zin ondon

Oracle
Oracle
Kinig
2 h 16 Min

@magg… ich mache mir bei Gülle absolut keine grosse Sorgen, denn die Viehbetriebe nehmen ab. Die Pestizide auch nicht, denn die Lebenserwartung in Südtirol hat zugenommen, trotz des jahrzehntelangen Pestizideinsatzes. Mir macht eher der zunehmende Verkehr sorgen, mit Lärm und Umweltverschutzung und schlechter Luft!

Olm sgleiche
Olm sgleiche
Tratscher
2 h 6 Min

sophie. Gibt es lange schon….

Faktenchecker
1 h 53 Min

Frauen trinken in der Regel weniger.

“Im Jahr 2021 lebten hierzulande 142 Personen die 100 Jahre und älter waren, davon 122 (85,9%) Frauen und 20 Männer. “

Oberjoggler
Oberjoggler
Tratscher
25 Min 12 Sek

@magg ah ja… Kartoffeln und Mais werden wohl nur mit Gülle behandelt, anstatt mit Pflanzenschutzmitteln? Und schon mal was von Nitraten gehört, welche ins Grundwasser gelangen (können)? Die werden wohl auch von den sog. “Pestiziden” stammen???

Doolin
Doolin
Kinig
10 h 24 Min

…aufm Schlern tiamer Reben setzen…

Aurelius
Aurelius
Kinig
9 h 29 Min

es muss nicht immer Wein sein oder Äpfel

Caligula
Caligula
Tratscher
5 h 18 Min

Orangen und Bananen?

sophie
sophie
Kinig
5 h 10 Min

@Aurelius
Nanaa, Melonen und Angurie passatn ah

So sig holt is
1 h 54 Min

@Caligula kemmen donn im etschtol 😂

Plusminus
Plusminus
Tratscher
7 h 54 Min

Dann werden die armen Bergbauern zukünftig Wein anbauen und die Milchwirtschaft an den Nagel hängen. Wein und Urlaub auf dem Bauerhof, da klingt die Kassa🤣

krokodilstraene
9 h 15 Min

Da werden die PIWI’s wohl immer wichtiger werden…

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