Von: mk
Bozen – 79 Prozent aller in Südtirol Beschäftigten fühlen sich gesund oder sehr gesund. Zum Vergleich: in Italien sind es 68 Prozent, in der Schweiz knapp 88 Prozent. Am meisten Einfluss darauf, wie sich eine erwerbstätige Person gesundheitlich fühlt, hat das Alter, die finanzielle Situation ihres Haushalts und die Branche, in der sie arbeitet. Männer und Frauen fühlen sich mehr oder weniger gleich gesund, nennen aber deutlich unterschiedliche Beschwerden.
Gemäß Weltgesundheitsorganisation ist Gesundheit Wohlbefinden – also mehr als nur das „Schweigen der Organe“. Deshalb fragt der europäische Survey zu den Arbeitsbedingungen EWCS berechtigt nach, wie gesund sich arbeitende Menschen fühlen, also wie sie selbst ihren Gesundheitszustand einschätzen. Das AFI | Arbeitsförderungsinstitut hat dies für Südtirol getan und eine Fülle von Daten gesammelt, die sich dank der Einbettung in den EWCS auch mit anderen europäischen Ländern vergleichen lassen. Insgesamt geben die Südtiroler Arbeitnehmer bzw. Selbständigen zu 79% Prozent an, dass es ihnen gesundheitlich gut oder sehr gut geht. Damit liegt Südtirol im mitteleuropäischen Schnitt – aber deutlich über dem gesamtitalienischen, der zehn Prozentpunkte darunterliegt (69 Prozent).
Blick auf die Branchen
Beschäftigte im Transportwesen schätzen ihre Gesundheit deutlich schlechter ein als jene in anderen Branchen. Eine Rolle spielt dabei auch, dass 46 Prozent der Beschäftigten in dieser Branche über 50 Jahre alt sind. Im Bereich Gesundheit und Sozialwesen schlagen die intensiven psychischen und körperlichen Arbeitsbelastungen durch: 29,0 Prozent der in diesem Bereich Erwerbstätigen meinen, dass es ihnen gesundheitlich höchstens mittelmäßig geht. „Sehr gesund“ oder „gesund“ fühlen sich 86,0 Prozent der Beschäftigten im Handel, 84,4 Prozent der Beschäftigten in der Landwirtschaft und 83,6 Prozent der Beschäftigten im Baugewerbe.
Unterschiedliches Gesundheitsempfinden
„Die persönliche Einschätzung des eigenen Wohlbefindens hängt davon ab, wie alt jemand ist, wie wohlhabend jemand ist und welche Arbeit jemand hat“, sagt der Arbeitspsychologe und AFI-Forschungsmitarbeiter Tobias Hölbling. Je besser die Beschäftigten finanziell gestellt sind, desto besser schätzen sie ihre Gesundheit ein. Darüber hinaus gebe es in Südtirol auch eine kulturelle Komponente. „Tendenziell fühlen sich italienischsprachige Beschäftigte in Südtirol weniger gesund als deutsch- oder ladinischsprachige“, so Hölbling. Hier kommen das kulturspezifische Verständnis von Gesundheit und sozioökonomische Faktoren zusammen: Italienischsprachige Südtiroler geben eine deutlich angespanntere Haushaltssituation an als die Beschäftigten anderer Sprachgruppen. Männer und Frauen schätzen in Südtirol ihren allgemeinen Gesundheitszustand zwar ungefähr gleich ein, nennen aber deutlich unterschiedliche Beschwerden: Verletzungen und Hörprobleme sind Männersache, Kopf-, Augen- und Muskelschmerzen sowie ständige Müdigkeit sind Frauenprobleme. Einwanderer geben deutlich häufiger Beschwerden an, was offensichtlich mit der Art ihrer Arbeitstätigkeit zusammenhängt: 25 Prozent aller Beschäftigten im Gastgewerbe bzw. 23 Prozent aller Beschäftigten im Transportwesen sind Einwanderer.