Betriebszugehörigkeit im Wandel der Zeit

Wie lange bleiben Mitarbeiter heute in Unternehmen?

Sonntag, 02. März 2025 | 17:29 Uhr

Von: AP

Bozen – Die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit von Arbeitnehmern hat sich in den letzten Jahrzehnten weltweit verändert. Während früher ein lebenslanges Arbeitsverhältnis in einem Unternehmen eher die Regel war, sind heute kürzere Beschäftigungszeiten häufiger.

Betriebszugehörigkeit im internationalen Vergleich

Die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit variiert stark zwischen Ländern und Branchen. In Deutschland beträgt sie aktuell rund 11 Jahre, wobei es deutliche Unterschiede zwischen den Berufsgruppen gibt. So bleiben Arbeitnehmer in der Kredit- und Versicherungsbranche oft besonders lange in einem Unternehmen. Hier liegt die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit bei etwa 18 Jahren. Auch in der öffentlichen Verwaltung sind die Beschäftigten ihrem Arbeitgeber über einen langen Zeitraum treu, mit einer durchschnittlichen Zugehörigkeit von über 16 Jahren. Anders sieht es im Baugewerbe aus. In dieser Branche wechseln die Mitarbeiter häufiger den Arbeitsplatz, sodass die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit meist zwischen 6 und 7 Jahren liegt.

Auch bei unseren Nachbarn in Österreich zeigen sich ähnliche Tendenzen. Hier beträgt die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit rund 10 Jahre, wobei sich insbesondere bei älteren Arbeitnehmern eine längere Bindung an den Arbeitgeber erkennen lässt. Männer im Alter von 50 bis 54 Jahren arbeiten im Schnitt 16,5 Jahre im selben Unternehmen. Frauen derselben Altersgruppe bleiben im Durchschnitt 13,9 Jahre bei ihrem Arbeitgeber.

Italien: Eine hohe Stabilität im Vergleich

In Italien zeigt sich ein anderes Bild als in vielen anderen europäischen Ländern. Die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit liegt hier bei über 12 Jahren und ist damit vergleichsweise hoch. Besonders in der öffentlichen Verwaltung und in großen Unternehmen bleiben Arbeitnehmer oft über Jahrzehnte hinweg in derselben Anstellung. Ein entscheidender Faktor dafür sind die traditionell starken Gewerkschaften, die sich für langfristige Beschäftigung und umfassende Arbeitnehmerschutzregelungen einsetzen.

Ein bemerkenswerter Aspekt ist, dass die Betriebszugehörigkeit in Italien im Gegensatz zu vielen anderen Ländern weitgehend stabil geblieben ist. Während in anderen Staaten der Trend zu häufigeren Jobwechseln zunimmt, sorgt der strenge Kündigungsschutz in Italien dafür, dass unbefristete Arbeitsverhältnisse weiterhin die Norm sind.

Warum wechseln Arbeitnehmer häufiger den Job?

Trotz der hohen Stabilität in einigen Ländern gibt es weltweit eine zunehmende Tendenz zu häufigeren Jobwechseln. Dafür gibt es mehrere Gründe.

Ein wesentlicher Faktor ist die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes. Immer mehr Unternehmen setzen auf befristete Arbeitsverträge oder projektbasierte Beschäftigungsverhältnisse, anstatt Mitarbeiter dauerhaft einzustellen. Dadurch sinkt die durchschnittliche Dauer, die Arbeitnehmer in einem Unternehmen verbleiben.

Ein weiterer Grund für die veränderte Betriebszugehörigkeit ist das Entstehen neuer Arbeitsmodelle. Mit der Zunahme von Freelancing, Homeoffice und digitalen Plattformjobs sind feste Arbeitsverhältnisse nicht mehr für alle Arbeitnehmer erstrebenswert. Viele schätzen die Unabhängigkeit und Flexibilität, die alternative Beschäftigungsformen bieten.

Hinzu kommt ein generationsbedingter Wandel. Während frühere Generationen oft darauf bedacht waren, ein Leben lang bei demselben Arbeitgeber zu bleiben, haben jüngere Arbeitnehmer andere Prioritäten. Sie legen mehr Wert auf berufliche Weiterentwicklung, neue Herausforderungen und attraktive Karriereperspektiven. Dadurch sind sie eher bereit, ihren Arbeitsplatz zu wechseln, wenn sich bessere Möglichkeiten ergeben.

Ein weiterer nicht zu unterschätzender Faktor ist der technologische Fortschritt. Die Digitalisierung führt dazu, dass sich viele Berufsbilder stark verändern oder sogar ganz verschwinden. Arbeitnehmer sind dadurch gezwungen, sich weiterzubilden oder in andere Branchen zu wechseln, was ebenfalls zu häufigeren Jobwechseln führt.

Fazit: Stabilität oder Flexibilität?

Die Dauer der Betriebszugehörigkeit ist heute stark von der Branche, dem Land und den wirtschaftlichen Entwicklungen abhängig. Während Arbeitnehmer in Deutschland und Österreich durchschnittlich 10 bis 11 Jahre in einem Unternehmen bleiben, liegt die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit in Italien mit über 12 Jahren weiterhin relativ hoch.

Langjährige Betriebszugehörigkeit bringt Vorteile wie Sicherheit, Erfahrung und Unternehmensbindung, während häufige Jobwechsel die Karrierechancen verbessern und mehr Flexibilität ermöglichen. Unternehmen stehen heute vor der Herausforderung, ihre Mitarbeiter langfristig zu binden – insbesondere in einer Zeit, in der Fachkräfte immer mobiler werden.

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